Heinrich P. Schmitz

Beste Freunde


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standen Polizisten mit Funkgeräten und sicherten den Bahnübergang.

      „Jetzt wird die Sache spannend!“, sagte Mina. „Ob die da Sträflinge für die Arbeit einsetzen?“

      „Das macht man doch heute gar nicht mehr.“, erwiderte Vanessa. „Das ist bestimmt was anderes. Die Polizei sichert bestimmt nur das Gelände ab.“

      „Und dafür brauchen die so viele Leute, die dann nichts zu tun haben. Da ist sicher was anderes los.“

      „Wir gehen gleich an dem Polizisten dort vorbei. Den kannst du fragen. Dann wissen wir genau was passiert ist.“

      Die anderen Passagiere der Bahn schauten sich die Arbeiten an und gingen weiter zur Bushaltestelle. Die Mädchen blieben zuerst in der Nähe stehen und sahen eine Zeit lang zu. Sie versuchten herauszufinden, was für Arbeiten dort durchgeführt wurden. Aber sie konnten nicht erkennen, woran dort gearbeitet wurde. Also gingen sie ein paar Schritte weiter zu dem Polizisten, der den Bahnübergang auf dieser Seite absicherte.

      „Guten Tag!“, sagte Mina freundlich. „Was ist denn hier passiert?“

      Der Polizist war merklich ungehalten über diese Frage und das merkte man ihm auch an. Barsch antwortete er: „Das geht euch gar nichts an. Geht weiter! Neugierige Gören.“ Mina holte hörbar Luft. Eine so unfreundliche Antwort war sie nicht gewohnt. Sie hatte auch nicht erwartet, dass man sie so unhöflich behandelte.

       „Entschuldigen sie.“, beschwichtigte Vanessa in einem ruhigen Ton.

      „Wir wollten nicht neugierig sein. Aber selbst das wäre kein Grund so unhöflich zu sein. Man kann auch nett antworten. Wir haben doch nichts Böses getan.“

       Sofort merkte der Polizist, dass er falsch reagiert hatte und das war eigentlich auch so nicht seine Art. Er wurde gleich etwas ruhiger und dadurch zugänglicher:

      „Du hast Recht, es tut mir leid. Ihr habt das ja nicht getan. Ich finde so eine Tat unmöglich und ich bin noch von der Nachtschicht übrig. Das ganze hier geht mir auf die Nerven. Seid mir nicht böse. Beim nächsten Mal bin ich wieder freundlicher.“

      „Was für eine Tat? Hat hier jemand etwas zerstört?“ rutschte es Vanessa raus.

      Der Polizist ließ nun seinem Unmut freien Lauf und erzählte einfach was ihn störte. „Fünfzig Meter Signalkabel hat man geklaut. Fünfzig Meter! Die Weiche dort hinten funktioniert nicht mehr. Die Schranke kann nicht gesteuert werden. Der Zugbetrieb muss hier von Hand geregelt werden. Es funktioniert nur noch der Notbetrieb und die Personenzüge fallen mindestens bis Mittag aus. Menschen hätten zu Schaden kommen können. Und das nur für ein paar Euro, die man für den Kupferpreis bekommt. Da lohnt sich doch die ganze Arbeit nicht, die man hat, um das Buntmetall freizulegen. Und der Schaden geht in die Tausende. Seht euch mal an, wie viele Menschen hier arbeiten, nur weil sich ein paar Verbrecher um ein paar Euro bereichern wollen. Und wahrscheinlich wird ihnen nachher die Arbeit zu viel und sie schmeißen das Kabel einfach weg.“

      „Das stimmt.“, sagte Mina. „Da würde ich mich auch aufregen. Wer macht denn so was?“

      „Wenn wir das wüssten – aber leider kennen wir die Diebe noch nicht.“

       Dann krachte es in seinem Funkgerät und eine Stimme warnte vor einem Güterzug, der bald vorbeifahren würde. Der Polizist antwortete und sah die Mädchen an: „Wenn ihr rüber wollt, ist das jetzt der beste Zeitpunkt. In ein paar Minuten müssen wir den Bahnübergang sperren. Also los mit euch.“

      Sie verabschiedeten sich noch voneinander und die beiden Mädchen gingen auf die andere Seite des Bahnübergangs und dort weiter zur Bushaltestelle. Auf dem Weg an den Gleisen vorbei, schauten die Freundinnen noch den Arbeitern zu. Dann erreichten sie den Busbahnhof. Mit ihren Eltern waren sie schon oft dem Bus nach Kiel gefahren. Daher wussten sie an welcher Haltestelle sie warten mussten. Unter den Menschen die dort standen erkannten sie einige, die sie schon am Bahnsteig gesehen hatten. Der Bus kam pünktlich um halb Zehn und die Fahrt nach Kiel konnte endlich beginnen.

      Später im Bus sagte Mina zu Vanessa: „Das ist das erste Mal, dass ich direkt von einem Verbrechen betroffen bin.“

      „Du bist doch nicht betroffen?“

      „Doch, und du auch, wir konnten nicht mit dem Zug fahren, weil jemand das Kabel geklaut hat. Da sind wir doch beide betroffen, oder nicht?“

      „Wenn du das als betroffen empfindest? – Ich denke betroffen ist man, wenn der Schaden bei einem selber ist. Also wenn jemand bei euch oder bei uns einbricht, aber nicht bei der Bahn.“

      „Ich glaube, was mich stört, ist einfach der Gedanke, dass vielleicht jemand aus der Nachbarschaft oder sogar jemand den man gut kennt, so etwas tut. Da läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Ich werde jedenfalls die Augen aufhalten.“

      „Und dann?“, fragte Vanessa. „Bietest du der Polizei deine Mitarbeit an oder bringst du den Verbrecher selber zur Strecke?“

      „Nein, ich meine nur – ich werde aufpassen oder so – und wenn ich etwas Auffälliges sehe, melde ich das eben der Polizei.“

      „Sherlock Mina? Sollen wir dir ein paar Handschellen kaufen und uns auf Verbrecherjagt machen? Und Picur wird Polizeihund?“

      Mina schaute ärgerlich: „ Ich meine nur aufpassen und das solltest du auch.“

      Für Mina war das Gespräch beendet und Vanessa akzeptierte das. Schon bald waren die ersten Häuser der Stadt in Sicht. Und die Gedanken der Freundinnen wechselten vom Diebstahl am Bahnübergang zum Shoppen in der Einkaufszone. Schon bald hielt der Bus in der Nähe der Stadtmitte an. Von hier aus waren es nur noch ein paar Schritte, die sie bis zur Fußgängerzone zurücklegen mussten. Dort angekommen, blieben sie erst einmal stehen und sahen sich das Treiben auf der Straße an. Sie sahen die Menschen, die geschäftig hin und her liefen. Die Straße, die Geschäfte mit den bunt dekorierten Fenstern und die Dekorationen der Einkaufsstraße. Sie wählten ein Geschäft aus, welches das erste sein sollte, in das sie hinein gehen wollten.

      Jetzt ging der Einkaufsbummel los. Zuerst vorsichtig. Sie sahen in die Geschäfte hinein, um zu sehen was angeboten wird. Als sie merkten, dass man sie kaum beachtete und sie in Ruhe einkaufen konnten, gingen sie durch die Regale und sahen sich viele Dinge an. Auch solche, die sie eigentlich nicht kaufen wollten. Also wurde hier ein neues Halstuch gekauft und dort ein Anhänger für die Sporttasche. Natürlich auch eine Tüte voll Süßigkeiten, die sie unterwegs vernaschen konnten. Die Mittagspause machten sie in einem Café und tranken heiße Schokolade. Ganz wie die Erwachsenen und so fühlten sie sich auch.

      Auch der Nachmittag verging sehr schnell. Sie wollten ja Schuhe kaufen. In einem Schuhladen verbrachten sie fast anderthalb Stunden. Sie probierten gefühlt hundert paar Schuhe aus, die sie aus den Schachteln holen mussten. Noch schlimmer war, dass die Schuhe wieder eingepackt werden mussten. In einem anderen Laden verbrachten sie noch einmal mehr als eine Stunde. Aber der Einkauf war von Erfolg gekrönt. Beide hatten bekommen, was sie wollten, und sie hatten noch viele Kleinigkeiten gekauft, die man eigentlich nicht benötigt, die aber einfach schön sind.

      „Wenn wir uns beeilen, bekommen wir locker noch den Zug um 15:30 Uhr.“, sagte Vanessa. „Gehen wir zum Bahnhof?“

      „Denkst du die Züge fahren schon wieder?“

      „Der Polizist hat gesagt die Züge bis Mittag fallen aus. Jetzt ist später Nachmittag. Gehen wir zum Bahnhof. Die Bahn ist schneller und bequemer als der Bus, vor allem mit unseren Taschen. Wenn die Bahn noch nicht fährt, gehen wir zur Bushaltestelle, die ist auch nicht weit vom Bahnhof“

       „In Ordnung, hat mir Spaß gemacht, einmal alleine einkaufen zu gehen. Keiner hat gedrängelt, weil alles zu lange dauert. Keiner hat uns bei den Entscheidungen reingeredet. Das sollten wir öfter machen.“, meinte Mina.

      „Sicher, aber ich gehe auch gerne mit meinen Eltern einkaufen. Dann muss ich nicht selber bezahlen.“

      Beide lachten über Vanessas Bemerkung.

      Die Züge fuhren wieder. Ihr Zug stand schon abfahrbereit