C. S. Ossig

Besondere Tage wie diese


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war ein richtiger Stromer. Er war zwei Jahre älter als ich und hatte seine Elektroniker-Lehre bereits beendet. Eigenes Einkommen. Eigenes Auto. Sturmfreie Bude. Und ich dachte: Wie angel ich mir den Typen?

      Da kam mir meine Erfahrung der verrückten Jahre mit den Jungs, mit denen ich um die Häuser gezogen bin, zu Gute. Meine Kumpels von damals sagten immer: Wie gewinnt man das Herz einer Frau? Küsse sie, liebe sie, gehe für sie bis an das Ende der Welt. Und wie gewinnt man das Herz eines Mannes? Komm nackt und bring Bier mit.

      Das klappte. Verlobung nach 6 Monaten. Hochzeit auf Malle. Wir waren unglaublich glücklich.

      Hartmut ist ein bequemer Mensch, der nur das tut, was wirklich unumgänglich ist. Ansonsten liebt er das Leben und genießt es. Was ich sehr schön finde. Wenn man ihn z. B. fragen würde, warum er mit seinem Auto zum Kiosk fährt, würde er sagen, warum denn zu Fuß gehen, mein Auto hat vier gesunde Reifen. Das ist original mein Mann. Wenn wir irgendwo einkaufen gehen, fährt er lieber so lange auf dem Parkplatz herum, bis er neben dem Eingang parken kann. In der Zeit wäre ich wahrscheinlich schon fertig mit den Einkäufen. Wir sind da sehr unterschiedlich. Aber was soll ich sagen: Wir ergänzen uns.

      Was ich an ihm liebe, ist seine Großzügigkeit bei Dingen, die ich mag. Auf der anderen Seite nervt mich seine Großzügigkeit bei Dingen, die ich dann erledigen muss, weil er mit der Aufgaben-verteilung eben sehr großzügig umgeht. Verständlich, oder? Ich habe mir angewöhnt, die Haushaltsplanung inklusive der Finanzlage selbst zu beurteilen.

      Lustig ist, dass Hartmut meint, er könne mich manipulieren und mir sogar zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen, wenn er mich lobt, wie gut ich das alles mache und wie stolz er auf mich ist. Na ja. Hör ich ja auch gerne. Kann er auch sein. Die Wahrheit ist: Ich freue mich, wenn er sich freut. Ich denke, umgekehrt ist es genauso.

      Richtige Männer wie Hartmut stehen auf Kurven, nur Hunde spielen mit Knochen. Natürlich mache ich auch gerne Sport. Deshalb auch so selten. Es soll ja schließlich etwas Besonderes bleiben. Und dass mein Mann mich weiterhin so liebt, wie ich bin, fördere ich. Heute habe ich wieder intensiv Sport gemacht. Ritter Sport. Zwei Tafeln. Und solange Kakaobohnen an Bäumen wachsen ist Schokolade für mich Obst. Bingo. Aber wer nun denkt, ich bin so eine Jogginghosen-Mutti mit Schlabber-Hintern, der irrt. Festes Fleisch, klasse Rundungen, alles erogene Nutzfläche.

      Manchmal treffe ich mich mit meinen Freundinnen. Wir reden dann über Dies und Das und Jenes. Und, klar, auch über unsere Beziehungen zu unseren Freunden oder Männern. Wenn die mir mit Problemen kommen, sage ich immer, Du hast den Typen gewollt, und jetzt bist Du in einer festen Beziehung. Wir sind hier bei ‚So ist es' und nicht bei ‚Wünsch dir was'. Also mach was draus. Dann klagen meine Freundinnen manchmal, Männer könnten keine Gefühle zeigen. Von wegen. Geh mal in ein Fußballstadion, da schlagen die Emotionen hoch! Hartmut kann sehr wohl Gefühle zeigen. Aber es war ein langer Weg bis dahin. Seine Tränen gehören nur mir. Und das macht mich stolz.

      Hartmut liebt mich auch, weil ich sehr offen bin. Andere würden sagen: direkt. Aber das tut hier nichts zur Sache. Für bestimmte Menschen gehe ich auch heute noch bis ans Ende der Welt, für andere nicht mal mehr ans Telefon. Natürliche Selektion nennt man das. Und wenn jemand ein Problem mit mir hat, dann darf er es ruhig behalten. Ist ja schließlich seines.

      Ich lache gerne, sehr gerne auch über mich selbst. Denn ich bin ein hoffnungsloser Anti-Technik-Freak. Ich lerne immer durch Ausprobieren der Knöpfe bis es klappt. Manchmal ist die neue Anlage dann verstellt, so dass meine Hartmut-Feuerwehr es wieder richten muss. Besser, ich lass es gleich.

      Wir könnten unsere Unterschiedlichkeiten auch in eine Art Differenzsumme mit Plus und Minus in ein Buch eintragen und darüber diskutieren, in welcher Situation was angebracht oder daneben war. Mal ganz ehrlich, was bringt das? Wir lieben uns, das fordert pauschale Großzügigkeit. Ich bin sogar der Meinung, das hätte beim Standesamt unter "Kleingedrucktes" gestanden.

      Wenn es ein Lebensmotto für mich gäbe, dann dieses: Nimm das Leben nicht so ernst, du kommst hier sowieso nicht lebend raus. Und wer zuletzt lacht, hat das eher nicht begriffen. Und was uns angeht: Ich bin ganz sicher - fragen sie Hartmut - er würde sagen:

      Karin ist nicht kompliziert, sondern eine Herausforderung für mich.

      So isses.

      Ein Mordstag

      "Freundschaft ist ein auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander, das sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet." Soweit die Definition von Wikipedia zum Thema Freundschaft im Internet. Ich denke, bei Schicksalsschlägen erprobt sich deren Güteklasse. Wenn sie Belastungen in extremen Lebenssituationen stand hält, erwächst daraus echte Wertschätzung. Solche Freundschaften sind wie Blumen von vollendeter Schönheit: Sehr selten und wertvoll.

      Die Freundschaft von Frederike und Karla, nämlich mir, wurde letzten Samstag auf eine harte Probe gestellt. "Dich bring ich um, du Schwein", rief sie, und schon sauste mit voller Kraft der Golfschläger, ein Mashie Iron - Eisen 4 - mit der harten Kante auf den Hinterkopf des Mannes nieder. Der Schädel knackte. Er brach zusammen. Das Blut lief. Ganz ehrlich: Es sah insgesamt wenig gut aus. Besonders für den teuren hellen Parkettboden.

      Ich war noch in der Küche beschäftigt. Wir waren zum Abendessen verabredet, und weil Frederike immer sehr pünktlich ist, hatte ich ihr die Eingangstür bereits geöffnet. In der Zwischenzeit war wohl ein Einbrecher unbemerkt durch die Verandatür vom Garten her über das Wohnzimmer in die Küche gekommen. Er stellte sich genau hinter mich, als ich vollkommen ahnungslos die Häppchen zubereitete. Er hatte das Messer schon an meinem Hals. Das war`s dann. Exitus. Nicht bei mir. Aber bei dem Typen. "Ja – Wahnsinn. Wie kommt der Mann hier rein – und danke, Mensch, Frederike, du hast mir das Leben gerettet!" Ich bin die Ehefrau von Franz-Edward, dem bekannten Kämmerer des hiesigen Ortes. Franz-Edward hatte sich diesen politischen Posten der Stadtverwaltung hart erarbeitet. Ein Drama dieser Art, kurz vor seiner Wiederwahl, war undenkbar. "Frederike, wir müssen den Typen hier raus schaffen. Ein Mord in unserem Hause …das geht einfach nicht."

      "Ich verstehe. Lass mich mal nachdenken."

      Meine Freundin Frederike und ich kennen uns vom Golf-Club her. High-Society, die Upper-Class, Ehefrauen, die sich durch langweilige Ehrenämter, exklusive Friseur-Besuche, das neuste Nagel-Design und Shopping-Erfolge auszeichnen. Aber wir waren mit Sicherheit anders! Ganz klar, wir hatten ja jetzt auch einen Totschlag am Hals. Scheiße.

      "Hör zu Karla, wir gehen jetzt erst einmal an deiner Bar einen Kaffee trinken. Lass uns mal in Ruhe nachdenken. Und bitte mach hier mal das Fenster auf." "Das Fenster, Frederike?" "Ja, was denkst du denn, die Seele muss raus, oder willst du einen Zwischenstopp provozieren, mit Sitzposition und dem ständigen Gemaule der eingesperrten Seele auf einem deiner Schränke?" "Ne, lass gut sein, wir sorgen für ausreichende Frischluft und ich mach uns einen starken Schwarzen." "OK, her mit den Tassen, ich hätte gerne dazu Milch und Zucker. Sag mal, kennst Du den: Kommt ein Mann im weißen Kittel ins Krankenzimmer und fragt den Patienten: Wie groß sind sie denn? Patient: 1 Meter 80, Herr Doktor. Mann: Ich bin nicht der Doktor, ich bin der Schreiner." "Ne, aber kennst du den, der passt besser zu unserer Situation: Haltet den Dieb, der hat noch mein Messer im Rücken!" "Jetzt bleib doch mal ernst. Was machen wir denn jetzt? Wohin mit dem Einbrecher?" "Hm." "Jetzt sag doch mal, du hast doch immer die zündenden Ideen." "Hm." "Warum redest Du nicht. Was hast Du denn?" "Herpes." "Akzeptiert." "Ne, ich nicht."

      Friederikes Mann ist Inhaber der zentralen Tierkadaververwertungsanstalt im Landkreis Offenbach. Ein Privatunternehmen, klein aber fein. Ihr Mann sagt dazu: Klein aber mein. Und recht hat er. Immerhin wirft es ein schönes Vermögen ab, von dem sie sehr gut leben können. Sechs Mitarbeiter, drei davon absolute Metzger, wenn man mich fragt. Sie hat eine 24 h-Vollmacht, also die All-Inclusive-Erlaubnis, dort ein- und auszugehen. Mit Schlüssel. Ob nun tote Tiere oder Einbrecher verarbeitet werden, was soll's. Gibt alles Hundefutter sozusagen. Soweit ihre Idee.

      "Komm, pack den Typen in Umzugstüten, ich fahre meinen SUV in eure Tiefgarage und wir packen das Kerlchen in mein Auto. Bis nach Dreieich zu unserer Firma