C. S. Ossig

Besondere Tage wie diese


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etwas an diesem schönen Abend sagen?" Aber das Bärchen schweigt. Das Bärchen ist etwas kleiner als sie und schweigt scheinbar des Öfteren. Ich stelle mir vor, wie sie zu Hause im Schlafzimmer anstelle von ‚mach mir den Hengst' wohl ‚mach mir den Bären' sagt. Und er sitzt dann vor ihrer Höhle und brummt. Dem Bärchen würde ein unabhängiges Adventure-Training im Wald mal gut tun, wo er seine Kräfte wieder findet, zum Bären wird und als richtiger Mann zurückkehrt.

      In der Zwischenzeit wurden uns fast zeitgleich die Vorspeisen serviert. Sie hat zum ersten Mal heute Abend den Mund voll und schweigt. Fast fehlen mir ihre bissigen Kommentare. Die Teller werden abgeräumt. Es vergeht einige Zeit. Wir unterhalten uns leise. Bald darauf werden die Hauptgerichte serviert. Sie reckt den Hals und möchte wissen, was wir auf dem Tisch stehen haben.

      Mein Mann fragt mich laut genug und in ihre Richtung gewandt: "Weißt du, was Bernd Stelter immer gesagt hat? Eine Ehe ist wie ein Restaurantbesuch, man denkt immer, man hat das Beste gewählt, bis man sieht, was der Nachbar bekommt." Wenn Blicke töten könnten.

      Wir grinsen uns an. Die Frau am Nachbartisch grinst nicht. Sie hat verstanden. Immerhin ist sie doch intelligenter, als ich dachte. Mein Mann ist ein Genießer und bestellt zum Abschluss noch einen Espresso und einen Vecchia Romagna dazu. Ich möchte nichts. Ich bin satt und zufrieden. Die Leute neben uns bezahlen, stehen auf und wollen gehen.

      Ich flöte ein freundliches "Auf Wiedersehen" hinterher. Da bleibt diese unglaubliche Frau stehen, dreht sich zu mir um und zeigt mit dem Finger auf mich. "SIE möchte ich bestimmt nicht wiedersehen!"

      Es gibt Schlangen, zum Beispiel der Gattung Giftnatter, die gehören gut angerichtet schlicht und ergreifend in den Topf.

      Sag`s nicht

      Die ersten Sonnenstrahlen des Jahres haben wir in Ruhe kommen und gehen lassen. Die zweiten sind besser, weil wärmer, und die dritten verheißen Schwimmbadzeit. Wir packen unsere Badesachen und wollen nach Bad Orb fahren, dort gibt es eine Therme mit einem Innen- und Außenbereich. In unserer Tasche finde ich das Eintrittsbillet des letzten Besuches, der tatsächlich - ich staune - schon wieder ein halbes Jahr her ist. Während der Autofahrt sage ich zum meinem Mann: "Das letzte Mal war so schön dort, dass wir uns auf dem Heimweg geschworen haben, das sollten wir öfter tun. Nun bitte ich Dich, es nicht wieder zu sagen. Sonst wird das nichts." Er verspricht es mir hoch und heilig.

      Wir sind angekommen. Und belegen zwei Liegestühle. Allgemein fällt das Schweigen meinem Mann nicht schwer. Es ist ein ruhiger Typ. Da kommt ihm vom Charakter her der Liquid-Silence-Tempel ganz entgegen. Den betreten wir als erstes. Fast schwebend liegt mein Schatz an der Oberfläche im warmen, salzigen Wasser und lässt sich und seine Gedanken treiben. Als Vertreterin der Energieabteilung unserer Familie ist mir das hier zu langweilig, und ich mache leise Gymnastikübungen im Wasser. Nach geraumer Zeit schauen wir uns an und sind uns einig, das war schön. Aber genug jetzt.

      Wir liegen auf der Liege, genießen den Aufenthalt hier, küssen uns und mein Mann sagt: "Das sollten wir öfter tun." Ich bin empört und sage: "Du hast versprochen, es nicht zu sagen." "Ich meine das Küssen!" Ach so… ja gerne.

      Dann gehen wir eine Runde schwimmen im Außenbereich. Sonnenstrahlen von oben, ein leichter Wind geht, blauer Himmel, grüner Rasen, der gerade gemäht wurde und frisch duftet. Wir liegen auf den warmen Wasser-Blubber-Blasen, die den ganzen Körper umspielen und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.

      Ein wenig Durst macht sich bemerkbar. Da alles, was wir trinken oder essen, auf dem an der Kasse erhaltenen Armband gespeichert wird, brauchen wir kein Geld zu holen und könnten direkt zum Restaurant in den ersten Stock. Wir bestellen zwei Prosecco, prosten uns zu und ich genieße die Aussicht von hier oben. "Ach ja", seufzt mein Schatz, "das sollten wir öfter machen." "Hör jetzt bitte auf damit, du wolltest es nicht erwähnen!", sage ich. "Prosecco trinken, was meintest du denn?" Ach so… ja gerne.

      Ich strahle ihn an und bin glücklich. Wir lesen und trinken noch ein Eis-Wasser mit Zitrone. Ein wundervoller Tag. Später sind wir auf dem Weg zur Sauna. Hier ist es für uns immer besonders schön. Eine angenehme Atmosphäre. Die Menschen hier sind auf Erholung aus. Wir sitzen nebeneinander und halten nach der Sauna zur Abkühlung die Füße in kaltes Wasser. Ich denke daran, dass es so schön hier ist, dass wir wirklich öfter her kommen sollten. Sage aber nichts. Sonst breche ich noch selbst unser Versprechen!

      Mein Mann nimmt meine Hand in seine Hand und sagt: "Siehst Du, das sollten wir öfter tun." Mist, jetzt ist es doch passiert! "Was?", frage ich scheinheilig. "Na ja, zum Beispiel im Sommer die Füße in eine Wanne mit kaltem Wasser stellen. Woran dachtest Du denn?" Ach so… ja gern. Kann es sein, dass er mich so langsam aber sicher auf den Arm nimmt?

      Nach 3,5 Stunden intensivem Einweichen fühlen wir uns wie Enten mit Schwimmhäuten und beenden unseren Ausflug, ein wenig groggy, aber rundum zufrieden.

      Vor dem Schwimmbad nimmt mein Mann mich in die Arme und schaut mich grinsend an: "Also, ich bin der Meinung, das sollten wir öfter machen: Uns küssen, Prosecco trinken, ab und zu mal die Füße in Wechselbäder stellen – und wenn dir das alles so gut gefällt, können wir das Ganze nicht nur zu Hause, sondern auch hier tun."

      Recht hat er.

      Die geschichtsträchtige Schlacht zwischen Großquittannien und Squatland

      Großquittannien hatte einen etwas über 40 Jahre alten König, Royal Lui, der alles so lassen wollte, wie es zu Zeiten seines Vaters war. Da war alles gut gewesen. Also hatte er auch nichts im Schloss verändert, auch keinen Staub wischen lassen. Das war alter, also guter Staub. Er selbst war auch etwas verstaubt. Also ein guter Mensch.

      Das andere Land auf der Insel hieß Squatland. Da wohnten die Rebellen. Die hatten keinen König, denn es gab viele Stämme und Stammesführer. Sie waren anders organisiert als in Großquittannien. Durch einen früheren Krieg des Ururururgroßvaters von Royal Lui hatte Großquittannien diesen Teil des Landes eingesackt. Man hatte das fast schon vergessen, denn zu den Lebenszeiten von Lui und auch schon seines Vaters gehörte Squatland als ungeliebtes Anhängsel eigentlich immer dazu. Ungeliebt deshalb, weil von dort immer mal Unruhen aufkamen, von denen Royal Lui gar nicht gerne hörte.

      In dem Schloss war so viel Staub, dass alles alt und modrig roch. Bei jedem Schritt tanzten die Staubmäuse Samba. Royal Lui fühlte sich wohl. So musste es sein. Er schlief gut, war wohlgenährt und erfreute sich der Wohlgesonnenheit seines Volkes. Wenn da nicht diese junge Frau gewesen wäre, die er auf Wunsch seines Sorgenministers eingestellt hatte. Sie knickste zwar artig in Royal Luis Anwesenheit, runzelte aber oft die Stirn und schaute ihn kritisch an. Das mochte er gar nicht. Jemand, der in seinem Lande nicht zufrieden war?

      An einem regnerischen Tage im Sommer anno nochviellängerher traf er wieder das junge, stirnrunzelnde Mädchen. Oder muss man sagen, sie traf ihn?

      Wer weiß schon, was hinter einer Frauenstirn so vorgeht. Väterlich schaute er sie an und fragte: "Sprich zu deinem König, mein Kind, was plagen dich für Gedanken?" "Eure Gesundheit, Majestät, allein Eure Gesundheit!" Und so kam es, dass der vor Gesundheit strotzende Lui sich erschrocken an den Bauch fasste. Denn dort saß sein persönlich festgefuttertes Kapital für schlechte Zeiten. "Erklärt Euch, mein Kind." "Nun, es ist so. In Eurem Schloss leben gefräßige Monster. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Und sie sind gefährlich.""Nicht möglich, ja wo denn nur, und was fressen sie und warum gefährlich?" murmelte Royal Lui und runzelte nun auch die Stirn. "Ich habe von meinem Onkel, der ein entfernter Verwandter von einem entfernten Cousin von Eurer entfernten Nichte ist, ein Mikroskop vererbt bekommen. Als bescheidenes Zimmermädchen bin ich vom Sorgenminister zur Staubspezialistin ernannt worden. Die Viecher, die ihr hier seht - sie schob das Gerät zu ihm herüber - fressen sich ohne Bezahlung im Schloss durch, auch ohne Euch, Majestät, zu fragen. Der Sorgenminister findet das unerhört und bittet um Aufklärung. Ich bin sicher, er wird Euch daraufhin noch ansprechen. Ebenso können diese Monster Krankheiten an unseren hoch geschätzten König herantragen. Das findet der Gesundheitsminister bedenklich. Die Staubfrage im Schloss bekommt somit eine hohe Dringlichkeit,