meiner Entlassung – ich meine, wie soll ich das verstehen?«
»Dass unser Arbeitsverhältnis ab sofort aufgelöst ist«, erklärte Kobas. »Natürlich werden wir alle Formalitäten anständig regeln, einschließlich einer entsprechenden Abfindung.«
»Und der Grund für diesen Entscheid?» Busch saß bewegungslos auf dem Stuhl. Doch sein Blick verriet Erwartung.
»Betriebliche Umstrukturierung.«
»In der Führungsspitze?»
»Ja, in der Führungsspitze.«
»Das kann nicht sein«, flüsterte Busch.
»Was kann nicht sein?«, reagierte Kobas ziemlich laut. »Die Entscheidung, wie dieses Geschäft zu führen ist, liegt einzig und allein bei mir! Vergessen Sie das bitte nicht, Herr Busch. Ich bin aber sicher, dass wir die Sache auch zu ihrer Zufriedenheit – «
»Nein«, fiel ihm Busch ins Wort. »Das kann und will ich nicht akzeptieren. Ich weiß nicht, was Sie zu diesem Entschluss bewegt hat, so ganz plötzlich, ohne mir gegenüber vorher eine Andeutung gemacht zu haben! Ich weiß aber, dass Sie mich nicht einfach rausschmeißen und das Geschäft ohne Einbußen weiterführen können.«
»Was für Einbußen?«, fragte Kobas, und er spürte, dass er sich in eine nicht ungefährliche Zone vorwagte. Busch könnte Verdacht schöpfen oder sich zumindest fragen, warum van Rooyen plötzlich nicht mehr über Dinge Bescheid wusste, die für einen Mann in seiner Position selbstverständlich waren!
»Wie wollen Sie in der nächsten Zeit all die laufenden Projekte bearbeiten, Herr van Rooyen? Sie wissen doch, was alles über meinen Schreibtisch läuft! Mir unterstehen einige wichtige Abteilungen, an deren Aufbau und ständiger Kontrolle ich nicht unbeteiligt bin.«
»Ich sagte ja schon, Herr Busch, dass wir eine für Sie befriedigende Regelung finden werden.«
»Ach so«, sagte Busch, und er fixierte Kobas schärfer. »So leicht werden Sie mich nicht los, Herr van Rooyen. Meine Dienste für die IHI sind so nicht zu entschädigen! Seit über zehn Jahren arbeiten wir zusammen – und nun wollen Sie mich plötzlich wie einen dahergelaufenen Hund rauswerfen.«
»Kommen Sie, Herr Busch!» Kobas wurde strenger. »Machen Sie keine Umstände. Sie wissen so gut wie ich, wie es laufen kann!«
»Wir sind miteinander noch lange nicht fertig«, drohte ihm Busch, stand auf und verließ, die Tür hinter sich zuschlagend, das Büro.
»Dieser Busch wird sich nicht so leicht abwimmeln lassen«, sagte Kobas und schritt die lange Fensterfront ab. »Und wenn er erst einmal damit anfängt, uns Schwierigkeiten zu machen, können wir unsere Transaktionen vergessen.«
Frau Kahn lehnte sich gegen den Schreibtisch und schien sich über Buschs Verhalten, von dem ihr Kobas nicht ohne Besorgnis erzählt hatte, nicht aus der Fassung bringen zu lassen.
»Er weiß genau, wie der Laden hier läuft«, regte sich Kobas auf. »Sein Wissen kann unser Verhängnis sein. Wir brauchen den Zugriff auf seine Daten, sonst haben wir über die Konten und was noch so alles damit zusammen hängt keinen Überblick und schon gar nicht die Möglichkeit, uns das ganze Geld zu holen. Er muss schnellstens weg, aber wie es ausschaut, wird er seinen Schreibtisch nicht kampflos räumen.«
»Jetzt übertreibst du«, sagte Frau Kahn. »Was will Busch denn schon tun? Bis der was unternehmen kann, haben wir das Ding längst geschaukelt. Und vergiss bitte nicht: Als van Rooyens langjährige, persönliche Sekretärin kenne ich den Laden hier ebenfalls bestens. Sonst hätten wir das hier gar nicht erst starten können! Und so lange dich Busch für van Rooyen hält, haben wir sowieso nichts zu befürchten.«
»Wo ist van Rooyens Buch mit den Terminen?«, fragte Kobas.
»Ich habe es in meinem Schreibtisch eingeschlossen.«
»Verdammt, das hat hier bei mir in diesem Büro zu bleiben«, explodierte Kobas. »Ich muss wissen, wann und wo van Rooyen Verabredungen hat.«
»Ich habe für heute und morgen alle Termine abgesagt«, erklärte Frau Kahn. »All diese Besprechungen und Vorstandssitzungen sind momentan einfach noch zu riskant.«
»Ja, gut, die Vorstandssitzungen sind tatsächlich zu riskant«, stimmte ihr Kobas zu.
»Alle Sitzungen sind riskant, glaube mir.«
Er schritt auf Frau Kahn zu. »Ich weiß nicht, ob wir uns nicht zu viel zugemutet haben«, sagte er, bog vor dem Schreibtisch scharf ab und plumpste in den Direktorensessel.
»Es ist kurz vor drei«, ermahnte ihn Frau Kahn. »Es ist besser, wenn du dich hier nur solange wie nötig zeigst! Vor allem bis dieser Busch von der Bildfläche verschwunden ist.«
Kobas alias Jan van Rooyen ließ sich vom Fahrer zum Flughafen bringen. Dort stieg er aus, betrat das Flughafengebäude und verschwand im Getümmel der Leute. Über einen Seitenausgang gelangte er dann zu einem Parkplatz, auf dem ein Mietwagen bereit stand. Mit diesem verließ er, ohne vom Fahrer bemerkt zu werden, das Flughafengelände.
Er wusste, dass er spätestens in anderthalb Stunden wieder zurück sein musste. Der Fahrer glaubte, sein Chef träfe sich mit einem Geschäftspartner im Flughafenrestaurant. Und dass er solange draußen warten musste, gehörte zu seinem Job.
Eine halbe Stunde später erreichte Kobas die Waldhütte. Die gelbe Plastiktüte mit Perücke, Sonnenbrille, Chinesenmaske und Taschenlampe war in einer Nische seitlich des Eingangs versteckt. Kobas holte Maske und Taschenlampe heraus und betrat die Hütte.
Im Lichtkegel der Taschenlampe öffnete er die Bodenklappe und stieg hinunter.
Ohne sich zuerst um den Entführten zu kümmern, zog er die Maske an und entfachte die an einem Haken an der Wand angebrachte, moderne Gaslampe.
van Rooyen lag bewegungslos auf der Liege.
Als Kobas auf ihn zukam, schlug er die Augen auf, die, wenn auch blinzelnd, dem ohnehin nicht besonders hellen Licht standhielten.
Kobas richtete die Maske vor seinem Gesicht, damit er besser durch die schmalen Augenschlitze schauen konnte.
»Wer sind Sie?«, flüsterte van Rooyen.
»Wie geht es ihnen?«, fragte Kobas.
»Durst, ich habe Durst. Geben Sie mir etwas zu trinken.«
»Ja, gleich«, sagte Kobas.
»Wen wollen Sie erpressen?« fragte van Rooyen. »Etwa meine Frau?«
»Niemand wird erpresst«, versicherte Kobas dem Mann.
»Und warum bin ich entführt worden? Warum haltet ihr mich hier gewaltsam fest?«
»Ist ihnen nicht aufgefallen, dass ich dieselben Kleider wie Sie trage?«, fragte Kobas.
van Rooyen hob den Kopf etwas hoch und schaute Kobas von oben bis unten an.
»Steht mir doch gut, oder?« fragte dieser.
van Rooyen gab ihm darauf keine Antwort.
»Oder?« wiederholte Kobas etwas erregter, griff sich an die Maske und riss sie mit einem Ruck von seinem Gesicht herunter.
»Wer sind Sie?« rief van Rooyen, obwohl ihn das viel Kraft kostete. Seine von der medikamentösen Betäubung fiebrig glänzenden Augen weiteten sich. Die trockenen Lippen zitterten leicht.
»Da staunst du, was!«, sagte Kobas. »Ein zweiter Jan van Rooyen steht vor dir. Das hast du nicht erwartet!«
»Wer sind Sie?« fragte van Rooyen nochmals.
»Denk mal nach.«
»Haben Sie sich chirurgisch – «
»Unsinn«, fiel Kobas dem Mann ins Wort. »Ich sehe so aus, wie ich aussehe. Es wurde nur wenig nachgeholfen, kaum der Rede Wert.«
van Rooyen schaute erstaunt, sehr erstaunt. Und Kobas wusste ganz genau, was nun