soviel ich will, er läuft gleich hin und macht sie wieder rot.‹ – ›Scheure du die rote Farbe nur noch einmal ab,‹ sagte der Bauer, ›dann will ich sehen, wie er das anstellt.‹
Kaum waren dem Ziegenbock die Hörner gescheuert, als er schleunigst in den Wald lief. Der Bauer folgte ihm, und als er den Bock einholte, stand der und rieb die Hörner gegen ein paar Steine, die rot waren. Der Bauer nahm die Steine in die Hand und roch daran. Er glaubte bestimmt, daß das, was er gefunden hatte, Erz sei.
Wie er noch dastand und in Gedanken versunken war, kam ein Felsblock dicht neben ihm den Abhang hinabgerollt. Der Bauer sprang zur Seite und rettete sein Leben, der Ziegenbock Kåre aber geriet unter den Felsblock und wurde getötet. Als der Bauer den Abhang hinaufsah, erblickte er ein großes, starkes Riesenweib, das im Begriff war, noch einen Felsblock auf ihn herabzuwälzen, ›Was fällt dir ein!‹ rief der Bauer. ›Ich habe weder dir noch deiner Sippe je ein Leid getan.‹ – ›Nein, das weiß ich wohl,‹ erwiderte das Riesenweib. ›Aber ich muß dich totschlagen, weil du meinen Kupferberg entdeckt hast.‹ Diese Worte sagte sie mit trauriger Stimme, als wenn sie ihn sehr gegen ihren Willen töten müsse, und das machte dem Bauer Mut, sich in eine Unterhaltung mit ihr einzulassen. Dann erzählte sie ihm von dem alten Riesen und dem Versprechen, das sie gegeben, und von der Schwester, die das Bruderteil bekommen hatte. ›Ich habe es so herzlich satt, alle diese armen, unglücklichen Menschen zu töten, die meinen Kupferberg entdecken,‹ sagte sie, ›daß ich wollte, ich hätte die Erbschaft niemals angetreten. Aber was ich versprochen habe, muß ich halten!‹ Und dann begann sie wieder, einen Felsblock loszubrechen. ›Übereile dich nicht,‹ sagte der Bauer, ›Du brauchst mich um des Versprechens willen nicht zu töten. Ich habe ja das Kupfer nicht gefunden, sondern der Ziegenbock, und den hast du schon totgeschlagen.‹ – ›Glaubst du, daß ich mich damit begnügen kann?‹ fragte das Riesenweib ein wenig unschlüssig. – ›Ja, das glaube ich ganz bestimmt!‹ antwortete der Bauer. ›Du hast dein Versprechen so treu gehalten, wie es nur irgend jemand verlangen kann.‹ Und er sprach so vernünftig mit ihr, daß sie ihn am Leben ließ.
Der Bauer zog nun zu allererst mit den Kühen heim. Dann ging er in das Bergdistrikt hinab und mietete Knechte, die sich auf Bergwerksarbeit verstanden. Die halfen ihm, an der Stelle, wo der Ziegenbock sein Leben gelassen hatte, eine Grube brechen. Anfangs fürchtete er, totgeschlagen zu werden, aber das Riesenweib hatte es offenbar satt, ihren Kupferberg zu bewachen. Sie fügte ihm nie ein Leid zu.
Die Erzader, die der Bauer entdeckt hatte, reichte ganz bis an die Oberfläche des Berges, so daß es weder mühselig noch schwer war, das Erz zu brechen. Er und die Knechte holten Brennholz aus dem Walde, errichteten große Scheiterhaufen auf dem Erzberge und zündeten sie an. Da wurde der Fels von der Hitze gesprengt, so daß sie zu dem Erz gelangen konnten. Dann ließen sie die Erzstücke durch ein Feuer nach dem anderen gehen, bis sie das reine Kupfer gewannen und die Schlacken ganz ausgeschieden wurden.
In alten Zeiten verwendeten die Leute fast noch mehr Kupfer zum täglichen Gebrauch als heutzutage. Es war eine begehrte und nützliche Ware, und der Bauer, dem die Grube gehörte, wurde bald steinreich. Er baute sich ein großes prachtvolles Haus in der Nähe der Grube und nannte es Kåreerbe nach dem Ziegenbock. Wenn er zur Kirche nach Torsång ritt, war sein Pferd mit Silber beschlagen, und als seine Tochter Hochzeit feierte, ließ er Bier aus zwanzig Tonnen Malz brauen und zehn große Ochsen am Spieß braten.
Aber eines Abends geschah es, daß vier schneidige Kerle mit der Bergmannshacke auf dem Rücken nach Kåreerbe gewandert kamen. Sie wurden gut empfangen wie alle anderen, aber als der Bauer fragte, ob sie bei ihm arbeiten wollten, sagten sie rein heraus nein. ›Wir wollen auf eigene Rechnung Erz brechen.‹ – ›Ihr wißt doch, daß der Erzberg mir gehört?‹ entgegnete der Bauer. – ›Es ist nicht unsere Absicht, Erz in Eurer Grube zu brechen.‹ sagten die Fremden. ›Der Berg ist groß, und was offen und uneingefriedigt in der Wildnis liegt, können wir mit gleich gutem Recht wie du nehmen.‹
Mehr wurde nicht über die Sache geredet, und der Bauer erwies den Neuangekommenen nach wie vor Gastfreundschaft. Früh am nächsten Morgen gingen sie auf Arbeit, fanden eine Strecke weiter entfernt Kupfererz und begannen, es zu brechen. Als sie einige Tage gearbeitet hatten, kam der Bauer zu ihnen hinaus. ›Es ist viel Erz hier im Berge,‹ sagte er. – ›Ja, es gehört die Arbeit von vielen Menschen dazu, bis dieser Schatz gehoben ist,‹ erwiderte einer von den Fremden. – ›Das weiß ich wohl,‹ sagte der Bauer, ›aber ich finde doch, ihr solltet mir Steuern von dem Erz entrichten, das ihr brecht, da es doch mein Verdienst ist, daß hier im Berge gearbeitet werden kann.‹ – ‹Wir verstehen nicht, was du sagst,‹ entgegneten die Männer. – ›Ja, ich habe den Berg durch meine Klugheit ausgelöst,‹ sagte der Bauer und erzählte ihnen von den beiden Riesenweibern und von dem Bruderteil.
Die Männer hörten sehr aufmerksam zu, aber worauf es ihnen in der Erzählung ankam, war etwas ganz anderes, als der Bauer erwartet hatte. ›Ist es sicher, daß das andere Riesenweib schlimmer ist, als die Riesin, die du getroffen hast?‹ fragten sie. – ›Ich glaube nicht, daß sie euch schonen würde,‹ sagte der Bauer. Damit verließen sie ihn, aber er verlor sie nicht aus den Augen, und nach einer Weile sah er, daß sie mit der Arbeit innehielten und in den Wald gingen.
Als die Leute in Kåreerbe an jenem Tage beim Abendbrot saßen, hörten sie ein schreckliches Wolfsgeheul aus dem Walde. Und zwischen dem Heulen der wilden Tiere ertönte Menschengeschrei. Der Bauer stand sofort vom Tische auf, aber die Knechte schienen nicht Lust zu haben, ihn zu begleiten. ›Es ist diesem Diebespack ganz recht, daß es von den Wölfen zerrissen wird,‹ sagten die Leute. – ›Wir müssen denen helfen, die in Not sind,‹ entgegnete der Bauer und ging mit allen seinen fünfzig Knechten in den Wald hinaus.
Sie gewahrten sofort ein schrecklich großes Rudel von Wölfen, die an ihrer Beute rissen und zerrten. Die Knechte trieben sie in die Flucht und fanden dann vier menschliche Körper an der Erde, die so übel zugerichtet waren, daß sie sie nicht erkannt haben würden, wenn da nicht vier Grubenhacken neben ihnen gelegen hätten.
Danach blieb der Kupferberg bis an den Tod des Bauern im Besitz eines Mannes. Dann übernahmen die Söhne ihn. Sie arbeiteten zusammen in der Grube, aber all das Erz, das sie im Laufe eines Jahres gefördert hatten, legten sie in Haufen, warfen das Los darum und schmolzen dann ein jeder in seinem Ofen das Kupfer heraus. Sie wurden alle mächtige Bergleute und bauten sich große, ansehnliche Häuser. Und nach ihnen übernahmen ihre Erben die Arbeit, sie erschlossen neue Grubenschächte und brachen noch mehr Erz. Jahr für Jahr nahm die Grube an Umfang zu, und immer mehr Bergleute erhielten Anteil daran. Einige wohnten ganz in der Nähe, andere hatten ihre Häuser und Schmelzöfen ringsumher in der Gegend. Es entstanden eine Menge Dörfer, und die Gegend erhielt den Namen Stora Kopparbergs Bergslag.
Nun muß man wissen, daß es bald ein Ende hatte mit dem Erz, das so lag, daß man es von oben brechen konnte, wie man Steine in einem Steinbruch bricht. Die Grubenarbeiter mußten das Erz tief unter der Erde suchen. Durch enge Schächte und lange, gewundene Gänge mußten sie sich in das dunkle Innere der Erde hineinarbeiten, um ihren Holzhaufen anzuzünden und den Berg zu sprengen. Es ist immer eine mühselige und schwere Arbeit, Steine zu brechen, dazu kam aber noch die Plage, die ihnen der Rauch verursachte, der nicht ins Freie hinausgelangen konnte, und die Mühe, auf steilen Leitern das Erz an die Oberfläche der Erde zu fördern. Und je weiter in die Tiefe hinab sie kamen, um so gefährlicher wurde die Arbeit. Oft brachen große Ströme brausend in die Grube ein, oft geschah es, daß die Decke des Grubenganges auf die Arbeiter herabstürzte. Dies bewirkte, daß die Arbeit in der großen Grube so gefürchtet wurde, daß niemand gutwillig daran ging. Da bot man zum Tode verurteilten Verbrechern und Leuten, die geächtet im Walde herumstreiften, Vergebung für ihre Schuld an, wenn sie Grubenarbeiter in Falun werden wollten.
Lange Jahre hatte niemand daran gedacht, nach dem Bruderteil zu suchen. Aber unter den gesetzlosen Männern, die nach dem großen Kupferberg kamen, waren mehrere, die größeren Wert auf Abenteuer legten als auf ihr Leben, und sie durchstreiften die Gegend, in der Hoffnung, es zu finden.
Wie es allen den Suchenden erging, das weiß niemand, aber wir haben eine Erzählung von zwei Grubenarbeitern, die eines Abends spät zu ihrem Herrn heimkehrten und erzählten, sie hätten eine