Ole R. Börgdahl

Faro


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richtig«, lobte Michael ihn.

      »Jawohl, Herr Obermaat.«

      »Sie sehen, der Tauchretter bläst sich jetzt auch auf, schließlich soll er ja wie eine Rettungsweste funktionieren und sie an die Wasseroberfläche ziehen. Sie können mit dem Tauchretter also unter Wasser atmen und werden gleichzeitig wieder an die Luft befördert. Das werden wir dort drüben gleich einmal ausprobieren.« Michael zeigte auf den Tauchtopf, aus dem bereits die Männer der ersten Gruppe triefendnass herausstiegen. »Soweit alles verstanden, Matrose?«

      »Jawohl, Herr Obermaat.« Kehl folgte Michaels Blick hinüber zum Tauchtopf. »Ist das da geheizt?«

      Michael sah Kehl an und zögerte, bevor er antwortete. »Natürlich, wurde mit Atlantikwasser geheizt.« Er wandte sich ab und suchte den Blick des Obersteuermanns, der gerade die nächste Gruppe hinauf zum Einstieg des Tauchtopfes schicken wollte. Dann sah er wieder zu Kehl. »Wir werden die Übung jetzt gemeinsam absolvieren, und zwar sofort.«

      Michael legte sich ebenfalls einen Tauchretter um, setzte sich die Klammer auf die Nase, prüfte das Mundstück und drehte das Ventil der Sauerstoffflasche auf. Er ließ Kehl vorangehen. Oben auf der Plattform wurde ihnen beim Einstieg in den Tauchtopf geholfen. Innen hielten sie sich am Rand fest. Michael zeigte auf eine Schiene, die in die Tiefe des Beckens führte.

      »Das geht hier nur vierzehn Meter runter. Wir halten uns an dem Gewicht dort fest und werden dann nach unten gezogen. Wenn wir unten sind, lassen Sie erst los, nachdem ich Ihnen auf die Schulter geklopft habe. Sie sollen lernen, durch das Mundstück zu atmen. Wenn Ihnen allerdings schlecht wird, dann lassen Sie sofort los. Verstanden Matrose?«

      »Jawohl, Herr Obermaat!«, näselte Kehl zitternd.

      »Dann noch eins, das Wichtigste. Wenn wir zusammen aufsteigen, dann bleiben Sie immer bei mir. Wir werden versuchen, langsam aufzusteigen, um es zu üben. Bei vierzehn Metern ist es nicht ganz so schlimm, aber wenn man aus einer noch größeren Tiefe aufsteigt, dehnt sich die Luft in der Lunge sehr stark aus, je höher man kommt. Das ist wegen des Wasserdrucks, der abnimmt, je höher man kommt. Auf jeden Fall nie überhastet aufsteigen, niemals, das ist das Wichtigste, woran Sie denken sollten. Haben Sie das auch verstanden, Matrose?«

      »Jawohl, Herr Obermaat, langsam aufsteigen.«

      »Dann sollten Sie auch beim Atmen auf etwas achten. Während des Aufstiegs immer flach einatmen, aber tief ausatmen. Können Sie das? Machen Sie mal, flach einatmen, tief ausatmen.«

      Kehl versuchte es. Er brauchte ein paar Atemzüge, dann hatte er es raus.

      »Gut, noch drei-, viermal«, forderte Michael den Matrosen auf. »Flach einatmen, ja richtig und jetzt wieder tief ausatmen, sehr gut.«

      Kehl nickte, musste dann husten und nahm das Mundstück wieder heraus.

      Michael wartete, bis Kehl den Husten überwunden hatte. »Sind Sie bereit?«

      »Jawohl, Herr Obermaat.«

      Sie setzen beide das Mundstück ein, überprüften ihre Nasenklammern und griffen den Bügel des Fallgewichts. Michael wartete noch ein paar Sekunden, dann gab er dem Bedienpersonal Zeichen und das Gewicht wurde gelöst. Die Männer glitten in die Tiefe. Matrose Kehl hatte keine Schwierigkeiten durch das Atemgerät Luft zu holen. Sie blieben zwei Minuten am Grunde des Tauchtopfs. Michael stieß Kehl an, sie drückten sich vom Grund ab, hielten sich beim Aufstieg immer wieder an der Laufschiene des Gegengewichtsschlittens fest, bis sie wieder die Oberfläche erreicht hatten. Michael nahm das Mundstück heraus. Er wischte sich mit der Hand über den Mund.

      »Wir machen es gleich noch einmal. Wenn es nach oben geht, versuchen Sie mit den Händen dagegen zu rudern, um den Aufstieg zu verlangsamen. Drücken Sie jetzt auch ein bisschen Gas aus dem Atemsack, verstanden?«

      Kehl nickte heftig. Er presste mit einem Arm gegen den Tauchretter. Michael zeigte auf das Ventil und öffnete es. Blasen stiegen auf, als Kehl wieder gegen den Atemsack drückte.

      »Gut so, Matrose.«

      Das Gegengewicht war inzwischen wieder nach oben gezogen worden. Die Männer hielten sich am Schlitten fest, Michael gab Zeichen und sie glitten ein zweites Mal nach unten. Nach einer Minute stießen sie sich wieder vom Grund ab. Kehl ruderte so heftig mit den Armen, dass er anfangs hinter Michael zurückblieb. Sie erreichten dann aber gemeinsam die Oberfläche.

      »Das war gut, je langsamer Sie aufsteigen, umso besser. Lassen Sie das Mundstück stecken, wir machen noch einen letzten Durchgang.«

      Kehl nickte. Der Schlitten kam an die Oberfläche, die Männer hielten sich an den Griffen fest und wurden sofort nach unten gezogen. Auch beim dritten Aufstieg verhielt sich Kehl weiterhin ruhig. Als man ihnen aus dem Tauchtopf half, wartete schon die nächste Gruppe.

      Michael nickte anerkennend. »Haben sich gut gehalten, Matrose.«

      Kehl hatte endlich das Mundstück herausgenommen. »Danke, Herr Obermaat.« Er begann zu zittern. »Scheiße, jetzt wird’s aber langsam kalt.«

      *

      Im Kéroman II hatte die Flottillenverwaltung einige Schreibstuben, die von den U-Boot-Kommandanten als Büros genutzt wurden. Kaleun Sieber teilte sich einen Raum mit Kapitänleutnant Carl Emmermann, dem Kommandanten von U-172. Emmermann war seit gestern auf Heimaturlaub. Michael klopfte an die schmale Holztür und trat unaufgefordert ein. Sieber blickte vom Schreibtisch auf.

      Michael nahm Haltung an. »Ober-Mechaniker-Maat Stromm meldet sich wie befohlen beim Kommandanten.«

      »Lassen Sie mal sein, Stromm«, wehrte Sieber ab. »Nehmen Sie Platz. Zigarette?« Sieber zögerte, »oder lieber einen Cognac?«

      Michael überlegte nicht lange. »Cognac bitte, Herr Kaleun.«

      Sieber bückte sich und holte aus der untersten Schublade des Schreibtischs eine in Stroh eingewickelte Flasche hervor. »Die habe ich von Emmermann, der weiß immer, wo man die besten Sachen bekommt. Hat er mir als nachträgliches Weihnachtsgeschenk vermacht. Ich hatte allerdings nichts für ihn, aber ich will wohl meinen, dass sich Emmermann schon selbst reichlich beschenkt hat. U-172 hat nämlich siebenundsechzigtausend Tonnen Schiffsraum auf Grund gesetzt, stolze Leistung, was?«

      »Jawohl, Herr Kaleun. Und was hat er dafür eingesetzt, ich meine, wie haben die Torpedos getroffen, wie zuverlässig war das Material?«

      Sieber lächelte, stand von seinem Stuhl auf und ging zu einem der Schränke im Raum. »Moment Mal, der Emmermann hatte doch ein paar anständige Gläser in seinem Spint.«

      Er öffnete eine Schranktür, nahm zwei Cognacschwenker und ein geheftetes Bündel Papiere heraus. Er kam zum Schreibtisch zurück, legte die Papiere vor Michael hin und stellte eines der Gläser darauf. Während Sieber einschenkte, hatte Michael schon erkannt, worum es sich handelte. Es war die Abschrift der letzten Kriegstagebucheintragungen von U-172. Auf der ersten Seite gab es eine Zusammenfassung. Statistiken über die ausgegebene Verpflegung, die verschossenen Granaten, die verbrauchte Treibölmenge und über einiges mehr. Die Torpedowaffe war in einer separaten Tabelle aufgeführt. U-172 war mit nur achtzehn Torpedos ausgelaufen und wurde während der Unternehmung mit sieben weiteren Torpedos nachversorgt.

      »Das ist doch ganz anständig«, kommentierte Michael, nachdem er die Zahlen überflogen hatte.

      »Das haben Sie natürlich nicht gesehen, Stromm.« Sieber reichte Michael einen Aktendeckel herüber. »Legen Sie das mal darauf, wollen ja nicht, dass es Flecken gibt.«

      Michael deckte die Papiere ab und nahm einen Schluck Cognac. Sieber prostete ihm schweigend zu und nippte ebenfalls an seinem Glas.

      »Ich muss noch ein Versprechen einlösen, Stromm. Sie wissen schon was ich meine.«

      Michael schwieg.

      »Ich bin davon überzeugt, dass es Leute gibt, die ihre Arbeit gut machen, sehr gut sogar, und die sie immer sehr gut machen werden und denen man keinen Gefallen tut, wenn man sie nach oben bringt, also in der Hierarchie. Bei Ihnen ist das anders, Stromm, Sie würden Ihre Chance nutzen und Sie hätten es