Britta Bendixen

Puppenspiel mit Dame


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uns mit den weiteren Produzenten und Geldgebern, den Hauptdarstellern und so weiter bei George White. Er hat sein Penthouse in Manhattan zur Verfügung gestellt. Für die Hauptrolle ist Tom Becker verpflichtet worden, die abschließenden Castings für die weibliche Hauptrolle laufen noch, werden aber in diesen Tagen abgeschlossen.“

      Charles fuhr sich mit der Hand über seine sommersprossige Glatze. Die wenigen Haare, über die er rund um den Kahlkopf noch verfügte, schimmerten feucht. Er wandte sich an Steve. „Ich hoffe, du wirst am nächsten Samstag ebenfalls durch Anwesenheit glänzen.“

      Steve grinste. „Manhattan im Januar? Klar, wieso nicht? Das klingt ausgesprochen reizvoll.“ Er zog eine leichte Grimasse.

      Charles blätterte in den Papieren auf dem Tisch und nickte. „Gut. Der Regisseur sollte nun mal dabei sein.“

      Er wandte sich wieder sämtlichen Mitarbeitern zu, die sich rund um den großen Besprechungstisch versammelt hatten.

      „Das Drehbuch ist fertig, die Arbeiten am Storyboard werden rechtzeitig zu Drehbeginn abgeschlossen sein, wurde mir jedenfalls versichert.“ Er verdrehte leicht die Augen und grinste Steve an. Dann nickte er seiner Assistentin Wendy zu, die daraufhin aufstand, aus einem Karton einen Stapel Bücher holte und an die Anwesenden verteilte.

      Steves Blick fiel auf seine Assistentin Leslie Hershkowitz, die neben ihm saß und die letzten Tropfen Wasser aus ihrem Glas mit der Zunge auffing. Ihr enttäuschter Blick zeigte, dass ihr Durst noch längst nicht gestillt war. Kein Wunder! dachte Steve und wandte sich an Wendy, die noch immer die Drehbücher verteilte.

      „Sag mal, habt ihr noch etwas Wasser in dieser Sauna?“ fragte er und hob sein leeres Glas. „Bei dieser Hitze vertrocknen meine grauen Zellen.“

      Wendy schmunzelte. „Davon hast du noch welche?“ fragte sie kess.

      „Nicht mehr allzu viele, also sei so lieb, und besorge uns etwas zu trinken, ja?“ bat Steve und zeigte sein charmantestes Lächeln.

      Wendy zwinkerte ihm fröhlich zu. „Für dich tue ich doch alles.“ Damit verließ sie den Raum.

      Leslie grinste ihn an und formte mit dem Mund ein „Danke“.

      Steve grinste zurück. „Gern geschehen“, flüsterte er und schlug das Drehbuch auf.

      Als die Besprechung endlich zu Ende war fuhr Steve erleichtert nach Hause. Er hatte sich vor drei Jahren einen Bungalow in Pasadena geleistet und freute sich immer wieder, wenn er die Kiesauffahrt hinauffuhr. Heute munterte ihn besonders der Gedanke an seinen Pool auf, er hatte eine Abkühlung dringend nötig.

      Doch vorher musste er in New York anrufen. Dort war es jetzt früher Nachmittag, das bedeutete, dass seine Mutter hoffentlich noch ansprechbar war. Nach fünf Uhr nachmittags war sie meist schon so angetrunken, dass ein Telefonat mit ihr zur Qual wurde.

      Seufzend ging Steve in sein Arbeitszimmer, warf das Drehbuch auf den überfüllten Schreibtisch und setzte sich. Dann ergriff er den Hörer und wählte die bekannte Nummer.

      „Hallo?“

      „Hi Mom, ich bin’s.“

      „Steve! Endlich meldest du dich mal wieder. Wie geht es dir, mein Junge?“

      „Danke, sehr gut. Und wie geht es dir?“

      „Ach, wie immer. Ich warte gerade auf Alex. Er hatte einen Termin bei seinem Arzt und müsste jeden Moment zurück kommen.“

      „Wie geht es ihm?“

      „Nicht besonders. Er wiegt nur noch 69 Kilo.“

      Steve fuhr sich mit der freien Hand über das Gesicht. Alex war sein Zwillingsbruder und er selbst wog ungefähr 88 Kilo. Die Sorge um seinen Bruder schnürte ihm den Magen zusammen.

      „Ich wollte dir nur sagen, dass ich euch schon sehr bald besuchen kann“, teilte er seiner Mutter mit. „Am 14. komme ich nach New York und werde ein bis zwei Wochen bleiben.“

      „Oh, das ist schön!“ freute sich Louise Conelly. „Du wirst doch hier bei uns wohnen?“

      „Tut mir leid, nein. Charles Lancaster hat bereits ein Hotelzimmer für mich reserviert“, log er. „Die Gesellschaft bezahlt, das muss man ausnutzen.“

      Die Wahrheit war, dass er den Anblick seines kranken Bruders und seiner trinkenden Mutter nur in Maßen ertragen konnte.

      „Verstehe“, sagte Louise. „Ich freue mich trotzdem auf dich, mein Junge.“

      „Ich freue mich auch auf euch. Grüß Alex schön von mir. Wir sehen uns dann nächste Woche.“

      „Gut. Oh, da kommt dein Bruder gerade. Bleib mal kurz dran, ja?“

      Steve hörte, dass sich die Wohnungstür schloss und dann die Stimme seiner Mutter. „Und? Was hat der Arzt gesagt?“

      Steve konnte die Antwort nicht verstehen, sein Bruder war zu weit entfernt. Dann drang ein lautes Poltern, Krachen und Knacken an sein Ohr, so dass er den Hörer mit einer hastigen Bewegung vom Kopf wegriss. Er glaubte, einen Schrei gehört zu haben. Was war da los? Es klang, als hätte seine Mutter den Hörer fallen gelassen.

      Ein kurzer Wortwechsel folgte, dann hörte er laut und deutlich die Stimme seines Bruders.

      „Steve? Bist du noch dran?“

      „Ja, klar. Was ist denn los bei euch?“

      „Es ist soweit.“ Alex seufzte vernehmlich.

      Steve schluckte. „Du meinst…?“

      Alex Stimme zitterte leicht. „Ja. Ich habe AIDS. Die Krankheit ist ausgebrochen.“

       New York

      Die Cooper Enterprises nahmen die gesamte 45. Etage des Nordturmes des World Trade Centers ein. Der Ausblick von hier oben war überwältigend, besonders wenn sich die Mittagssonne im Hudson River spiegelte und das Wasser so hell glitzern ließ, dass es fast blendete.

      An diesem Tag tat sie das allerdings nicht. Der Himmel war hinter vielen Wolken verschwunden und vor dem großen Eckfenster tanzten immer mehr und immer dickere Schneeflocken.

      Linda hatte ohnehin keine Muße, aus dem Fenster zu sehen. Sie studierte die Presse. Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich die Tageszeitungen und alle waren voll von Nachrufen und Beileidsbekundungen. Scheinbar jedes Blatt im Land berichtete über den plötzlichen Tod von Adam Cooper, den erfolgreichen Geschäftsmann, den Tycoon, den Milliardär. Linda jedoch dachte an den Ehemann und Vater Adam Cooper.

      Ihren Vater.

      Sie hatte ihn geliebt. Sie hatte auch Angst vor ihm gehabt, ihn manchmal sogar verachtet, dennoch hatte sie ihn, wie so viele junge Mädchen es mit ihren Vätern tun, auf ein Podest gehoben und zu ihm aufgesehen.

      Schon als sie noch sehr klein war bemerkte sie, dass das Verhalten ihrer Mutter sich änderte, sobald ihr Vater nach Hause kam.

      War Jo-Anne Cooper gerade noch liebevoll und fröhlich gewesen, sorgte allein die Anwesenheit ihres Mannes dafür, dass sie still wurde und bedrückt wirkte. Sie schien förmlich zu schrumpfen, als versuche sie, unsichtbar zu sein. Linda war fast sechs Jahre alt, als ihr klar wurde, warum das so war. An jenem Abend bekam sie das erste Mal mit, dass ihr Vater ihre Mutter schlug.

      Sie hatten sich wie an fast jedem Abend zum Dinner im Esszimmer eingefunden, einem großen hellen Raum mit glänzendem Parkettboden, Perserteppichen, Mahagonimöbeln und geschmackvollen Antiquitäten. Hierbei handelte es sich um Erbstücke von Jo-Annes Vorfahren, zum Teil mehrere hundert Jahre alt und ausgesprochen wertvoll. Das einzige, was Linda zu dem Zeitpunkt über diese Bilder mit den verschnörkelten Goldrahmen, riesigen bemalten Vasen und zierlich wirkenden Vitrinen wusste, war, dass es ihr streng verboten war, sie auch nur zu berühren. Gerade anschauen durfte sie sie.

      Das große Erkerfenster zeigte auf den kleinen Vorgarten hinaus, der im Licht der langsam untergehenden Julisonne aussah wie in Gold getaucht. Die wenigen Wolken schimmerten bewegungslos in altrosa, orange