außergewöhnlich groß, sondern auch bärenstark. Picur ist ein riesiger Leonberger, mit einem so dicken Fell, dass man zuerst durch zehn Zentimeter Haare muss, bevor man an den Hund kommt. Aber er ist auch so sanft und liebevoll, dass sich eigentlich niemand vor ihm fürchten sollte. Aber durch seine Größe und sein wuchtiges Fell sieht es aus, als käme ein grauer Löwe mit spitzer Schnauze auf einen zu.
Picur verdankt den beiden Mädchen sein Leben. Die Beiden fanden den Hund, als er noch ganz klein war. Er hatte einen gebrochenen Vorderlauf, und war fast verhungert, als die Mädchen ihn fanden. Sie brachten den Hund zu einem Tierarzt und die Rechnung des Tierarztes zu ihren Eltern. Daher war auch der Start für Picur nicht besonders gut.
Der Tierarzt war es, der Picur seinen Namen gegeben hat. Er kam aus Ungarn und nannte den Hund immer Picur als er ihn behandelte. Die Mädchen merkten sich den Namen und dachten wohl, dass er zu diesem Hund passt. Franko hat einmal nachgeforscht, was der Name bedeutet. Picur kommt aus dem Ungarischen und bedeutet so viel wie „Winzling“. Pici (das wird „pizi“ ausgesprochen) bedeutet klein oder wenig und Picur ist noch weniger als wenig. Daher passt der Name dann doch nicht so ganz zu einem solch großen Hund. Aber zum Glück kennt niemand die Bedeutung des Wortes.
Keiner der Familienoberhäupter wollte ein Haustier haben und schon gar keinen Hund. Hunde machen viel Arbeit, viel Schmutz, und man muss bei jedem Wetter mit ihnen raus - bei jedem Wetter! Aber wer kennt nicht die Überzeugungskraft eines Mädchens, das bei seinen Eltern etwas erreichen möchte. Und hier waren gleich zwei Mädchen am Werke, die versuchten ihre Eltern umzustimmen. Zunächst wurde natürlich immer der schwächere Teil der Familie überzeugt. Also wurde jedes Mal, wenn einer der Väter von der Arbeit nach Hause kam, auf ihn eingeredet. Trotzdem dauerte es mehrere Tage, bis zuerst die Väter und dann auch die Mütter weich wurden und den Kindern erlaubten, den Hund zu behalten.
So kam es, dass ein Hund bei zwei Familien lebte. Picur schadete das nicht, Alex sagte einmal, dass Picur von beiden Familien seine Klugheit bekommen hat. Und Picur ist auch ein sehr intelligentes Tier. Er ist kein wilder Kläffer und obwohl er keine besondere Erziehung bekommen hatte, ist er ein sehr folgsames Tier. Oft wundern sich die Leute, dass ein zwölfjähriges Mädchen mit einem Hund spazieren geht, dessen Schulterhöhe fast der des Kindes gleicht. Picur selber wusste vielleicht sogar, dass er den Beiden sein Leben verdankte, denn er zeigte eine sehr große Zuneigung zu den Beiden. So richtig glücklich ist er nur, wenn die beiden Mädchen mit ihm zusammen sind.
Das Erlebnis mit Picur machte die Mädchen zu wirklich besten Freundinnen.
Picur erkennt beide Mädchen blind. Er erkennt sie am Gang, an der Art wie sie die Treppe hoch gehen, oder an ihren Stimmen. Oft ist es so, dass er den Kopf hebt oder aufspringt und die Mädchen mit einem lauten „Wuff“ begrüßt und das schon bevor sie klingeln.
So war es auch heute. Picur lag in Vanessas Zimmer, das zur Straße hin lag. Als Mina am Fenster vorbei ging, hob Picur seinen Kopf und ließ das kurze „Wuff“ ertönen. Gleichzeitig lief er aufgeregt zur Wohnungstüre und wedelte kräftig mit seiner Rute. Vanessa rief ins Wohnzimmer: „Ich mache auf!“ und ging zur Haustüre, dann klingelte es.
Mina kam herein. Wie immer begrüßten die Beiden sich herzlich. Die Begrüßung mit Picur dauerte meist etwas länger. Wenn einer der Beiden kam, konnte man den Hund nur schwer beruhigen. So groß war seine Freude. Die Kinder hatten keine Hausaufgaben aufbekommen, denn sie hatten die Zeugnisse bekommen und die Sommerferien hatten begonnen. Daher nahmen sie Picurs Leine und verabschiedeten sich von Vanessas Eltern.
„Wo geht ihr hin?“ fragte Vanessas Vater. Er wollte immer wissen, wo die Kinder hin gingen. Nicht um ihnen nachzuspionieren, sondern für den Fall, dass etwas passierte, mit dem man nicht gerechnet hatte. Dann wusste er, wo er die Beiden suchen konnte. Sorgen machte er sich nicht, solange Picur bei ihnen war. Sein Aussehen schreckte so manchen ab. Eine Leine brauchte Picur eigentlich auch nicht. Er blieb immer in der Nähe der beiden Mädchen. Auch wenn einmal ein Hund auf der andern Straßenseite fürchterlich anfing zu kläffen, blieb Picur ganz ruhig und sah sich den anderen Hund an. Wie oft haben die Mädchen gelacht, wenn so ein kläffender Hund sein Herrchen über die Straße zerrte, und der Besitzer versuchte den Hund zurückzuhalten und laut schrie: „Fuß – Fuß! Bleibst du hier du blöder Hund!“
„Wir gehen mit Picur zum Waldspielplatz und lassen ihn dort ein wenig toben. In 2 bis 3 Stunden sind wir wieder hier. Spätestens aber um sechs Uhr“, sagte Vanessa. „Isst du heute bei uns mit zu Abend, Mina?“, fragte Vanessas Mutter.
„Ja, gerne, dann kann ich etwas länger hier bleiben. Meine Eltern wissen, dass ich hier bin.“
„Aber ihr geht doch jetzt weg, hast du ihnen das gesagt?“, fragte Alex.
„Ja, sicher, meine Eltern wissen doch, dass Picur reichlich Bewegung braucht. Falls sie mich suchen, rufen sie hier an. Dann könnt ihr ihnen sagen, wo wir hin gegangen sind.“, sagte Mina.
Also ging es los. Der Waldspielplatz ist etwa drei Kilometer von dem Wohnort der Beiden weg, also ein schöner kleiner Spaziergang für den Hund. Der Spielplatz ist ein beliebter Treffpunkt für junge Leute und auch für Ältere. Der Spielplatz war aufgebaut wie eine Landschaft. Im Zentrum waren zwei große Hügel und auf jedem ein Turm. Zwischen den beiden Türmen war eine Seilbrücke gespannt, die bei den Kindern sehr beliebt war. Der Sandkasten war wie ein Fluss zwischen den beiden Hügeln eingebettet. Die Turn- und Spielgeräte waren wie eine Burg aufgebaut. Brücken, Tunnel und Stege verbanden die einzelnen Geräte. Von dem linken Hügel konnte man in einer langen Röhrenrutsche herunterrutschen. Vom rechten Hügel führte eine lange Seilbahn herab, die wirklich Abenteuer bot, denn sie war nicht nur sehr lang, sondern auch sehr schnell.
Aber das Schönste war die Hundewiese, auf der man die Hunde auslaufen lassen konnte. Die Wiese war so groß, dass die Hunde sich aus dem Weg gehen konnten, wenn sie sich nicht mochten. Deshalb kam es selten zu Raufereien zwischen den Tieren. Es machte richtig Spaß, den verschiedenen Rassen beim Toben zuzusehen. Und auch Picur wusste schon wo es hinging, als die Drei die Richtung zum Wald einschlugen.
„Manchmal glaube ich, dass Hunde Lachen können.“, sagte Mina zu Vanessa. „Immer wenn wir hier lang gehen, meine ich, ein breites Grinsen auf Picurs Gesicht zu sehen.“
„Wie? Du siehst sein Gesicht?“ foppte Vanessa. „Ich sehe nur Haare. Aber ich bin mir auch sicher, er weiß wo es hingeht und sicherlich freut er sich.“
Heute war das Thema der Mädchen das Zeugnis. Beide hatten ein gutes Zeugnis bekommen. Zuerst waren die Noten das Thema. Wer war in dem Fach der Bessere und wer in dem Anderen. Der freundschaftliche Wettstreit zwischen den Beiden war ganz gesund, denn sie spornten sich dadurch gegenseitig zu bessern Leistungen an. Aber bald waren nicht mehr die Leistungen das Gesprächsthema.
„Mein Vater hat mir 50 € für mein Zeugnis gegeben. Mit dem, was ich mir erspart habe, habe ich über 100 €. Ich möchte mir davon neue Schuhe kaufen.“, sagte Vanessa.
„Meine Eltern überlegen noch, was sie mir geben sollen. Ich glaube, ich werde mit ihnen darüber reden. Geld ist das Beste für mich. Da kann ich mir holen, was ich möchte“ sagte Mina.
Vanessa war begeistert: „Dann können wir zusammen shoppen gehen. Wann hast du Lust?“
„Zum Shoppen? Eigentlich immer! Was hältst du davon, wenn wir gleich morgen nach Kiel fahren. Es ist doch Wochenende und wir haben noch nichts vor. Ich habe auch Erspartes, und ein paar Kleinigkeiten kann ich auch gebrauchen.“.
„Super Idee! Wir sprechen das gleich mit unseren Eltern ab. Vielleicht kannst du bei uns übernachten.“
Mina nahm Ihr Handy zur Hand, tippte eine Zahlenkombination und hob das Telefon ans Ohr. „Eigentlich doch eine gute Erfindung diese Dinger“, sagte sie zu Vanessa und dann: „Hallo Paps, Vanessa möchte morgen in die Stadt, Schuhe kaufen. Darf ich mit?“.
Nach einer kurzen Pause, in der Mina ihrem Vater zuhörte, sagte sie:
„Paps wir sind schon Zwölf! Wann dürfen wir denn das erste