Arik Steen

Serva I


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dass es nur ein Ziel gab. Es gab nur eine Möglichkeit und das war Gunnarsheim. Woanders konnte sie nicht hin.

      «Wie lange bin ich schon unterwegs?», fragte sie sich. Eine Weile war sie schon unterwegs. Vermutlich rund drei Stunden. Sie war weit genug weg. Ein Fußgänger würde sie nicht einholen. Niemals. Mit den Hunden war sie viermal so schnell wie ein Zweibeiner.

      Schlaf. Das war es, was Hedda jetzt brauchte. Und ihre Schlittenhunde ebenfalls. Sie hörten nicht auf zu laufen, aber ihr Schritt war deutlich langsamer geworden. Sie trotteten nur noch gemäßigt voran.

      «Halt!», befahl sie laut.

      Mio blieb unverzüglich stehen.

      «Bleibt!», sagte sie und rammte so gut wie es ging die Hirschgeweihe in den eisigen Boden. Es wäre eine Katastrophe, wenn die Hunde ohne sie weitergehen würden. Sie würde sterben. Das war klar. Alleine und zu Fuß unterwegs hatte sie keine Chance. Nicht die geringste.

      Nichts zu essen. Das war das Schlimmste. Noch hatte sie keinen Hunger, aber der würde kommen, das war der jungen Ragna klar. Tis und Row blieben stehen, aber sie rief die beiden Jagdhunde zu sich.

      Hedda hatte keine Zeit zu weinen auch wenn ihr ständig zum Heulen zumute war. Sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Sie fühlte sich einsam und alleine gelassen. Ein wenig Trost spendete ihr die Tatsache, dass die Hunde bei ihr waren. Die sie teilweise selbst aufgezogen hatte.

      Hedda nahm die Fälle vom Schlitten. Große, weiße Bärenfelle, die ihr sicherlich reichlich Schutz boten. Ohne die Felle würde sie vermutlich erfrieren. Sie nahm den Beutel, der auf dem Schlitten lag und schaute hinein. Gold- und Silbermünzen. Der Mani hatte den Sack auf den Schlitten geworfen. Aber was brachten ihr die Münzen? Hier draußen im ewigen Eis nichts.

      Sie grub sich eine Kuhle in den Schnee um vor dem Wind geschützt zu sein. Ein Fell legte sie dann auf den Boden, mit dem anderen wickelte sie sich ein. Die Hunde kamen allesamt näher. Dicht an dicht legten sich die Schlittenhunde zu ihr, um sie zu wärmen. Eine Prozedur, die sie über die Jahre gelernt hatten. Die Zweibeiner, die sich in Bärenfälle hüllten, waren verletzlich und schutzlos. Es war die Aufgabe der Hunde sie zu schützen. Nicht nur gegen Raubtiere, sondern auch gegen Sturm und Kälte.

      Erneut weinte Hedda. Die Bilder des Tages gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was war mit ihrem Vater? Vermutlich war er ebenfalls getötet worden. Genauso wie ihr Bruder. Sie würde es nie vergessen, wie dieser Mann ihm die Kehle aufgeschlitzt hatte. Vor ihrem inneren Auge sah sie das Blut und den entsetzten Ausdruck ihres Bruders. Vermutlich hatte er gar nicht so viel gelitten. Weil er es nicht kapiert hatte, was dort geschehen war. Oder war er sich im Angesicht des Todes seiner Hilflosigkeit bewusst? Es war mühselig sich darüber Gedanken zu machen. Aber vergessen konnte sie auch nicht. Und vor allem war sie alleine. Keiner nahm sie in den Arm. Keiner sprach beruhigende Worte.

      Sie schaute zum Himmel. Hier wurde es nie dunkel. Im ganzen Jahr nicht. Sie hatte noch nie eine Nacht gesehen und im Grunde wollte sie das auch nicht. Keine Wolke war am Himmel. Und das war auch gut so. Aber das konnte sich ändern. Sehr schnell sogar. Und dann war sie den Naturgewalten ausgeliefert.

      Hedda kuschelte sich in ihre Schneekuhle. Dicht drängten sich drei ihrer Hunde an sie und spendeten ein wenig Wärme. Langsam aber sicher weinte sie sich in den Schlaf …

      10

       Königspalast der Nehataner,

       Gemächer der Königin

      Atlacoya war ein gewalttätiger und unbarmherziger König. Jeder kannte seine grausame und brutale Art. Jeder wusste, wie gnadenlos er gegen seine Feinde vorging. Ein Mann, der sich nahm, was er wollte. Doch so mächtig er auch war, so sehr liebte er seine Frau. Die stolzeste Frau des Landes mit dem schönen Namen Shada. Während der vielen Jahre an der Seite des Königs hatte sie eine gewisse Härte erlernt. Als die Frau des Königs musste sie gegenüber Untertanen streng und unnachgiebig sein. Dennoch wurde sie von allen geliebt. Von niemanden jedoch so sehr wie von ihrem Mann.

      Atlacoya strich seiner Frau eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte sie an. Vermutlich war sie der einzige Mensch, der überhaupt ein Lächeln von ihm geschenkt bekam: «Ich habe etwas für dich!»

      «Was?», fragte sie.

      «Eine Sklavin! Eine wunderschöne Sklavin!»

      «Wo ist sie?», fragte Shada.

      «Sie wartet draußen!», sagte Atlacoya und klatschte dann in die Hände.

      Eine junge Frau kam herein. Splitterfasernackt. Sie hatte helle Haut. Shada vermutete, dass sie eine Mani war. Eine manische Sklavin zu haben, dass hatte sie sich immer gewünscht.

      «Sie ist schön!», meinte die Königin und stand auf. Langsam ging sie auf die Sklavin zu. Schaute sie von oben bis unten an. Weiche, helle Haut, einen großen Busen mit rosa Nippeln, blondes Haar und weiche Gesichtszüge. Shada strich über die Haut der Mani: «Wo hast du sie her?»

      «Händler haben sie mitgebracht!», meinte Atlacoya: «Gefällt sie dir?»

      «Oh ja ... sie ist wunderschön!», Shada nickte: «Meine Freundinnen werden mich darum beneiden!»

      Mit gesenktem Blick stand die Mani da. Sie hieß Rebecca und kam aus dem Osten von Manis. Vor gut einem halben Jahr war sie mit Händlern in den Süden aufgebrochen. Das Abenteuer hatte sie gelockt und die fernen Länder gereizt. Niemals hätte sie erwartet nun eine Sklavin der Königin zu werden. Doch die Händler hatten schnell ihren Wert erkannt. Aus der Reisenden wurde eine Ware.

      «Komm her!», sagte der König.

      Rebecca gehorchte. Langsam ging sie auf den König zu.

      «Halt!», befahl er.

      Sie blieb stehen.

      Der König betätigte einen Hebel. Ein aufwendiger Mechanismus wurde in Gang gesetzt und zwei Ketten kamen von der Decke. Daran waren jeweils zwei Handgelenksfesseln befestigt. Er nahm ihre zarten hellhäutigen Hände und legte ihr die Fesseln an. Dann setzte er den Mechanismus wieder in Gang. Durch eine Umlaufrolle wurden ihre Hände nun nach oben gezogen.

      Rebecca zitterte. Sie wusste, dass sie dem König ausgeliefert war und sie fand das gar nicht so schlecht. So erschreckend das klang. Sie war eine Sklavin. Aber sie war nicht irgendeine Sklavin, sondern die des Königs aller Nehataner. Die Freiheit war das wichtigste Gut, dass ein Mani sich bewahren konnte. Das war das eiserne Gesetz ihres Landes. Aber sie hatte genug gehabt von der Sittlichkeit und Tugend. Von den falschen Lehren. Sie hatte von den Nehatanern gehört. Von ihren Regeln. Die alleine der König machte. Hier war alles gnadenlos. Aber hier versteckte sich keiner hinter einer Fassade aus Moral und Anstand.

      Rebecca zuckte zusammen, als sie plötzlich an ihrem Körper die Hände der Königin spürte. Sie wagte nicht auch nur ein Wort zu sagen. Ihre Atmung ging schwer. Die Finger der Königin strich von hinten über ihren Po und wanderten dann nach vorne zum Bauch, dann weiter hinauf bis zu den Brüsten: «Hast du sie schon gefickt?» Die Stimme der Königin hörte sich erregt an.

      Der König schüttelte den Kopf: «Nein!»

      «Sie ist so weich und so zart!», erwiderte die Königin. Langsam strich sie über die Brüste, fuhr über die Nippel.

      «Meine Königin, ich ...», wollte Rebecca sagen. Aber sie wurde unterbrochen. Von der Königin persönlich: «Sei still, Sklavin. Oder willst du, dass ich dich kneble?» Grob packte sie die blonden Haare und zog den Kopf nach hinten.

      Die Königin lockerte den Griff in den Haaren etwas, ließ aber nicht los. Langsam ging sie um sie herum und küsste die blonde Mani auf den Mund. Erst zaghaft erwiderte die hellhäutige Sklavin den Kuss. Sie wollte brav sein, wollte gehorchen. Und langsam wurde die Erwiderung ihrerseits intensiver.

      Die Königin ließ von ihr ab: «Du willst sie ficken, oder?»

      Atlacoya nickte: «Sicher! Aber sie ist deine Sklavin!»

      «Ja, das ist sie!», meinte Shada. Erneut berührte sie die manische Frau. Dieses Mal forscher und aggressiver. Ihre