Martin Wannhoff

Morality and fear


Скачать книгу

lang und dürr, Freund und Consigliere (Berater und rechte Hand) von Don Sansone, vernünftig und klug, verheiratet, Vater einer Tochter

      Perpone: Sizilianer, Waffenexperte und Hüter des gesamten Waffenarsenals der Familie, nur er verteilt Schusswaffen und kassiert sie nach getaner Arbeit wieder ein

      Giovanni Bastianotti: Italiener, Sansones Barkeeper, Stevensons Schwiegervater

      Marylane Rice, geb. Bastianotti: Italienerin, Mutter starb bei der Geburt, wurde hauptsächlich von einer Nachbarin aufgezogen, Tochter von Giovanni, Stevensons Frau und Mutter zweier Töchter

      Hermann Koch: Deutscher, aus Annaberg, Bombenleger, völlig durchgeknallt

      Salvatore Calmorra: Italiener, besonnen, Amerikas bester Safeknacker

      Don Carlo Massimo: Sansones Gegenspieler und Erzfeind, Boss der Massimo-Familie, gnadenloser Patriarch, krankhaft misstrauisch

      Benito Massimo: Sizilianer, leiblicher Bruder von Carlo, dessen Consigliere und Unterboss, ruhig und überlegt, seinem Bruder überlegen, ihm aber absolut loyal, Vorsitzender der Hafenarbeitergewerkschaft

      Yvonne Hyousek: Dänin, Prostituierte im Biagetto-Bordell, beste Freundin und Tochter der „Ersatzmutter“ von Marylane Bastianotti

      Ferdinand Oregan: Stadtratsmitglied, Vater von John Oregan, Busenfreund von Carlo Massimo

      John Oregan: Sohn des Stadtrates Ferdinand, Anführer einer gewalttätigen Jugendclique

      Don Guiseppe Genovese: Die graue Eminenz, erster Mafiaboss der Stadt Tryonee Harbour

       Prolog 1927

       Fast schon hatte es ihm die Augen zugezogen, da krachte es an der Tür. Blitzartig hatte ein Angreifer ihn überwältigt und presste sein Gesicht auf den Tisch. In über 40 Jahren Dienst bei der Bahn war ihm sowas noch nicht passiert. Der Mann forderte ihn auf, den Güterzug, welcher gerade am Bahnhof im Works - Quarter losgefahren war, anzuhalten. Als er zunächst nicht reagierte, schlug er ihn mit der Faust ins Gesicht, so dass er zu Boden stürzte. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, packte der Mann ihn an der Schulter und zwang ihn wieder auf den Stuhl. Unter dem Druck der Androhung weiterer Schläge, schaltete er die nächste rote Signallampe 3 km stadteinwärts vom Bahnhof entfernt ein.

      Somit war der Zug etwa 4 km von hier entfernt zum Halten gezwungen.

      Ob es sich um einen Raubüberfall handelte? Gefesselt lag der Bahnbeamte jetzt in einer Ecke seines Schrankenhäuschens und schaute dem Mann verängstigt beim Rauchen einer Zigarette zu. Die Fesseln hatte er sehr eng gebunden, seine Hand war bereits nach wenigen Momenten eingeschlafen. Dazu schmerzte sein Gesicht furchtbar. Er musste übel aussehen, Blut tropfte von seinem Kinn aufs Hemd. Er kämpfte die Angst in sich nieder und versuchte, klar im Kopf zu werden. Die Lage, in der er sich befand, konnte der 58jährige Mann jedoch nicht einordnen.

      War er selbst in Gefahr? Gegen wen richtete sich der Überfall, wenn nicht gegen ihn? Und wenn schon gegen ihn, warum? So wirklich konnte er sich keinen Reim auf seine Geiselnahme machen. Da der Zug noch nicht durchgefahren war, stand er noch immer an dem Haltesignal. Eine ganze Weile blickte der Gangster ihn drohend an. Er wagte es kaum, sich zu rühren.

      Seltsamerweise machte der Gangster keine Anstalten, seine Sachen zu durchsuchen. Er hätte außer einer Hand voll Dollar eh nichts gefunden. Muskulös wirkte der ganz in schwarz gekleidete Mann nicht gerade. Er war eher von kleiner Statur und trug einen Hut. So im Dunkeln machte er eine beängstigende und unberechenbare Erscheinung. Die glich weniger der eines Menschen, als vielmehr dem Tod, den man nicht sehen kann, der aber dennoch immer irgendwo lauert. Der schwache Schimmer der Straßenbeleuchtung reichte leider nicht aus, um ihn näher erkennen zu können. Nur beim Aufglimmen seiner Zigarette konnte der Bahnbeamte die Silhouette des Gesichtes erahnen. Der Mann saß auf dem Stuhl und klopfte immer wieder mit einem Finger auf den Tisch.

      Minutenlang lag er nun so da. Die quälende Ungewissheit plagte den Wärter. Was wurde hier gespielt? Er versuchte sich daran zu erinnern, ob er schon einmal von so etwas gelesen hatte. Lediglich die alten Wild-West-Geschichten, mit Indianern und Eisenbahnüberfällen kamen ihm in den Sinn. Doch diese Zeiten waren längst vorbei. Was könnte der Mann für ein Motiv haben, einen Zug anzuhalten, der bis oben hin mit Asche und Hochofenschlacke beladen war?

      Weder bei ihm selbst, noch auf dem Zug befanden sich irgendwelche nennenswerten Wertgegenstände. Vielleicht war auf den Zug ohne sein Wissen etwas aufgeladen worden? Drogen vielleicht, die auf diese Weise schnell und ohne jegliche Kontrolle quer durch das Land geschafft werden konnten. Die Gefahr in der er schwebte und die Schmerzen, die er empfand, wichen allmählich der Frage, was das alles sollte. Er könnte den Mann ja fragen, was er wollte. Doch dieser würde unter Umständen eine Waffe ziehen und ihn auf sein albernes Gefrage hin erschießen.

      Zwar hatte er bei dem Übergriff keine gesehen, doch es war davon auszugehen, dass dieser mit einem Revolver, oder etwas in der Art bewaffnet war. Zu unberechenbar war die Situation und so hielt er klugerweise den Mund. Die Minuten verstrichen und zu dem pochenden Finger kamen Regentropfen, die auf das Dach und die Fensterscheiben fielen. Im Dunkel der Nacht näherte sich nach etwa 8

      Minuten ein großes Auto dem Bahnübergang. Ein kurzes Hupen ertönte daraufhin. Damit war offensichtlich, dass dieser Gangster nicht allein war, und dass der Überfall wohl nichts mit dem Schrankenwärter zu tun hatte. Richard Schmidt war lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Sogleich wurde das Schranken-Warn-Signal eingeschaltet. Die Signalglocke schlug und die roten Warnlichter des Andreaskreuzes blinkten auf. Der Wagen hielt an der noch offenen Schranke an. Hastig schaltete der Gangster das Signal ab, welches der Bahnbeamte zuvor gezwungen worden war, einzuschalten.

      Voller Ungeduld wartete der Lokführer Barrack McAffey darauf, endlich losfahren zu können. Sie waren schon drei Minuten im Verzug. Die Einhaltung der Fahrpläne war höchste Pflicht. Dem war alles andere unterzuordnen. Aber die jungen Burschen von heute schienen das - zu seinem Ärger - weniger eng zu sehen. Erst als der Schaffnerwagon fertig angekoppelt war, ertönte die vertraute Trillerpfeife seines Heizers Jonny Walther, einmal lang und einmal kurz.

      Das Zeichen, dass alles zur Abfahrt bereit war. Als dieser auf dem Führerstand ankam, war McAffey schon ungeduldig dabei, Kohle in den Kessel zu schaufeln.

       „Warum mache ich deine Arbeit? Hier, nimm die Schaufel!“

      Bald war der Druck im Dampfkessel hoch genug und der Zug rollte an. Die Kraft des Dampfes wurde auf die Triebräder übertragen, die Lok brachte ihre 6500 PS auf die Schiene.

      Das rote Signal, welches den wütenden Lokführer abermals zum Halten zwang, war zwar ärgerlich, aber nicht ungewöhnlich. Deshalb wartete McAffey ab, während Walther unablässig Kohlebriketts in den glühend heißen Kessel schaufelte. Fast zehn Minuten waren vergangen und der Kessel hatte schon den Bereich des Überdrucks erreicht, als das Haltesignal endlich erlosch und die Fahrt fortgesetzt werden konnte. Rasch beschleunigte der mit Industrieabfall beladene Zug. Die Räder drehten erst durch, doch schnell gewannen sie an Fahrt. Insgesamt hingen sie jetzt schon eine viertel Stunde im Fahrplan hinterher, darum peitschte der Lokführer den Zug mit Hilfe des Überdrucks nach vorn, ohne, wie es eigentlich Vorschrift gewesen wäre, etwas davon abzulassen. So hatte er fast 70 Meilen erreicht, als er sich dem ersten Bahnübergang näherte.

      Das Rattern des herannahenden Zuges war zu hören und das vertraute Geräusch des Zughorns hallte durch die Nacht. Es standen jetzt zwei Autos an der noch immer nicht geschlossenen Schranke. Langsam dämmerte es Richard Schmidt, was sich hier gerade ereignete. Mit fassungslosem Entsetzen setzte er sich aufrecht hin und reckte den Hals. So erspähte er jene entscheidenden Sekunden. Der Gangster schaute ebenfalls gebannt nach draußen. Jetzt konnte man den Zug sehen und auch sein Komplize im hinteren der beiden