abgesetzt werden (Ein Lektor für diese Einschübe wäre mir seinerzeit lieb gewesen).
So sind dann also diese Monologe des Königlichen Beamten entstanden als Zwiegespräch mit sich selbst und mit seinem Gegenüber. Damit wurde alle Dramatik ganz in seine eigenen Gedanken und Gefühle hineingelegt. Damit meine ich, der Gemeinde eine Möglichkeit geschaffen zu haben, den Weg eines langsam wachsenden Glaubens nachzuvollziehen - weg von der Hoffnung auf Wundergeschehen hin zu der Erkenntnis, daß Leben aus Gott anders und größer ist.
Die Beschwörungsformeln und die subtilen Erpressungsversuche, mit denen wir Gott oft genug zum Werkzeug unserer Wünsche und Lebenserwartungen machen möchten, sollen in der Gedankenwelt des Vaters ebenso stellvertretend vorkommen wie die Verzweiflung, die uns befällt, wenn wir hilflos dem Sterben zuschauen müssen. Aber wir können auch seine Erfahrungen mit Jesus miterleben, der ihm den Blick öffnet für ein neues Verständnis dessen, was Leben sein kann.
Beispiel 2: Johannes 20, 1 – 18 (gekürzt)
Am ersten Tag der Woche kommt Maria Magdalena früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus liebhatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus, und sie kamen zum Grab. Und Simon Petrus ging hinein in das Grab und sieht die Leinentücher liegen und das Schweißtuch, das auf Jesu Haupt gelegen hatte, nicht bei den Leinentüchern, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort. Da ging auch der andere Jünger hinein, der als Erster zum Grab gekommen war, und sah und glaubte. Da gingen die Jünger wieder zu den anderen zurück. Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Und sie wandte sie sich um sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir: Wo hast du ihn hingelegt? Dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Maria Magdalena geht und verkündigt den Jüngern: »Ich habe den Herrn gesehen«, und was er zu ihr gesagt habe.
Was Ostern geschehen ist, darüber läßt sich kein Beweis führen. Die Osterbotschaft hat ihren Grund allein in dem, was Menschen erlebt haben - an jenem dritten Tage nach dem Tod Jesu, aber auch später immer wieder. Sie haben erfahren, daß Jesus - daß Gott nicht am Ende ist. Sie haben an sich selbst erlebt, daß Neues geschehen kann - daß ihnen Freude und Hoffnung geschenkt wurden: Unerwartete Freude mitten in Trauer und Verzweiflung; überraschende Hoffnung auf Leben mitten in der Begegnung mit dem Tod.
Aber das kann man eigentlich gar nicht so allgemein sagen. Es würde blaß und nichtssagend bleiben. Nicht umsonst wird im Neuen Testament von Ostern erzählt: Geschichten von dem, was Menschen erlebt haben. Und nicht umsonst sind gerade diese Ostergeschichten des Neuen Testaments sehr unterschiedlich - ja, auch widersprüchlich: Weil eben verschiedene Menschen unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben - mit der Freude und mit der Hoffnung.
Ich möchte darum heute auch nicht über Ostern reden, sondern von Ostern erzählen - einfach nachempfinden, nacherzählen, was diese eine Frau, was Maria aus Magdala erlebt hat: Wie es für sie Ostern wurde. Vielleicht kann uns ihre Freude auch anstecken; vielleicht finden wir auch plötzlich eigene, ähnliche Erfahrungen von Freude und Hoffnung in unserem eigenen Leben, ganz anders und doch ebenso befreiend; denn Ostern geschieht - wie damals, so auch heute. - Hören wir also, was Maria aus Magdala widerfahren ist:
Sie war dabei gewesen, als ihr Meister gekreuzigt wurde.
Sie hatte ihn sterben sehen.
Sie wollte bei ihm bleiben.
Dann hatten sie ihn herabgenommen und in ein Grab gelegt
Da war sie zu den andern gegangen -
seinen Freunden, seinen Jüngern.
Sie hockten hinter verschlossenen Türen.
Keiner sagte etwas, jeder starrte vor sich hin.
Die ganze Nacht und den ganzen Tag
hatten sie so dagesessen, wie gelähmt.
Am Abend hielt Maria es nicht mehr aus.
Sie ging hinaus in die Dunkelheit.
Sie irrte durch die menschenleeren Gassen der Stadt.
Nun war sie wieder allein: So allein, wie früher einmal.
Und dann war es ihr,
als ob jene schreckliche große Traurigkeit
wieder in ihr Herz zurückkehrte:
Jene Krankheit,
unter der sie früher einmal so furchtbar gelitten hatte, bis -
ja, bis sie Jesus begegnet war.
So war das gewesen, damals:
Sie war sehr krank, und niemand konnte ihr helfen.
Sie war einfach traurig, tod-traurig.
Sie konnte nicht mehr arbeiten, mochte nicht mehr essen.
Sie lag nur auf dem Bett,
zusammengekrümmt und bewegungslos.
Und wenn jemand zu ihr sprach, ihr Mut machen wollte,
dann fing sie an zu schreien und zu weinen.
Es war, als ob etwas Fremdes von ihr Besitz ergriffen hätte,
damals. Sie war nicht mehr sie selbst.
Bis Jesus kam. Jemand hatte ihn geholt.
Er sah Maria an - lange, ernst und zugleich freundlich.
Und plötzlich fühlte sie: Er kennt mich.
Er kennt meine Traurigkeit; er versteht sie.
Da faßte sie Jesus bei der Hand, ganz sanft -
und es war, als zöge er all ihre Traurigkeit in sich hinein.
"Maria," sagte er leise und lächelte sie an.
Und da - da konnte sie auch wieder lächeln,
zum ersten Mal seit langem.
Die Traurigkeit war fort, vergangen wie ein böser Traum.
Da ist sie mit ihm gegangen, damals.
Aber jetzt - jetzt war es wieder so wie damals.
Sie wußte nicht, wohin sie ging in ihrer Traurigkeit.
Sie irrte umher, bis sie plötzlich vor dem Stadttor stand.
Der Wächter ließ sie hinaus.
Sie kam in den Garten, wo sie ihn begraben hatten.
Es war ein kleiner Park mit hohen Bäumen,
der an einer hohen Felswand endete,
in die man eine Höhle geschlagen hatte.
Dort hatten sie den toten Meister hineingelegt.
Sie hatten ihn bestattet, wie es die Sitte vorschrieb:
ganz in weiße Tücher gehüllt.
Und dann hatten sie den großen runden Stein davor gewälzt
und den Eingang verschlossen. Für immer.
Langsam ging Maria näher.
Sie wollte bei ihm sein, auch wenn er tot war -
so dicht wie möglich.
Da erkannte sie im ersten Morgendämmern
die dunkle Öffnung des Grabes.
Sie