Oliver Geischberg

Die Insurgenten. Die Montbazon.


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      Oliver Geischberg

      Die Insurgenten. Die Montbazon.

      Roman.

      Epubli.de

      Impressum Copyright: © 2015 Oliver Geischberg Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de ISBN 978-3-7375-5353-7

      Erstes Kapitel

      Als sie und ich noch in der Welt waren, war sie ja verfallen. Sie hatte ihre Wirkung entdeckt, und sie weidete sich an ihr. Ich sah sie auch, und verfiel ihr auch. Die Obsession und die Geschlechtsliebe erfüllten sie ja, sie sah nicht nach innen, nicht tief.

      Sie war ja vom Herzog von Rohan erblickt worden, so dass sie aus dem Kloster, in dem man sie erzogen hatte, genommen wurde. Die Obsession überfiel sie dann… Bald aber kam sie aus der Obhut in die Welt, wo sie der Begierlichkeit und Entblößung verfiel. Sie lockte ja den Herzog von Longueville, und besaß ihn. Sie war der Sehnsucht nach Größe ergeben. Er nächtigte immer bei ihr. Die Geschlechterliebe erfüllte sie, das Vergängliche war ihr das Höchste. Sie lebte ihm völlig, der Geltung und dem Ansehen ergeben.

      Er war beständig auf ihrem Lager.

      „Weis alle ab!“, sagte sie.

      „Ich will Dich doch!“, sagte er.

      „Weis’ alle ab!“, sagte sie.

      „Deine Liebe ist doch eine Stärke für mich.“

      „Liebe doch nur mich!“, sagte sie, mit der Idee, ihn zu beseligen.

      „Schatz, aber eine andere Liebe winkt…“

      „Sieh mich doch“, sagte sie, „leuchte ich denn nicht heller als all’ die anderen?“

      „Schatz, die Charlotte-Marguerite de Montmorency will mich doch für ihre Tochter. Sie ist die Erbin der Condés.“

      „Weis’ alle ab, bin ich denn nicht die Strahlendste unter den Frauen bei Hofe?“

      „Schatz, meine Familie war doch immer schon unter den Prinzen des Blutes. Wir bekamen den Titel… Wenn Anne-Marguerite de Montmorency mir ihre Tochter jetzt gibt, bin ich in der Thronfolge der Spitze näher.“

      „Schweig, sprich jetzt nicht mehr davon, ich will es nicht mehr hören!“

      „Madame, soll ich nicht auch an meine Dignität denken…?“

      „Ach!, umarme mich doch!“

      Für sie ist es jetzt eine Drohung. Sie will jetzt den Abfall des Herzogs von Longueville von ihrer Liebe verhindern.

      „Aber heute ist doch heute! Wir sollen doch heute leben! Siehe, wir sind jetzt im Bett und wir bleiben doch im Bett, wir drängen uns aneinander…“

      „Was magst Du denn so an mir? Gefällt Dir meine Würde…“

      Sie unterbricht ihn, drängt ihn, sie zu hören.

      Eros war ja so eine Gewalt für sie. Es trieb sie fort.

      „Ja, warum willst du denn auf meine Seligkeit verzichten?“

      „Es gibt viele, die mich heiraten wollen, wegen des Titels…“

      Ihr Blut wallt auf, da ihr Wille missachtet wird. So ist ihr Wesen, immer.

      „Dann will ich dich nicht mehr!“

      Sie wollte aber auch seine Ehren… Sie hätte aber auch den Titel der Prinzessin des Blutes gewünscht.

      Ihre Verworfenheit kam dann noch stärker hoch. Ich lebte ja damals auch in der Verworfenheit, noch bevor ich mit ihr war.

      „Es ist eine Verleumdung, die ich nicht dulden werde! Sei Dir im Klaren, wen Du heiratest!“

      „Schatz, versuche nicht, mich zu demütigen!“

      „Schatz, es ist eine Frage des Respekts vor der, die dich liebt, die dir folgt…“

      Sie sieht es als Demütigung. Es ist für sie schwer. In ihrer Erregtheit will sie es hintertreiben. Sie besucht die Prinzessin Antoinette von Luynes, Hofdame des Königs Ludwig XIII. und der Königin Anna von Österreich. In ihrem Überschwang will sie überzeugen. Sie zweifelt nicht, dass die Hofdame, in der Nähe der Königin, ihren Willen ausführt. Es liegt in ihrem Wesen, daran nicht zu zweifeln.

      „Hören Sie, ich bin verleumdet. Ich bin erniedrigt. Es soll eine Verhexung, Dämonie stattfinden… Man will mir meinen Geliebten nehmen…“

      „Wer ist es?“

      „Anne de Bourbon-Condé. Diese Frau ist geisterhaft, spirituell, nicht existent, wie ein Lufthauch“.

      „Sie gehört zu einer großen Familie.“

      „In ihr ist kein Leben!“

      „Ich sah ihre hohe Weisheit und Schönheit.“

      „Ich bin das Leben!“

      „In jeder Schönheit ist doch das Leben!“

      „Fleisch ist doch das Leben!“

      „Sie ist eine Prinzessin königlichen Geblüts.“

      „Sie liest Poeme - man betet sie dafür an - sie steht doch in Apathie und Phantasie - wie soll sie die Kraft des Begehrens kennen? Ihre Seele gibt keinen Drang - sie lebt in eitlen Träumen.“

      „Das Blut, das in ihr fließt, ist das einer großen Dynastie.“

      „Ich bin an die Kraft des Lebens gewöhnt.“

      „Sie ist eine Prinzessin, die mit großer Kraft in das Leben hineinwächst und es beherrschen wird.“

      „Ich bin an die Gewalt des Eros gewöhnt.“

      Die Erquickung in einer Stille fühlt sie nicht. Ich fühlte sie damals auch nicht.

      „Es ist nur Schein, dass er sie liebt.“

      „Wie blendend ist ihre Schönheit!“

      „Es ist grausam, wenn das Fleisch vergeht.“

      Das ist ihre Furcht hinter ihrem Glanz.

      „Welche Angst, wenn das Fleisch vergeht!“

      „Die Königin liebt auch, aber stille.“

      „Hören Sie… ich benötige eine schlechte Meinung der Königin über Anne de Bourbon. Sehen Sie doch ihre Nichtswürdigkeit! Sie darf nicht nahe der Macht bleiben.“

      Es ist zu viel wesenloser, unwahrer Wunsch in ihrem Gemüt.

      „Sehen Sie nur zu, dass Sie die Wahrheit, Wesen sehen.“

      „Majestät muss wissen, dass sie zu müßig ist.“

      „Aber die Majestät liebt das Maß!“

      „Wer lebt denn vom Wesenlosen?“

      Die Erbauung von Bildern, Muße fühlt sie nicht.

      „Dann finden Sie Maß!“

      „Sie verlangen von mir, dass ich einer leidenschaftlichen Liebe fliehe?“

      „Die Prinzessin Condé kann vielleicht Fügung, Stille geben!“

      „Sie töten mich! Das Miteinander mit Heinrich ist doch mein Leben!“

      Nur eine erschütternde Bewegung fühlt sie.

      „Dann würde ich mich töten! Ich habe auch ein Interesse - ich habe das Interesse, dass Majestät mich wertschätzt! Sie wissen, wie gefährlich es ist, zu widersprechen. Die Königin begehrt in ihrer Nähe Fromme, die hören können, fühlen!“

      „Weigern Sie sich nicht!“

      „Dann hassen mich die Condés! Ich kann die Begier der Königin nicht zurückweisen, andere können, wollen ihr eher willfahren!“

      Da war aber auch Anne-Genevieve de Bourbon-Condé, brillant und hochedel. Sie war die Tochter des Fürsten von Condé, Henri II., und Charlotte de Montmorency, im dreiundzwanzigsten Jahr. Sie war gebildet und angesehen. Sie musste heiraten, und der Fürst suchte einen Partner