Fred Feining

Keine Nachricht für Schroeder


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      Keine

      Nachricht

      für

      Schroeder

      von Fred Feining

      Keine Nachricht für Schroeder

      Zwanzig Jahre lang hat Schroeder in Spanien gelebt. Als dort die Beziehung mit seiner Lebensgefährtin zerbricht, beschließt er nach Deutschland zurückzukehren. Inzwischen Mitte fünfzig, lässt er sich in der Stadt seiner Studentenzeit, in Berlin, nieder.

      Mehr und mehr erfolglos in seinem eigentlichen Beruf als Reisejournalist, schaut er sich nach Arbeit um. Er hofft, trotz seines Alters, einen passablen Job zu finden, der ihm ein Auskommen in der Hauptstadt sichert. Nicht nur die allgemeinen Verhältnisse findet er nach seiner Rückkehr in der Heimat verändert vor, auch hinter den wenigen Job Angeboten verbergen sich für ihn neue, unbekannte Welten.

      Neben der mühevollen Suche nach einem Job, gelingt es Schroeder nur schwer sich in ein neues Leben einzurichten. Eine ehrenamtliche Tätigkeit scheitert genauso, wie die Etablierung einer Beziehung zu seiner alten Freundin Carola. Mit jedem Tag verliert Schroeder Hoffnung und Glauben an eine Wende seiner Situation.

      Bis sich eines Tages das Blatt wendet.

      Alle hier genannten Personen, Namen, Handlungen und Geschehnisse sind frei erfunden. Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind rein zufällig.

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      Keine Nachricht für Schroeder

      Fred Feining

      Copyright © 2013 Fred Feining

      Published by: epubli GmbH, Berlin

       www.epubli.de

      ISBN 978-3-8442-6223-0

      Die Rückkehr

      Niemand hatte ihn erwartet. Er zog die Schultern ein, die Novemberkälte kroch durch die dünne Jacke. Er besaß keine Winterkleidung. Nur diese Jacke aus dem spanischen Sommer. Der schien Jahre zurück zu liegen. Dabei hatte er noch vor einem halben Tag auf einer Terrasse am Hafen von Barcelona gefrühstückt. Schroeder war zurückgekehrt. Wieder in Berlin.

      Unerwartet schnell fand er eine Wohnung in Kreuzberg. Dort lag er einstweilen auf dem neuen Bett, erwartete den Anruf der Spedition, die ihm die Umzugskartons aus Spanien bringen würde.

      Schon einmal hatte er in Kreuzberg gelebt, damals, vor dreißig Jahren. Studienzeit, Marketing und Werbung standen auf dem Plan. Kreuzberg war das richtige Pflaster für einen wie Schroeder, der an der Küste groß geworden war: laut, aufregend, ungeregelt, billig und Party ohne Ende. Anarchische Zeiten für einen Jungen vom Lande.

      Einen Moment lang empfand er die Rückkehr zum Ort der Studentenzeit als Schmach. Inzwischen hatte er die Welt gesehen, auf dem Fahrrad die Golden Gate Bridge passiert, sich über Anden und durch Amazonas Urwald geschlagen und den Ayers Rock in der Rekordzeit von 32 Minuten bestiegen.

      Nun Kreuzberg. Dreißig Jahre älter, mittellos wie ein Student, die alten Freunde irgendwo anders, nur nicht hier.

      Dann, in einem Moment des Wohlbefindens fragte er sich, hatte er wirklich einen Schritt zurück getan? Er kam zu dem beruhigenden Schluss: Es würde nur eine Übergangsphase werden. Noch einmal ein paar Jahre Geld verdienen, danach wieder Dampf aufmachen und zurück in den Süden!

      Wenn er es genau betrachtete, Berlin schien ihm sogar günstiger als anderswo, um mit Reisereportagen noch einmal herauszukommen. Stoff hatte er genug, und Zeitungs- und Magazinverlage waren nun in Telefonreichweite. Die Stadt war Medienhauptstadt geworden. Ein Heimspiel, würde es werden, und er sortierte die Gedanken für Zukünftiges.

      Nun lebte er auf einem Hinterhof, im dritten Stock eines Seitenflügels. Zur Linken gab es jeweils zwei Fenster pro Stockwerk, dazwischen lagen die Milchglasfenster eines Treppenhauses. Rechts von ihm das Gleiche. Dort hatte er den angeschnittenen Einblick in eine Wohnung. Es standen nur Bücher an den Wänden. Einem Treppenhausgerücht zufolge wohnte dort ein Dichter. Der ward allerdings nie gesehen.

      Anders gegenüber. Genau auf seiner Höhe, lebte ein älterer Mann mit einem Jungen. Manchmal sah er beide in der Küche hantierten. Schroeder empfand Bedauern. Der Alte war offensichtlich einer jener allein erziehenden Väter, die ihren Sprösslingen Kochen, den Start ins Leben beibringen und deren Handygebühren zahlen mussten.

      Darunter, im zweiten Stock, wurde es interessanter. Auch dort hatte er Einblick in eine Küche. IKEA, auf ganzer Linie. Schnörkellose Ordnung. Praktisch, und alles super aufgeräumt. Wenn nicht gekocht wurde, lagen weiße Schutzabdeckungen auf den Herdplatten. In einer Ecke leuchtete eine Flasche Rotwein. Als sei sie vergessen worden, war sie dort als roter Leuchtturm zu sehen. Es gab einen mit einer Patrone betriebenen Sprudelzubereiter. Eine Kaffeemaschine, Typ schwedischer Druckkaffee. Eine Schale, gefüllt mit Obst. Ein Topf mit etwas Grünem darin. Wahrscheinlich Basilikum. Das gab es jetzt in allen Haushalten, war Schroeder aufgefallen. Seit dem die Deutschen im Urlaub in südlichen Gefilden auf den Geschmack gekommen waren und die Fernsehkochs der Nation so taten, als sei ihnen die Entdeckung des Jahrhunderts geglückt, wurde Basilikum auch bei Lidl in Plastiktöpfen verkauft. Das täuschte Mittelmeerambiente vor, bis die Pflanzen die trüben Tage Berlins nicht mehr aushielten und die Köpfe hängen ließen.

      Dann war da noch ein Brett zu sehen, ein Brotmesser lag daneben. Es strahlte nur so von hygienischem Glanz. Der General von Procter und Gamble hätte seine Freude daran gehabt.

      In diesem Strahlen tauchte mitunter eine junge Frau auf. Er konnte sie nur von oben schräg sehen, bis zur Hüfte. Den Rest schnitt die schräge Perspektive ab. Die Frau war eher dünn und kam ihm sehr blass vor. Meistens trug sie einen farbig geringelten Pulli, der die bescheidenen Maße ihres Oberkörpers betonte. Sie hatte halblange, blonde Haare. Er würde sie Zebra nennen. Wegen des Ringelpullis.

      Das Gesicht dieser Frau sah er nie. Stets schaute sie nach unten, war beschäftigt mit der Zubereitung eines Müslis oder dem Schnitzeln von Karotten. Nicht dass sie einmal hoch schaute, dabei mit geschürzten Lippen die Haare aus dem Gesicht zu blasen. Auch nicht, dass sie sich einmal reckte, aus dem Fenster schaute oder sogar zu ihm, Schroeder, den Blick nach oben richtete! Nichts da. Ihr gesenkter Blick eilte zwischen Kochtopf und einem auf der Anrichte aufgeschlagenen Kochbuch hin und her. Ein einziges Mal nur sah er eine Person in ihrer Umgebung. Sie kam ihm vor wie eine Waise, eine von aller Welt Vergessene.

      Die ersten Wochen in Berlin, damals. U-Bahnlinien studierend, Großstadtleben, Vorbeieilende Menschen. Busfahrergeraunze. Telefonloses Leben. Einsame Diskobesuche und noch einsamere Heimkehr. Dosensuppen, die einen zum Schwitzen brachten. Studienkollegen, die ihn belächelten, weil er nicht rechtzeitig in die geteilte Hauptstadt gekommen war um den Militärdienst zu vermeiden. Ho Chi Minh war keine tropische Frucht, sondern Straßenprogramm. Erste Berlinliebe. Claudia machte das Leben hell und Liebe nur im Dunkeln. Der erste Tripper erschreckte den Jungen vom Lande.

      Schroeders Wohnung war hell, trotz Hinterhoflage. Der Fußboden abgezogen, der einzige Hinweis auf die derzeitige Mode Erscheinung. Dabei waren die Dielen nur aus billigem, mit zahlreichen Ästen durchsetztem Kiefernholz. Darin hatten einst Würmer ihre weit verzweigten Jagdgründe angelegt.

      In seinem Treppenaufgang gab es noch drei andere Wohnungen. Als er sich bei den Mitmietern vorstellen wollte, traf er nur auf einen mürrisch wirkenden Alten im Parterre. Nach guter Berliner Art duzte er Schroeder von Anfang an und Schroeder, sich noch immer viel auf gute Manieren einbildend, stimmte nur zögerlich mit ein.

      Riedemeier lebte alleine, hatte jedoch eine 35 Jahre jüngere, schwachsinnige Freundin. Er war bemüht sie unter Verschluss zu halten. Auf der Straße ging er wie ein Orientale stets vor diesem armen, ihm ausgelieferten Geschöpf. Gerade so, als würde es nicht dazugehören. Er verließ schon um sechs Uhr das Haus – wat denkste denn, bin mein janzet Leben früh uffjestannen - machte seinen Rundgang, um gegen neun zurückzukehren.

      Just in dem Moment, wenn Schroeder aus der Wohnung trat. „Biste