P.C. Friedrich

Skratschko & Patsch


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schniefte und wischte sich eine Träne aus dem Auge. „Es war im dreizehnten Jahr meines unermüdlichen Minnedienstes. Dreizehn Jahre, in denen ich ihr Herz bestürmt und in denen sie mit sich und ihrem Professor Grünkloß gegebenen Versprechen gerungen hatte. Ich hatte gerade Johnny, den Maurer, in seinem selbstgemauerten Gefängnis hinter Schloss und Riegel gebracht und eilte nun zu Stolzinea, um ihr – wie es sich nach jedem erfolgreichen Kampfe geziemt – einen Beweis meines Sieges gegen das Böse zu überbringen. So wie es die Regeln des Minnedienstes erfordern. Da ich keine andere Trophäe mein Eigen nennen konnte, überreichte ich ihr das Seidentaschentuch des elenden Johnny. In ihrem schlichten, weißen Kleid mit einem zierlichen goldenen Gürtel um ihre wespengleiche Taille sah sie aus wie eine von Michelangelo gemalte Madonna. Lange geruhte sie das Taschentuch zu betrachten, dann schüttelte sie ihr wallendes, goldenes Haar, das rauschte wie ein klarer Wasserfall in den höchsten Bergeshöhen. Mit einem Schluchzen vergrub sie ihr Gesicht in dem Taschentuch und unter Tränen eröffnete sie mir schließlich ihr Geheimnis: Ihre ohne Schmach und Schande nicht mehr aufzulösende Verlobung mit Professor Grünkloß. Auch wenn ich wie betäubt war von diesem, nur eines wahren Heroen würdigen Schicksalsschlag, so zog ich mich als unübertrefflicher Ehrenmann sofort zurück, wohl wissend, wir würden uns nie wieder sehen dürfen.“

      (Der überforderte Leser wird hier um absolute Aufmerksamkeit gebeten. Das so belanglos erscheinende Taschentuch sollte er sich merken. Es wird später ein entscheidender Schlüssel zum Verständnis der damaligen Geschehnisse.)

      „Bevor ich die Tür ihres Gemaches zu erreichen vermochte“, fuhr Skratschko nach einer Weile, in der er mit seinen Tränen gekämpft hatte, fort, „entwich ihren rosenroten Lippen noch einmal mein holder Name. ‚Skratschko’, sagte sie zu mir, ‚nimm zum Abschied und als Beweis meiner vergeblichen Liebe dieses Kleinod von mir und trag es auf deinem Herzen.’ Sie reichte mir ihren Lieblingsfeldstein, den sie sonst hütete wie ihren Augapfel. Überwältigt von dieser Geste, die ich als ihr bescheidener Diener nie zu erhoffen gewagt hätte, fiel ich auf die Knie, küsste den seligen Saum ihres Kleides, nahm demutsvoll den Feldstein entgegen, erhob mich gesenkten Hauptes und entfloh ihren Gemächern, da ich nicht mehr Herr all meiner ritterlichen wie unritterlichen Gefühle war.“

      Skratschko legte den Rücken der rechten Hand anmutig auf seine Stirn, schloss die Augen und gab einen beängstigend schmerzvollen Seufzer von sich.

      Verunsichert schaute ich fragend zu Patsch, doch der schien gar nicht zugehört zu haben. Mit hinter dem Kopf verschränkten Händen lag dieser vor mir auf der Wiese und kaute verträumt auf seinem Grashalm herum. Vorsichtig stieß ich ihn mit dem Fuß an und nickte unauffällig zu Skratschko.

      Patsch richtete seinen Oberkörper auf und spuckte aus dem Mundwinkel. „Da iss nischt zu machen. Wenn er seinen Sentimentalen hat, iss er wie wegjetreten.“ Zum Beweis stand er auf und fuchtelte mit der Hand vor Skratschkos geschlossenen Augen herum. „Wir sollten diesen Moment der Ruhe jenießen, Kleener“, sagte Patsch und stand auf. Er schnappte sich einen Eimer voll Fingernageldreck, den er wohl schon am frühen Morgen zusammengekratzt hatte, um damit in der Mitte der Lichtung an seiner fünften oder sechsten Sandburg weiterzubauen.

      Gänzlich weggetreten war Skratschko jedoch nicht, denn bevor ich mich ratlos hinsetzen konnte, senkte er plötzlich seinen Arm, räusperte sich und sprach mit belegter Stimme zu mir: „Es schmerzt mich, dass mein kleiner Freund, dem ich so viel Vertrauen entgegen brachte, mir keinen Glauben schenkt. Leugne es nicht, so etwas spüre ich.“

      Betreten schaute ich zu Boden. In der Ferne hörte ich das Keckern eines Spechtes und es klang mir wie ein höhnischer Vorwurf in den Ohren. Ja, der weise Skratschko hatte auf den Grund meiner Seele geschaut, wo ich gemeint hatte, einen leisen Zweifel an seiner Geschichte verbergen zu können. Ich gebe es reumütig zu, die Sache mit dem Feldstein kam mir befremdlich und irritierend vor. Ich kann es nur damit entschuldigen, dass es mir damals noch nicht vergönnt gewesen war, einen Blick in die tiefen und dunklen Geheimnisse der Liebe zu werfen. Vor Skratschko jedoch blieb kein Geheimnis verborgen. Ohne, dass ich ein Wort gesagt hätte, wusste er auch exakt, an welchem Punkt sich das Gift des Zweifels in meinen Geist geschlichen hatte.

      Mit Tränen bitterster Enttäuschung in den Augen schrie er plötzlich: „Hier! Sieh Er selbst, du ungläubiger Thomas!“ Mit einer gewaltigen Anstrengung bog er die Ritterrüstung über seiner linken Brust nach unten, bis mir genügend Einblick ermöglicht wurde.

      Ich erbleichte. Was ich bisher für einen Buckel auf der Brustseite, für eine Missgestalt seines Körpers gehalten hatte, war ein fußballgroßer Feldstein. Ein unregelmäßig geformter Feldstein, dessen Erhebungen und Vertiefungen so vollkommen poliert waren, dass das nicht enden wollende Muster der Maserung ein Sinnbild der tiefsten und reinsten Liebe war. Verzückt von diesem Antlitz und gleichzeitig beschämt über mein unzureichendes Vertrauen zu dieser alles überragenden Persönlichkeit, sank ich unwillkürlich auf die Knie.

      Patsch, dem wirklich nichts heilig war und der die Szene wohl beobachtet hatte, rief herüber: „Nu übertreib mal nich, Kleener. Der olle Skratschko iss schon einjebildet jenug. Iss doch jetzt schon so’n einjebildeter Gecko.“

      Skratschko dagegen in seiner unermesslichen Güte sagte kurz und völlig unprätentiös zu mir: „Es sei Ihm verziehen. Schließlich ist er nur ein Menschling.“

      So schlicht verzieh Skratschko die schlimmsten Verfehlungen und reichte einem die Hand. Mit keinem Wort erwähnte er jemals wieder diese für mich so schmähliche Szene.

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