einen Dauerlauf zurück zum Haus und nahmen noch ein Bad im kühlen Wasser.
Max fragte was ist, wenn wir das gebrauchte Wasser nicht ablassen.
„Wenn Wasser steht, beginnt es zu stinken. Ungeziefer und Keime bilden sich darin. Es ist wichtig, daß die Energien des Lebens zirkulieren und fließen können. So ist es auch mit unserem Körper und unserem Geist Max. Ist es nicht so?“
„Ja, das Wasser ist ein Symbol für das Leben.“
In seinem Haus betraten wir ein Zimmer, was ich bis dahin noch nicht kannte. Es war schlicht ausgestattet und wirkte angenehm. Ich nahm wahr, daß es keiner normalen Wohnstätte entsprach. Es war eigens zur Meditation eingerichtet. Der Meditationsraum war abgedunkelt. In verschiedenfarbig getönten Lampen leuchtete sanft der Kerzenschein hindurch. Er forderte mich auf, in knapp zwei Meter Entfernung vor ihn zu sitzen. Ich nahm im Schneidersitz Platz. Danach setzte sich auch Max vor mich im Lotussitz und sah mich freundlich an. Wir saßen auf einem runden Teppich. Sein Muster entsprach einem Labyrinth, in dessen Mitte er eine Kerze entzündete. Jetzt blickte er leicht neben mich und sein Ausdruck war versteinert, jedoch blieb seine einzigartige Ausstrahlung. Ich konnte bemerken, wie sich seine Gesichtszüge veränderten. Es war, als ob ich verschiedene Bärengestalten sah. Auch Alberi´s Gesicht tauchte auf und verschwand wieder. Danach sah ich Max wieder vor mir. Sein Antlitz drückte reine Güte aus. Er begann zu sprechen. Ich spürte, daß dieser Augenblick etwas ganz besonderes werden würde. Mir war, als ob die Ahnenreihe seiner vorhergehenden Meister anwesend waren. Das spürte ich deutlich.
„Kleiner Bär! Du bist zu mir gekommen um die Chance zu nutzen, die großen Geheimnisse dieser Welt zu erblicken. Willst du dies?“
„Ja“!
„Nicht alles wird dabei bequem sein. Doch der Nutzen den du daraus ziehen kannst wird dir helfen das Positive in dir und deiner Welt zu stärken. Willst du dies?“
„Ja!“, sagte ich ein zweites Mal, im festen Glauben alles nötige zu erreichen, um dieses Ziel umzusetzen.
„Akzeptierst du mich als deinen Lehrer und geistigen Führer?“
„Ja!“, gab ich aus vollem Herzen zur Antwort.
Ich fühlte, daß wir zusammengehören und empfand eine freundschaftliche Geborgenheit. Friedfertigkeit, Ruhe und Gelassenheit sind Teil seiner Persönlichkeit. Dieser in die Jahre gekommene Bär, ist mein geistiger Führer und Meister. Eine unbeschreibliche Kraft spürte ich, bei der ich instinktiv erkannte, daß er bereit ist, alles zu tun, um mich auf den Lebensweg zu bringen, der für mich vorgesehen ist. Von seiner wirklichen Macht, die er stets weise einzusetzen wusste, erfuhr ich erst später.
„Da du von mir lernen möchtest akzeptiere ich dich so, wie du bist. Ob unser Band bestehen bleibt liegt einzig und allein an dir. Nimm die Aufgaben an, die für dein Wachstum wichtig sind. Alles ist zu deinem Besten. Solltest du mich verlassen, so wird meine Hand immer bereit sein dir in Freundschaft entgegenzukommen.“
Seine Worte gab er mir so eindringlich zu verstehen, daß ich wusste für mein Leben mehr als einen Freund gewonnen zu haben. Einen goldenen Freund.
„Schon seit Jahren trug ich Sorge dafür, dir die richtigen Ideen zu vermitteln und sie in deinen Geist, deine Lebensbahn einströmen zu lassen. Deshalb bist du schon jetzt auf dem richtigen Weg. Die Leute, die dir dabei helfen sind von meinem Wissen und von meinem Einfluss durchdrungen. Seit langer Zeit schon. Sie wissen weder von mir, noch von dir und deinen Aufgaben. Selbst du kennst sie noch nicht. Gehe deinen Weg. Zuerst musst du an dir selbst arbeiten. Deine Aufgabe ist fünf Regeln zu befolgen.
- Erweitere dein Bewusstsein.
- Achte auf dein Inneres und nimm dich selber nicht zu wichtig.
- Achte Menschen, Tiere, Pflanzen und alles, was durch die Natur entstanden ist.
- Sei Verständnisvoll und wende dich dem Licht und der Liebe zu.
- Höre deutlich auf dein Herz. Es ist die innere Stimme deiner Seele.“
Er gebot mir aufzustehen. Neben uns, hinter dicken schwarzen Vorhängen, war eine Art Liege. Sie war mit schwarzen Samt überzogen.
„Lege dich darauf und entspanne dich. Ich werde das Licht löschen. Schließe deine Augen, und mache eine dir bekannte Entspannungsübung. Entspanne ganz tief.“
Nach einiger Zeit der Entspannung tauchten Bilder in mir auf. So deutlich, daß sie mir für immer im Gedächtnis bleiben werden. Ich befand mich irgendwo in einem endlos schwarzen Nichts. Unbeschreiblich weit weg von allen weltlichen Dingen. So unfassbar kam mir die Situation vor. Da lag ich einfach und sah das Gesicht von Max. Um uns, so schien mir, war die Unendlichkeit. Damit meine ich, daß in dem Augenblick nichts anderes zu existieren schien. Es gab nur uns. Er bewegte seine Hände. Sie waren angenehm rot und leuchteten wie Lampen, doch blieb das Licht in den Händen konzentriert und erhellte keineswegs auch nur ein Stückchen das „Schwarze Nichts“ um uns herum. Seine Hände strahlten auf einmal gebündeltes Licht aus, vergleichbar mit einem Laserstrahl. Nichts von dem Lichtstrahl drang nach außen. Er konzentrierte es vollständig auf meinen nackten Oberkörper. Dieses Licht schien geometrische Figuren in mich zu zeichnen. Nicht nur meine Haut wurde von dem Licht oberflächlich berührt. Nein, es drang vielmehr tief in meinen Körper ein. Kreise und verschiedene Linien wurden sozusagen in mich gezeichnet. Es war, als würde er dieses Licht in meine Seele zeichnen. Der Augenblick war so intensiv, daß ich das zumindest annahm. Relativ stark empfand ich ein Rechteck, ein Quadrat, einen Kreis und als letzte und stärkste Zeichnung das Pentagramm. Ich fühlte mich überwältigt, zugleich dumpf im Zustand; überrascht, zugleich ohnmächtig und ehrfürchtig. Bis zum heutigen Tag ist mir dieses Gefühl schleierhaft. Ich existierte in diesen Momenten nur für diese Zeremonie. Das ganze hatte etwas positives an sich. Nur wusste ich noch nicht was.
Ich erwachte und mir war nicht klar wo ich mich im Augenblick befand. Leider war ich da, wo ich es momentan am wenigsten erwartete. Ich war in meiner Höhle. So stark hat er mich fasziniert, daß ich ganz und gar vergaß, in einem Traum zu sein. Wenn das mein letzter Traum für einige Zeit sein sollte, wann würde ich Max wieder sehen?
Und was hatte ich nun zu lernen? Da bestimmte Aufgaben vor mir lagen, sollte ich schließlich wissen welche. Ich trat die Rückreise an.
Bald traf ich den Piloten, der mich vor zwei Wochen am festgelegten Treffpunkt absetzte.
Die Flugroute stand fest. Er flog mich nach Esso. Dort genoss ich die heißen Quellen, die in unmittelbarer Nähe des dreitausend Meter hohen Itschinskaja Vulkans liegen. In diesen Quellen erfrischte ich mich. Das Ende meines Urlaubes stand bevor und ich dachte viel über die eigenartigen Erlebnisse bei Max in der Wildnis nach. Als nächstes legte ich mir Aufgaben zurecht. Schließlich, wenn ich nicht den Verstand verloren habe, weis ich, was zu tun ist. Seinem reden nach würde ich es erspüren und er würde mir helfen. In nächtlichen Träumen erschien er mir künftig nicht. Zwar konnte ich meine Träume mittlerweile schon beeinflussen und meist selber steuern, aber Max sah ich nicht. Meine Unterweisung, von der er sprach fehlte mir.
Zu Hause begann ich zu Zweifeln. Mein Verstand schaltete sich ein und suchte nach Erklärungen. Auf mein Gefühl konnte ich mich jedoch verlassen. Es sagte mir, daß ich meinen geistigen Führer begegnet bin. Aus dem Grund vertiefte ich das Wissen, was ich schon hatte und beschäftigte mich mit den Krafttieren der Schamanen.
Durch einen Einweihungsakt nahm mich Max in die Lehre auf. Das Wissen, welches er an mich weitergab und in mir wachsen sollte, entsprach der mir bevorstehenden Reifestufe der Einweihung. Dabei sollte ich meinen eigenen Teil dazu tun, eine Stufe der Selbsterkenntnis und Selbstständigkeit zu erreichen.
Wie es der „Zufall“ will, wurde mir ein für schamanische Begriffe heiliger Gegenstand zu Teil. Langsam sollte ich zum Bärenschamanen reifen. Mit dieser Kraft gelang es mir sogar einmal einem Herzinfarkt/Schlaganfall-Patienten entsprechend konzentrierte Kraft zu senden. Eine anschließende Lungenentzündung überstand er auch. Und das mit fast achtzig Jahren. Das Ärzteteam belebte ihn mehrmals und ich erfuhr, daß es sehr knapp war. Ihnen hat er sicher sein Leben zu verdanken. Auch den Schwestern der Intensivstation und die vorbildliche