das Mahl vor, steckten das Fleisch auf die Spieße und brieten es. Als man die Fremden erblickte, gingen alle auf sie zu, begrüßten sie herzlich mit Handschlag und forderten sie auf, sich zu setzen. Nestors Sohn Peisistratos kümmerte sich besonders herzlich um die Ankömmlinge, nahm Telemachos bei der Hand und führte ihn zu der Stelle am Strand, wo alle auf weichen Fellen lagerten. Dort saßen schon Thrasymedes, einer seiner Brüder, und König Nestor. Peisistratos bot gebratene Innereien an, goss die goldenen Becher voll Wein und sprach nach dem Willkommen Pallas Athene, die Tochter des Zeus, als Erste an:
"Nun bete, Fremder, zum Herrscher Poseidon! Ihr seid mitten in das Opfer geplatzt, das wir gerade für ihn feiern. Wenn du gebetet und vom Wein geopfert hast, wie es sich nach Sitte und Brauch gehört, dann gib den Becher weiter an deinen Freund. Auch er wird ja wohl den Unsterblichen seinen Dank abstatten wollen, denn kein Mensch kommt ohne die Götter aus; davon gehe jedenfalls ich aus. Er ist noch jung, etwa in meinem Alter, daher bekommst du den Becher zuerst." Damit gab er Athene den Becher voll köstlichen Weins in die Hände.
Sie war hocherfreut über die Wohlerzogenheit des jungen Mannes, der ihr als Erster den goldenen Becher gereicht hatte. Und so sprach sie aus dem Stegreif ein nicht ganz ehrlich gemeintes Gebet zum Herrscher Poseidon: "Höre, Poseidon, der du die Elemente beherrschst. Sei uns nicht böse, wenn wir dich bitten, dass vollendet werde, was wir vorhaben. Zuallererst aber gönne Nestor und seinen Söhnen Glück und Erfolg! Belohne auch die anderen Bewohner von Pylos reichlich für ihr herrliches Festopfer. Telemachos und mir aber gib eine glückliche Heimkehr, wenn wir erreicht haben, wozu wir mit unserem schnellen geteerten Schiff hergereist sind."
Die Göttin tat natürlich nur so, als ob sie betete, selbstverständlich würde sie alle Wünsche selbst erfüllen. Sie reichte Telemachos den goldenen Becher mit zwei Henkeln, und auch der Sohn des Odysseus sprach sein Gebet. Inzwischen war das Fleisch fertig gebraten und wurde von den Spießen gezogen, in Stücke geschnitten und verteilt. Es war ein herrliches Mahl.
Als sie nach Herzenslust gegessen und getrunken hatten, sagte in der Runde Nestor, der aus Gerenia stammte und ein großer Pferde- und Streitwagenexperte war: "Jetzt, nachdem wir alle gut gegessen haben, ist es erlaubt, die Fremden zu fragen, woher sie kommen. Ihr Fremden, wer seid ihr? Von woher seid ihr gekommen über die nassen Wasserstraßen? Seid ihr geschäftlich unterwegs oder fahrt ihr ohne bestimmtes Ziel über die Meere, wie Seeräuber vielleicht, die kreuz und quer herumsegeln, Kopf, Kragen und ihre Seelen riskieren und den Menschen nichts als Unheil bringen?"
Und der bedächtige Telemachos antwortete ihm. Er fühlte sich jetzt besser, Athene persönlich hatte ihm Mut eingegeben; denn er sollte ja nach seinem verschollenen Vater fragen und zugleich sich selbst unter den Menschen ein wenig Ruhm verschaffen: "Nestor, Sohn des Neleus, Stolz der Achaier, du willst wissen, wo wir herkommen? Das kann ich dir sehr präzise sagen! Wir sind aus Ithaka, der Insel mit dem Berg Neïon. Und wir kommen nicht in offiziellen Geschäften, sondern in einer Privatsache. Ich bin auf der Suche nach Informationen über meinen weltberühmten Vater Odysseus, der im Krieg so vieles durchgestanden hat und zusammen mit dir, wie jedes Kind weiß, die Stadt Troja zerstörte. Von allen anderen Helden, die vor Troja kämpften, wissen wir, wie sie zu Tode gekommen sind. Nur über seinen traurigen Untergang hat der Sohn des Kronos anscheinend Zensur verhängt. Niemand kann uns sagen, wo Odysseus gestorben ist, ob er auf dem Festland im Gefecht mit Feinden getötet wurde oder auf See in Amphitrites rollenden Wogen unterging. Darum bin ich hier und bitte dich: Verrate mir, wo er sein trauriges Ende fand! Oder hast du von anderen gehört, dass er noch unterwegs ist? Ach, in was für ein Elend hat seine Mutter ihn bloß hineingeboren! Und bitte keine falsche Rücksicht oder Mitleid mir gegenüber, sag mir offen und ehrlich, was los ist. Wenn dir je mein Vater, der tapfere Odysseus, mit Worten oder Taten beigestanden hat, als ihr vor Troja lagt und die Situation für die Achaier brenzlig wurde, dann denk jetzt daran, mir zu Liebe, und sag mir die ganze, brutale Wahrheit."
Nestor aus Gerenia, der Pferde- und Streitwagenexperte, antwortete: "Mein lieber Freund, du berührst in mir schmerzliche Erinnerungen an Zeiten, als wir starken Achaier Schlimmes durchmachten. Kreuz und quer irrten wir über die nebelverhangene See, auf der Suche nach Beute, wohin immer Achilleus uns führte; oder wir lagen im Dreck vor der unglaublich gut befestigten Stadt des Königs Priamos. Tja, dort sind die Besten von uns gefallen: Aias liegt dort, der kämpferische; Achilleus liegt dort; Patroklos, der wie ein Gott immer die richtigen Entscheidungen traf. Auch mein Sohn liegt dort, mein geliebter Antilochos; kräftig und furchtlos im Kampf war er, und auch sportlich, beim Wettlauf, immer ganz vorne. O ja, wir haben viel, viel Schmerzliches durchgemacht. Wer könnte das je alles erzählen, wer von den Sterblichen auf dieser weiten Erde? Wenn du fünf, sechs Jahre hierbliebst und dir anhörtest, was die Achaier durchmachten, wäre das zu kurz, all die Gräuel zu schildern! Aber du würdest dich garantiert langweilen und bald nach Hause fahren. Denn ganze neun Jahre lang rannten wir gegen Troja an, mit allen Tücken und Listen der Kriegskunst, bis Kronion sich endlich zu einer Entscheidung durchrang.
Und wenn es dabei um Planung und Strategie ging, konnte und wollte sich keiner mit dem einen messen; alles entschied er, der tausend Listen und Schliche kannte, der berühmte Odysseus, dein Vater - falls du wirklich sein Sohn bist! Doch ich staune und muss zugeben, dass du, wie er, gut reden kannst. Wortwahl und Ausdruck: für dein Alter beachtlich, muss ich schon sagen. Damals waren wir ja, ich und der verehrte Odysseus, immer einer Meinung; bei Versammlungen und Beratungen gab es nie Differenzen zwischen uns. Gemeinsam haben wir den Achaiern die Marschroute gewiesen und jeweils angesagt, wie die Sache am besten laufen würde.
Als wir die Festung endlich eingenommen und die Schiffe wieder bestiegen hatten, da zerstreute ein Gott unsere Flotte. Zeus hatte wohl die Absicht, dem Volk der Argeier die Heimkehr zur Hölle zu machen. Es waren ja auch einige Dummköpfe in unserem Lager gewesen, manche hatten die Kontrolle und den Überblick verloren; und weil sie auf einem schlechten Weg geraten waren, zürnte des mächtigen Gottvaters Tochter mit den feurigen Augen: Viele fanden den Tod. Es brach Streit aus zwischen den Söhnen des Atreus; in vollkommenem Widerspruch zu allen guten Gepflogenheiten beriefen sie beide die Volksversammlung ein, und das auch noch bei Sonnenuntergang! Natürlich erschienen sie alle betrunken, diese stolzen Söhne der Achaier, und hatten keine Ahnung, worum es in der Versammlung gehen sollte. Menelaos forderte, wir sollten sofort aufs weite Meer hinaus und nach Hause fahren. Agamemnon hielt nichts von diesem Vorschlag; er wollte zuerst große, heilige Opfer darbringen, um den gefährlichen Zorn Athenes zu besänftigen. Der Schafskopf! Dachte, er könne die Göttin so einfach beeinflussen. Aber so schnell sind die ewigen Götter nicht umzustimmen. Die beiden lieferten sich also ein erbittertes Wortgefecht. Auch die Achaier in ihren schönen Rüstungen begannen wie wild zu schreien, denn sie hatten jetzt zwei Meinungen. In dieser Nacht kam keiner zur Ruhe, weil jeder danach trachtete, der Gegenpartei das Leben schwer zu machen. Auf diese Weise säte Zeus Unglück.
Früh am Morgen zogen wir unsere Schiffe in die ehrwürdigen Fluten, verstauten Wertsachen und schlanke Frauen, die wir erbeutet hatten. Doch die andere Hälfte zog nicht mit, sie blieb beim Anführer Agamemnon, dem Sohn des Atreus. Wir gingen also an Bord und fuhren los. Die Fahrt war rasend schnell, ein Gott glättete die Wogen, und wir hatten so starke Sehnsucht nach der Heimat, dass wir erst auf Tenedos stoppten, um dort den Göttern zu opfern. Doch Zeus war hart und ungnädig, er wollte uns noch nicht heimkehren lassen: Er stiftete neuen Streit zwischen uns. Die Gruppe, die sich um den gerissenen Strategen und klugen Führer Odysseus gebildet hatte, kehrte um und fuhr wieder zurück; sie wollten sich doch lieber Agamemnon anschließen.
Jedoch ohne mich, ich machte, dass ich wegkam, mit sämtlichen Schiffen, die mir folgen wollten. Ich fürchtete, dass ein böser Daimon uns vernichten könnte. Mit mir kam der Tydide und seine Gefolgschaft. Und der blonde Menelaos, der sich später abgesetzt hatte, stieß auf Lesbos zu uns, wo wir gerade über der Routenplanung brüteten: ob wir nördlich um die Felsenzacken von Chios den längeren Weg nach Psyria nehmen oder ob wir nicht doch besser unterhalb, am kleinasiatischen Vorgebirge Mimas entlang fahren sollten, wo es allerdings oft Stürme gibt. Schließlich baten wir die Götter um ein Zeichen. Und wir bekamen eins: Wir sollten abseits der Küsten, mittendurch Richtung Euboia, über offene See; nur so wäre dem Unheil zu entkommen. Und wirklich kam eine kräftige Brise auf, und unsere Schiffe durchpflügten die fischreichen Gründe im Eiltempo. Noch in derselben Nacht erreichten wir Geraistos. Dort verbrannten