Was er da sagte, brachte Ticky sofort auf tausend dumme Gedanken. „Ja, geht das denn?“, sprudelte es aus ihm hervor. „Aber wie komme ich dahin? Und kommt ihr mit?“
„Fürs Reisen sind wir leider zu alt“, seufzte Saturno. „Die Erde ist nämlich ein sehr, sehr schöner Ort. Aber es kann dort auch gefährlich werden.“
„Wart ihr mal da?“
„Vor langer, langer Zeit ...“ Die beiden blickten versonnen in die Tiefe, wo die Erdkugel in der Dunkelheit wie ein blauer Edelstein leuchtete.
„Wenn ihr zur Erde reisen durftet, warum darf ich es dann nicht?“, hakte Ticky nach.
„Da musst du den Mond fragen.“
Ticky nahm sich fest vor, genau das zu tun.
Als der Mond am nächsten Abend vorbeikam, war Ticky bereits fix und fertig. Er stand kerzengerade da und schien aus Leibeskräften.
„So ist es recht, Ticky“, meinte der Mond zufrieden. Offensichtlich hatte er gute Laune. Das musste Ticky ausnutzen. „Bitte warte einen Moment!“, rief er.
Der Mond wandte sich um. Auf einmal erschien er Ticky unglaublich groß und rund. Ihm blieb das Wort im Halse stecken.
„Was willst du?“ Der Mond begann zu flimmern. Daran konnte man erkennen, dass er ungeduldig wurde.
Ticky nahm all seinen Mut zusammen. Mit einer Armzacke deutete er nach unten. „Ich möchte zur Erde reisen.“
Diese Frage machte den Mond böse. Sein Licht wurde mit einem Schlag ganz grell. „Wie kommst du auf diese verrückte Idee?“, rumpelte er.
Das wollte Ticky genauer wissen. „Warum macht dich das so böse?“, erkundigte er sich.
„Das geht dich nichts an.“
Ticky schluckte. „Das geht mich sehr wohl was an“, krächzte er und wunderte sich über seinen eigenen Mut. „Immerhin bist du ja böse auf mich!“
„Du hast genug am Himmel zu tun“, antwortete der Mond aufgebracht. „Du sollst nachts leuchten, tagsüber schlafen und Schluss.“ Damit ließ er ihn stehen.
Als Ticky an diesem Morgen ins Bett ging, konnte er nicht einschlafen. Er rollte sich auf den Bauch und starrte angestrengt nach unten auf die schöne, blaue Kugel. „Eines Tages“, dachte er, „werde ich zur Erde reisen. Und wenn der Mond sich auf den Kopf stellt und meine Freunde auf den Rücken fallen und mit den Beinzacken Kometen fangen.“
Die Wolke Adala
Eines Abends sah Ticky tief unter sich eine Wolke, die ihm sofort auffiel. Sie war strahlend weiß, besonders groß, und sie hatte einen ausgefransten Rand. Behäbig segelte sie geradewegs auf ihn zu.
Als sie nahe genug herangekommen war, atmete Ticky tief durch, kniff die Augen zu und sprang. Weich landete er in flauschiger Wolkenwatte.
„Komm sofort zurück!“, schrien Plutolo und Saturno, die ihn aus der Ferne beobachteten.
Ticky tat, als hätte er nichts gehört.
„Das melden wir dem Mond!“
Darüber machte sich Ticky keine Sorgen. Die beiden taten oft sehr streng, doch er wusste, dass sie ihn niemals verraten würden.
Durch eine offene Dachluke kletterte er ins Innere der Wolke. Neugierig blickte er sich um. Außer der Dachluke gab es noch eine Bodenluke und runde Fenster an den Seiten, wie Bullaugen in einem Schiff.
Plötzlich hörte er die tiefe, brummige Stimme der Wolke. „Ich heiße Adala. Und wer bist du?“
„Mein Name ist Ticky. Ich bin ein Stern.“
„Ach, sieh mal an. Dass du ein Stern bist, hätte ich gar nicht gedacht.“
Machte Adala sich über ihn lustig?
„Du willst sicher mit mir reisen“, fuhr sie fort. „Hat der Mond dir das erlaubt?“
„Ich habe mit ihm darüber gesprochen“, antwortete Ticky. Das war ja nicht gelogen.
„Bist du sicher, dass du nicht luftkrank wirst?“
„Luftkrank? Was ist das?“
„Dass dir übel wird. Ein Wolkenschiff kann nämlich ganz schön schaukeln.“
„Pah, ich und luftkrank! Nie im Leben!“, behauptete Ticky auf gut Glück.
„Na gut. Wohin soll ich dich bringen?“
„Keine Ahnung.“
„Du musst mir schon sagen, wohin du reisen willst.“
„Ich möchte nur ein bisschen herumsegeln und mir die Erde angucken.“
Adala blieb hartnäckig. „Wo genau willst du herumsegeln?“
„Erst geradeaus und dann rechts“, antwortete Ticky, weil ihm nichts Besseres einfiel.
„Wo rechts?“
„Egal. Flieg einfach los. Und vor allem flieg so tief wie möglich, damit ich was von der Erde sehen kann.“
Adala brummelte vor sich hin, doch sie setzte sich in Bewegung.
Der erste Ausflug mit dem Wolkenschiff
Ticky merkte schnell, dass es nicht nur ein bisschen schaukelte, sondern ziemlich stark. Hoffentlich stimmte es, dass ihm nicht schlecht wurde!
Er stand an einem der runden Wolkenfenster und blickte hinaus.
„Flieg noch tiefer! Ich kann kaum was erkennen.“
„Tiefer geht es nicht“, erklärte Adala, „sonst stoße ich mich.“
„Warum wäre das so schlimm?“
„Weißt du das etwa nicht?“
„Doch, natürlich“, behauptete Ticky schnell. „Ich will nur sehen, ob du es auch weißt.“
„Und ob ich das weiß! Es ist ganz schön unangenehm, kann ich dir sagen!“
„Stell dich nicht so an!“
Das sagten Plutolo und Saturno immer, wenn Ticky jammerte. Zum Beispiel, wenn er zu hastig aus dem Bett sprang, weil er sich verschlafen hatte, und dabei umknickte. Das tat scheußlich weh!
„Du musst eben früher wach werden und besser aufpassen“, meinte Plutolo dann.
Und Saturno mahnte: „Sei in Zukunft vorsichtiger und steh rechtzeitig auf.“
Manchmal ging es Ticky auf die Nerven, dass sie so oft das Gleiche sagten.
„Du musst eben vorsichtig sein“, riet er der Wolke jetzt.
„O danke, das ist ein ausgezeichneter Vorschlag!“, grummelte Adala, aber sie wirkte überhaupt nicht dankbar. Machte sie sich lustig über ihn?
„Wenn ich mich stoßen würde“, fuhr sie fort, „gäbe es einen gewaltigen Rums. Und wenn ich dann weine – du musst wissen: Alle Wolken weinen, wenn sie sich stoßen. Wenn ich dann also weine, löse ich mich auf. Was das für dich bedeutet, brauche ich dir wohl nicht zu erklären.“
Nein, das brauchte sie nicht. Ticky konnte es sich ziemlich genau vorstellen. Er würde fallen, fallen, fallen. Hart auf dem Boden aufschlagen. Und sich wahrscheinlich alle fünf Zacken brechen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Urplötzlich tauchte unter ihnen, gefährlich nah, etwas Dunkles auf. Ticky fuhr zurück. „Pass auf!“, schrie er.
Die Wolke lachte dröhnend. „Das ist die Spitze eines Berges“, erklärte sie und stieg höher. „Da hast du wohl Angst gekriegt, was?“
„Pah!