Lukas Stern

Online-Dating - Hautnah -


Скачать книгу

und hochattraktiv.“ „Blödmann!“, bekomme ich als Antwort. Wir lachen und ich frage nach: „Wieso fragst du, ob da Frauen sind und wie alt sie sind.“ „Ich will ja wissen, ob ich mir Gedanken machen muss.“ „Nein, das musst du nicht“, sage ich. „Dann ist ja gut“, sagt sie grinsend. Marie macht sich also Gedanken. Das ist schön.

      Auf dem Rückweg zum Parkhaus stellen wir fest, dass es schon 17.00 Uhr ist. Wir hätten beide schwören können, es seien erst drei bis vier Stunden vergangen. Am Ticketautomaten angekommen, will sie sich von mir verabschieden. „Jetzt doch noch nicht, Marie. Wir müssen doch in dieselbe Etage.“ Sie wird rot im Gesicht, was sie sehr sympathisch macht. Sie merkt auch, dass sie gerade nervös ist. An ihrem Auto angekommen, verhalten wir uns wie zwei unsichere Teenies, keiner will jetzt etwas Verkehrtes machen. Ein Freund sagte einmal zu mir: „Zwei Dinge im Leben sind nicht vorhersehbar: der Wechselkurs des Dollars und das Verhalten einer Frau.“ Intuitiv küsse ich sie auf die Wange und wir nehmen uns in den Arm. Wir verabreden uns für morgen zum Telefondate. Auf der Rückfahrt kommt mir der Gedanke: „Man muss das Eisen schmieden, so lange es noch warm ist.“ Hoffentlich war ich eben nicht zu defensiv.

      Pünktlich um 15.00 Uhr ruft sie mich an und will sofort wissen, wie ich den gestrigen Tag empfunden habe. „Tja, dieser Tag gehört nun zu den schönsten Tagen in meinem Leben. Die Spannung im Vorfeld, das Frühstück, das schöne Wetter, die Altstadt, der Schlosspark und diese Frau. Es war sehr schön in deiner Nähe zu sein.“ Es herrscht Stille am Telefon. „Danke, lieber Lukas, das geht runter wie Sahne. Die Komplimente gebe ich gerne zurück. Ich habe noch den ganzen Abend an diesen schönen Tag gedacht. Es tummeln sich also doch nicht nur Idioten im Internet herum. Außerdem gefällt mir deine zurückhaltende Art. Draufgänger können bei mir nicht landen.“

      In Anspielung auf ihre gestrige Aussage erzähle ich ihr, was ich heute Morgen in einer Werbeanzeige gesehen habe: eine Spitzenkorsage. „Und, magst du so etwas?“, fragt sie mich. „Ja, klar“, lautet meine knappe Antwort. „Schön, dann weiß ich ja schon einmal, auf was du stehst.“ Sie freut sich und erweckt dabei den Eindruck, als ginge sie morgen früh gleich los, um eine zu kaufen. Wir verabreden, dass wir Mittwoch telefonieren. Ich rufe sie mittags an. Vorher geht es leider nicht. Mein Seminarprogramm ist prall gefüllt.

      Auf der Zugfahrt zum Seminar denke ich fast die ganze Zeit an Marie und den tollen Samstag. Ich kann es kaum erwarten, Mittwoch wieder mit ihr zu telefonieren. Doch ich muss mich noch zwei Tage gedulden.

      Im Hotel angekommen, geht es nach einem kurzen Check-In gleich zum Abendessen. Es sind circa 50 Teilnehmer anwesend, die Hälfte davon Frauen. Ich lerne Florian, auch Mitte 30, aus Frankfurt kennen. Er ist auf einer etwas freizügigeren Single-Plattform angemeldet, wie sich schnell herausstellt. Florian sieht aus wie Matthew McConaughey. Er schildert mir seine Erfolgsmethoden: „Du musst kurze E-Mails schreiben, nicht mehr als drei Sätze. Du musst sie zappeln lassen. Im Ungewissen lassen. Dann kommen sie an.“ Er hat mehr Erfahrung als ich, ist seit über drei Monaten online auf Frauensuche. Partnersuche wäre bei ihm zu viel gesagt. „Ich will mich nur ab und zu mit einer Frau treffen. Ich lade sie zum Abendessen ein und wir trinken ein bisschen Wein. Das reicht mir. Auf dem Rückweg habe ich ein Date mit einer 25-jährigen Bankkauffrau aus Würzburg.“ Dass ihm ein Abendessen reicht, glaube ich ihm nicht. Seine Geilheit riecht man von Oberbayern bis nach Amrum.

      Am nächsten Tag sitze ich mit Florian in der Mittagspause vor den Hotelrechnern. Wir loggen uns in unsere Single-Plattformen ein und checken die E-Mails. Von Marie habe ich keine E-Mail bekommen, aber eine Partneranfrage einer 26-jährigen Marketingassistentin aus Leipzig. Ich diskutiere mit Florian über ihr Foto. Sie hat sich vor ihrem PC fotografieren lassen. Das T-Shirt in Bauchnabelhöhe zusammengebunden. Sie trägt schwarze Leggins. Lange braune Haare und sie lacht auf dem Foto. Die Frau ist attraktiv. „Hübsches Gesicht. Die aus dem Osten sind unkomplizierter“, grinst es aus Florians Gesicht. Ich schreibe ihr eine Absage. Leipzig ist mir zu weit.

      Während Florian in der Folge die Frauen aus dem Seminar checkt, lerne ich Frank kennen, Öl-Manager und gepflegte Hamburger Arroganz. Er ist Anfang 40 und auch auf Online-Partnersuche. „Ich sitze alleine in meiner 200 qm Penthouse-Wohnung mit Alsterblick und habe darauf einfach keinen Bock mehr.“ Ich erzähle ihm von meiner Plattform. „Nein, keine Akademikerin. Die sind mir zu anstrengend“, sagt er voller Überzeugung.

      Frank zeigt mir Katrin. Die hat er gestern kennengelernt. „Die Kleine kommt aus Frankfurt. Die ist ganz schön durcheinander. Betrügt gerade ihren Mann. Die hat mir gestern eine Kante ans Bein gelabert. Wenn jemand bei der die richtigen Knöpfe drückt, hat er leichtes Spiel. Die Frau ist fertig.“

      In der nächsten Pause möchte ich, dass Katrin mir auch „eine Kante ans Bein labert.“ Denn Katrin gefällt mir. Sie ist bestimmt über 30 cm kleiner als ich, aber ich mag kleine Frauen. Sie hat schulterlange braune Haare, blasse Haut mit ein paar Sommersprossen. Sie sieht natürlich und sympathisch aus. Dass sie ihren Mann betrügt, kann ich mir gar nicht vorstellen. Die sieht total lieb aus, denke ich.

      In der nächsten Pause ist es soweit. Katrin ist für einen Moment alleine. „Und, wie gefällt dir das Seminar?“, frage ich sie. „Bis jetzt ganz gut. Man lernt eine Menge.“ „Wollen wir kurz rausgehen und uns da weiter unterhalten? Ich brauche ein wenig frische Luft“, sage ich. „Klar, können wir machen.“ So bin ich mit Katrin alleine. Wir gehen auf einem Feldweg spazieren und ich erfahre, dass sie auch 34 ist. Nach fünf Minuten fragt sie mich: „Und hast du Familie?“ „Nein, ich bin Single.“ „Du Glücklicher, das wäre ich auch gerne“, sagt sie mit leicht traurigem Gesicht. Früher war sie auch auf einer Single-Börse angemeldet. In der Folge erzählt sie mir alles, was ich hören will und auch, was ich nicht hören will. „Ich gebe zu, dass ich eine Affäre habe. Mein Mann nimmt mich kaum noch wahr. Und das Körperliche brauche ich auch. Da läuft mit meinem Mann schon lange nichts mehr. Ich wollte ihn sowieso nicht heiraten. Meine Eltern wollten die Heirat, weil er aus elitärem Haus kommt. Das ist alles so traurig.“

      Am Ende des Spaziergangs stellt Katrin fest, dass sie mich richtig nett findet und ab jetzt bei jeder Mahlzeit neben mir sitzen möchte. Und ich stelle fest, dass ich Katrin sehr anziehend finde. Sie ist für mich der Typ Frau, die nur neben mir stehen muss - und mir wird angenehm warm.

      Am Abend sitze ich mit Florian in der Sitzgruppe im Foyer. Plötzlich läuft eine Teilnehmerin verheult in Richtung Fahrstuhl. Wir fragen Katrin, was mit ihr los sei. Sie sagt uns, dass die Hotelatmosphäre mit dem Klavierspieler ihr gerade mächtig zusetzt. „Wieso?“ „Ja, sie hat da so eine Affäre mit einem verheirateten Mann in Berlin. Ihre Treffen finden immer in einem 5-Sterne-Hotel statt. Sie verabreden sich jeweils abends, wenn der Pianist gerade anfängt zu spielen. Ihre Affäre hält sie nun schon seit Monaten hin. Sie wolle mehr, er aber nur Sex, entgegen aller Beteuerungen.“ Und ich wundere mich gerade: Ich bin auf einem beruflichem Seminar und in jeder Pause geht es nur um Liebe, Sex und Partnerschaft.

      Am Abend liege ich im Bett und kann schlecht einschlafen. Auf einmal interessieren mich zwei Frauen: Marie und Katrin. Ich muss mir aber eingestehen, dass Katrin keine Frau für mich ist. Sie wohnt über 300 km entfernt, ist verheiratet und hat eine Affäre. Ich muss sie abhaken. Außerdem erinnere ich mich an den schönen Samstag mit Marie. Sie soll meine Favoritin sein und so freue ich mich auf das Telefonat morgen mit ihr.

      Wie abgemacht rufe ich sie am Mittag an. Ich erreiche sie aber nicht. Sehr schade. Kurz vor dem Ende der Mittagspause ruft sie zurück. Ihre einzigen Worte: „Gibt´s was?“ „Hallo Marie. Ja, wir wollten doch heute telefonieren.“ Ich bin ein wenig verunsichert. „Bist du jetzt im Büro oder was?“ Ich glaube nicht, was sie mich gerade gefragt hat. „Marie. Ich bin in Bayern. Auf Seminar. Das weißt du doch.“ „In Bayern? Ach so. Ja, stimmt.“ „Was ist los? Du klingst so komisch“, will ich wissen. „Ich bin im Stress. Habe auch nicht viel Zeit. Wann bist du denn wieder zuhause?“ „Am Samstag. So gegen 19.00 Uhr“, antworte ich kopfschüttelnd. „Gut, dann rufe ich dich an. Ich muss jetzt auch los“, sagt sie zickig, ehe wir uns verabschieden.

      Ein erster Dämpfer. Es hat keinen Sinn gemacht, weiter mit Marie zu sprechen. Selbst wenn sie Zeit gehabt hätte. Ich bin verwundert. Wir waren verabredet. Daran kann sie sich nicht