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Hans Bahmer
Vier Jahre Türkei
Beobachtungen
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Inhaltsverzeichnis
EIN SCHNITT ALS EINSCHNITT INS LEBEN
EIN HANDWERK VERÄNDERT DIE WELT
SEIDENE LEICHENHEMDEN LIEFERN ROHSTOFF FÜR VERFÜHRERISCHE DESSOUS
BRÜCKE DES RUNDBLICKS UND DER HÄNDLER
DER ERCIYES - EIN ANATOLISCHER VULKAN
FAULER ZAUBER MIT ALTER ZAUBERPFLANZE
WEISSER SCHAUM AUS DUNKLER ERDE
VON DER ARBEIT AUF DER SEIDENHARFE
NACH GOLDE DRÄNGT, AM GOLDE HÄNGT DOCH ALLES
BOOTSFAHRT AUF EINEM SALZWASSERFLUSS
DIE GAR NICHT MIESE MIESMUSCHEL
EINMAL SINGEN, TANZEN, SCHNEIDEN
DER KAMPF DER EINGEÖLTEN LEIBER
EINMAL SCHLAFEN WIE MATA HARI ODER INGE MEYSEL
DAS GOLDENE HORN UND DIE SÜSSEN WASSER EUROPAS
VORWORT
Im Sommer 1977 betrat ich zum ersten Mal türkischen Boden und zwar im Sirkeci-Bahnhof in Istanbul. Ich reiste mit der Eisenbahn über Wien, Budapest, Belgrad, Sofia, Edirne nach Istanbul. Im Jahr darauf war ich schon wieder da. Wieder mit dem Zug, dermich bei dieser Reise bis nach Bagdad brachte. Mein nächster Besuch in der Türkei fand erst im Winter 1992 statt. Die ersten vierzehn Tage in der Stadt Istanbul, in der ich dann vom Sommer 1996 bis zum Sommer 2000 wohnte und arbeitete.
Während dieses letzten Aufenthaltes brachte ich etwa 40000 Kilometer mit dem Auto hinter mich, wanderte die beiden Bosporusufer ab und ging zu Fuß von der Bosporusmündung an der Küste des Schwarzen Meeres entlang bis zur türkisch-bulgarischen Grenze und wieder zurück. Mein nordwestlichster Punkt war Edirne, die georgische Grenze mein nordöstlichstes Reiseziel. Im Westen kam ich bis nach Assos, im Süden bis nach Kilis an der syrischen Grenze, und im Südosten war die Reise in Cizre zu Ende. In der Höhe schaffte ich es mit der Besteigung des Ararat bis auf 5165 Meter, und in einer Meerschaumgrube drang ich bis in zehn Meter Tiefe in das türkische Territorium ein. Zum Schrecken vieler war ich nicht nur im Schwarzen Meer, sondern auch im Bosporus und Marmarameer schwimmen. Ich habe gefüllte Miesmuscheln, frittierte Miesmuscheln, kaltes Lammhirn, legendäres Kokoreç, gebratene Leber, Widderhoden, Schafskopf und Kutteln in allen Variationen gegessen. Wobei die Kutteln nach dem Propheten „die Königin der Mahlzeiten“ sein sollen. Alles hat mir immer ausgezeichnet geschmeckt und ist mir gut bekommen. So viel zur Statistik meines Aufenthaltes.
Trotzdem muss ich erkennen, noch wenig von der Türkei gesehen zu haben, zumindest von dem, was man unter den klassischen Sehenswürdigkeiten versteht. Ich habe mich jetzt weniger mit ionischen oder korinthischen Säulen beschäftigt, die aus Trümmerfeldern der Vergangenheit herausragen, sondern eher mit der Gegenwartskultur, wie sie sich zum Beispiel in den Schornsteinaufsätzen der verschiedenen Gegenden niedergeschlagen hat. Wem aufgefallen ist, dass diese Gebilde kleinen, kunstvollen Skulpturen gleichen und sich teilweise noch von Landstrich zu Landstrich unterscheiden, wird vielleicht auch an meinen „Beobachtungen am Rande“ Gefallen finden.
Zwar ergaben sich meine Themen meist durch Zufall. War ich aber erst einmal darüber gestolpert, beschäftigte ich mich schon intensiv damit. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen, die mir bereitwillig mit Informationen geholfen und mir ihre Arbeit erklärt haben, ganz herzlich bedanken.
Seit meinem Betreten des Bahnhofsvorplatzes in Istanbul im Jahre 1977 bis heute hat sich ein ungeheurer Wandel auf allen Gebieten vollzogen. Sicher ein nicht aufzuhaltender Prozess und wichtiger Gewinn für die moderne Türkei, der aber mit einem Verlust an orientalischer Atmosphäre einhergeht.