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Conny Schwarz
Spuk im Reihenhaus
Gruselgeschichten für Kinder
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Inhaltsverzeichnis
Auf dem Vulkan
Ding ding, ding dong... Das fröhliche Läuten der Glocken riss Tobias aus seinem Alptraum. In einem alten Fischerhaus war er gewesen, dessen Wände so weiß getüncht waren, dass man die unzähligen kleinen schwarzen Krabbeltiere darauf prima erkennen konnte. Manche waren länglich, andere eher rund, manche winzig und wieder andere richtige Brummer, manche hatten sechs Beinchen, andere so viele, dass man sie gar nicht zählen wollte. Nur eines hatten alle Krabbler gemeinsam: Ihr Anblick war furchtbar eklig.
Das weiße Häuschen, von dem Tobias geträumt hatte, bildete gemeinsam mit andern Häuschen und einer Kirche ein kleines Fischerdorf, das am Fuße eines großen Bergs lag. Das aber war nicht etwa irgendein Berg, sondern es war ein rauchender Berg. Ein Vulkan nämlich, aus dessen Öffnung Feuersalven in den Himmel schossen. Und weil das alles noch nicht schrecklich genug für einen richtigen Alptraum war, befand sich dieser Vulkanberg, an dessen Hang das kleine Fischerdorf klebte, mitten im Meer, mehrere Stunden vom sicheren Festland entfernt.
Ungeduldig wartete Tobias darauf, dass die Traumbilder endlich verflogen. Damit das schneller ging, wollte er Licht anmachen. Seine Hand tastete neben seinem Bett herum, um die Nachttischlampe anzuknipsen. Doch so sehr Tobias auch herumfuchtelte, seine Hand griff immer wieder ins Leere und fand weder Lampe noch Nachttisch.
Allmählich gewöhnten sich Tobias’ Augen an die Dunkelheit. Doch was er sah, beruhigte ihn nicht. Im Gegenteil. Er war nämlich gar nicht zu Hause. Zu seinem Entsetzen erkannte er das kleine Fischerhaus wieder, von dem er geträumt hatte. Allmählich dämmerte ihm, dass auch alles andere furchtbare Wirklichkeit war. Diese unzähligen Krabbeltiere. Der Vulkan, dessen Rauchfähnchen er von der Fähre aus deutlich hatte sehen können.
Doch die Realität übertrumpfte noch den Alptraum, denn da war auch noch die Sache mit dem Gepäck. Beim Umsteigen mit dem Flugzeug waren alle drei Reisetaschen abhandengekommen. Sämtliche Klamotten samt Waschzeug und Badesachen lagerten nun irgendwo auf dem Festland. Und daran, dass ihr Gepäck hier in den nächsten Tagen mit der Fähre eintreffen würde, schienen nicht einmal seine Eltern zu glauben. Na wenigstens waren die beiden ganz in der Nähe, jedenfalls konnte Tobias deutlich ihre Stimmen hören.
„Es ist um zwei“, hörte er seine Mutter ängstlich sagen.
„Na und“, antwortete der Vater.
„Kannst du mir mal verraten, wieso hier mitten in der Nacht die Glocken läuten?“, fragte die Mutter vorwurfsvoll, als wäre der Vater persönlich daran schuld.
„Nein“, knurrte der als Antwort.
Jetzt bemerkte auch Tobias, dass die Glocken, die ihn aus dem Schlaf gerissen hatten, noch immer läuteten.
„Vielleicht ist das so eine Art Alarm? Geh doch mal raus nachgucken“, schlug die Mutter vor.
„Wieso Alarm, was soll denn los sein?“, fragte der Vater, doch seine Stimme klang unsicher.
„Na was weiß denn ich, vielleicht bricht der Vulkan aus!“, flüsterte die Mutter aufgeregt. „Vielleicht gibt es hier in diesem Nest keine Sirenen für den Notfall, sondern nur diese Kirchenglocken!“
„Meinst du?“, fragte der Vater.
„Geh doch einfach mal gucken“, forderte die Mutter nunmehr nachdrücklich.
„Wohin soll ich denn gucken gehen“, brummte der Vater. „Und überhaupt war es deine Idee, auf einem Vulkan Urlaub zu machen. Geh doch selber gucken!“
„Ich hab aber Angst vor diesen Viechern“, jammerte die Mutter. „Die sind ja überall. Das konnte ich doch nicht ahnen, dass es hier so viele eklige Tiere gibt!“
Wohl oder übel stand der Vater nun also auf und schlich zur Tür.
„Mach bloß die Tür wieder richtig zu!“, zischte die Mutter.
„Ich hab sie doch noch gar nicht aufgemacht!“, gab der Vater zurück. „Außerdem kommen die Viecher sowieso durch die Ritzen.“
Tobias schüttelte sich. Plötzlich spürte er ein zartes Krabbeln an seinem Fuß und zog ihn schnell zurück. Doch da kitzelte es ihn auch schon am andern Fuß. Tobias bemühte sich, so wenig Platz wie möglich auf seiner Matratze einzunehmen. Sobald er aus Versehen die Wand berührte, zuckte er zusammen. Er wusste kaum noch, wie er liegen sollte. Er wusste nur, dass er am liebsten so leicht wie ein Heliumballon gewesen wäre, um über seinem Bett schweben zu können. Oder so klein wie eine Ameise? Doch die letzte Idee verwarf Tobias sofort wieder. Er mochte sich gar nicht ausmalen, wie monstergroß all die Käfer und Tausendfüßer sein würden, wenn er so winzig wäre wie eine Ameise.
Inzwischen war der Vater draußen vor der Tür angekommen. Die Glocken läuteten noch immer. Ding dong, ding dong, ding dong. Ihr schweres Läuten klang nun allerdings gar nicht mehr fröhlich, sondern eher bedrohlich.
Der Vater kam wieder zur Tür herein und setzte sich auf sein Bett.
„Und?“, fragte die Mutter. „Nun tu doch nicht so geheimnisvoll, sag doch was!“
„Also ich kann da draußen nichts erkennen. Es ist alles dunkel. Eine glühende Lavamasse ist also nicht in Sicht. Schlaf jetzt weiter“, sagte er.
„Weiterschlafen, schön wär’s. Im Gegensatz zu dir habe ich doch noch kein Auge zugetan! Ich will hier weg“, jammerte die Mutter.
„Jetzt sofort? Warum nicht! Sachen packen brauchen wir sowieso nicht, weil die Koffer eh weg sind, also los! Müssen wir nur noch Tobias aufwecken! Und das werden wir auch bald geschafft haben, bei dem Lärm, den wir machen!“
Während seine Eltern sich weiter anzischten wie aufgeregte Schlangen, stieg Tobias unbemerkt aus dem Bett. Er huschte schnell hinüber in die Kochecke und verschwand von dort aus leise durch die Terrassentür hinaus ins Freie.
Draußen atmete er erst einmal tief durch. Sofort vergaß er das Gezeter der Eltern und das Gekrabbel an den Wänden und genoss die frische Brise, die vom nahen Meer herüberwehte.
Obwohl