Tuja Tiira

ABBSD


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gebracht, das machte indessen nichts. Ich wusste zwar nicht, was wirklich mit ihr war, und wir waren immer noch in meinem Schlafzimmer, doch aus irgendeinem Grund berührte mich ihr Blick, ich beschloss, mich für den Moment auf das, was sie sagte, einzulassen. "Du ist okay, aber wieso hast du einen japanischen Nachnamen, ich dachte du bist eine Außerirdische? Und was ist das für ein Vorname?" Zumindest schien Nia nicht langweilig normal zu sein.

      "Nia ist eine Abkürzung meiner Bezeichnung, dort wo ich herkomme, und den Nachnamen habe ich mit einem Zufallsgenerator ausgewählt." Sie wirkte immer noch unsicher. "Gefällt er dir nicht?"

      "Doch, schon." Nur dass sie den Trainingsanzug falsch herum trug, irritierte mich immer noch. Ich kam mir spießig vor und gab mir Mühe, mir nichts anmerken zu lassen.

      Trotz meiner Zustimmung wirkte sie weiter verunsichert, immer noch sah sie mich mit diesen großen Augen an, als würde sie auf etwas warten, und ihre Lippen zitterten. "Habe ich etwas Falsches gesagt? Findest du mich deiner Freundschaft unwürdig?"

      "Wieso?"

      "Du hast dich nicht vorgestellt, obwohl ich dir meinen Namen genannt habe. In den Filmen, die ihr ins Universum abstrahlt, verhalten Menschen sich nur so, wenn sie ihr Gegenüber ablehnen."

      Ich fühlte mich schuldig, ich hatte sie nicht beleidigen wollen. Ihre Augen ließen mich nicht los. Falls sie ihr gesamtes Wissen aus Filmen bezog, war es nicht verwunderlich, dass sie sich für eine Außerirdische hielt. Was für Filme waren das wohl? Vielleicht war sie ein Hikikomori. Sie musste meinen Namen doch kennen, wie hätte sie sonst hierher gefunden? Trotzdem stellte ich mich ihr förmlich vor. "Entschuldige bitte, ich bin Rin Tanouichi", ich verbeugte mich leicht, "nenn mich einfach Rin. Lass uns erst mal nach unten gehen."

      Sie nickte mit leuchtenden Augen. "Ich darf deinen Vornamen benutzen, dann musst du mich Nia nennen."

      "Nia," ich spürte wie sich aus irgendeinem Grund mein Herz leicht zusammenzog, als ich ihren Namen aussprach. Ich zog mir schnell eine Jeans über. Als Nachtzeug trug ich wie immer einen Slip und ein weites Herrenhemd. Ich finde das angenehm kühl und falls ich mal raus muss, reicht es, eine Hose überzuziehen. Dass Nia mich so gesehen hatte, hatte mir nichts ausgemacht, sie hatte nicht darauf geachtet. Falls ich unten im Haus nur im Slip rumlaufen würde, käme ich mir trotzdem nackt vor. Ich zog mir schnell auch noch ein Sport-Top unter das Hemd. Währenddessen zog sich Nia den Trainingsanzug richtig herum an. Sie hatte also meine Irritation bemerkt, ich schaute zur Seite.

      Ich nahm Nia mit in die Küche. Ich wusste nicht genau wieso, irgendwie kam es mir so vor, als würde ich sie schon lange kennen.

      "Was möchtest du essen?"

      "Yummy Food."

      "Hmm, und was heißt das für dich?"

      "Instantnudeln."

      "Die habe ich leider nicht." Ich schaute im Schrank nach. "Wie wäre es mit etwas Brot und Käse?"

      "Keine Instantnudeln?" Nias Augen wurden feucht, sie ließ den Kopf hängen.

      Ich spürte das Bedürfnis, sie zu trösten. "Wir können noch Instantnudeln bei der Tankstelle kaufen, die haben bis 3.00 Uhr geöffnet und jetzt ist es 1.10 Uhr."

      "Wirklich?" Ihre dunklen Augen strahlten mich nun an.

      "Ja klar." ich nickte, ihre Begeisterung umfing mich, doch ich hatte Angst, mich darauf einzulassen. Das würde nur mit einer Enttäuschung enden. "Ich muss nur noch eine Tasche oben vom Küchenschrank herunterholen."

      Doch bevor ich auf einen Stuhl steigen konnte spürte ich ihre Hand auf meinem Arm, mein Herzschlag beschleunigte sich. Sie sah mich an. "Ich mache das," und mit diesen Worten lief sie senkrecht die Wand hoch, blieb mit dem Kopf nach unten auf der Zimmerdecke stehen und griff eine der Taschen; "Ist die richtig?"

      Ich konnte nur mit offenem Mund nicken. War dies ein Traum? Einen Augenblick lang stockte mir der Atem. Wurde ich verrückt? Kein Mensch konnte an der Decke entlanglaufen! Und plötzlich irgendwo auftauchende Außerirdische waren eine Erfindung von Light Novel-Autorinnen. Nia bemerkte meinen starren Blick und lief über die Schrankwand zurück auf den Fußboden.

      "Habe ich etwas falsch gemacht?" Ihre Stimme klang erneut unsicher.

      "Du bist an der Zimmerdecke entlanggelaufen."

      Nicken, "ich habe aber darauf geachtet, nichts schmutzig zu machen."

      "Wie machst du das?"

      "Lokale Gravitationsfeldumkehr, wieso fragst du?"

      "Du bist eine Außerirdische?"

      Starkes Nicken.

      "Du bist wirklich eine Außerirdische?"

      "Ja, hast du daran immer noch gezweifelt? Du hast doch gesagt, dass du mir glaubst."

      "Lass uns zur Tankstelle gehen und Nudeln holen." Ich wollte das jetzt nicht diskutieren und die frische Nachtluft würde mir gut tun. Ich brauchte einen klaren Kopf. Ich fühlte mich schwindlig. Nia war also tatsächlich eine Außerirdische. Meine Gedanken liefen durcheinander. Ich hatte auf einmal das Gefühl, dass sich mein Leben anders entwickelte, als ich es geplant hatte. Früher hatte ich davon geträumt, eine Außerirdische zu treffen, doch diese Außerirdische war Teil meines Traums gewesen, ein Teil meiner Phantasie, nicht real und das war lange her. Was wollte ich heute? Ich blickte Nia an, sie wirkte so hilflos. Ich wusste auf einmal nicht mehr, ob ich wirklich alleine leben wollte. Ich seufzte. "Komm, lass uns gehen." Ich nahm mir eine Jacke, zog mir Schuhe an und gab ihr ein zweites Paar Schuhe und einen Mantel von mir. Draußen war es kühl. Sie versackte fast in dem Mantel.

      "Was kannst du noch alles, außer an der Decke zu gehen?"

      "Gesperrte Information." Sie sah zur Seite.

      "Wieso darf ich das nicht wissen?"

      "Es gibt Dinge, über die ich nicht reden will, zumindest zurzeit nicht." Ihre Augen waren angsterfüllt. "Bitte."

      "Das ist in Ordnung." Ich wechselte das Thema: "Hast du Geld?"

      "Was ist Geld?"

      Ich zeigte ihr einen Geldschein. "Das brauchst du, um Nudeln zu kaufen."

      Sie betrachtete die Banknote genau, der Ausdruck der Angst verschwand aus ihren Augen, dann fuhr sie mit der Hand über den Schein. "Ich kann beliebig viele davon duplizieren." Ein schwaches Leuchten, dann hielt sie einen zweiten Schein in der Hand. "Siehst du."

      "Das ist verboten."

      "Was?"

      "Geld fälschen ist verboten."

      "Das ist keine Fälschung, die Scheine sind absolut identisch, einschließlich der Molekularstruktur."

      Ich schüttelte den Kopf. "Sie haben dieselbe Nummer. Geldscheine müssen unterschiedliche Nummern haben. Und ich glaube nicht, dass deine Argumentation die Polizei überzeugt."

      Zum Glück hatten sie Instantnudeln an der Tankstelle. Nia las auf dem Rückweg aufmerksam den Text auf der Nudelpackung. Plötzlich wandte sie sich mir zu. "Wieso sind naturidentische Aromastoffe erlaubt, wenn naturidentische Geldscheine verboten sind?"

      Darauf wusste ich keine Antwort.

      Dann hatten wir das Haus wieder erreicht. Die Nacht war still und klar. Nia zupfte an meiner Jacke. Sie sah zum schwarzen Himmel. Ich verstand immer noch nicht wirklich, warum sie hier war. Und wieso war sie ausgerechnet zu mir gekommen? Ich spürte einen Kloß im Hals. Ich kannte sie kaum und doch hatte ich Angst, dass sie einfach wieder verschwinden würde und wusste doch auch nicht, ob ich wollte, dass sie blieb. Außerdem verschwanden alle irgendwann. Wir setzten uns einen Augenblick auf die Stufe vor der Haustür unter die Bäume.

      "Wieso bist du