Elke Bulenda

Das 4. Buch George


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Itzá, Mexiko, zurückgekommen, wo wir einem Dämonen das Fell über die Ohren gezogen hatten, der sich für einen Gott der Maya ausgab und keinesfalls auf die obligatorischen Menschenopfer verzichten wollte. Ich arbeite für die geheime Organisation »Salomons Ring« und bin rund um die Welt unterwegs, um Monster, Dämonen und magische Bösewichte zu jagen, die der Menschheit Schaden zufügen wollten. Ich weiß, ein seltsamer Job für einen Vampir, aber es ist eben etwas, das ich besonders gut kann. Früher jagte ich Menschen, doch jetzt setze ich meine destruktiven Kräfte für die Monsterjagd ein ...

      »Na, die Blumen! Da, guck doch mal!«, meinte Agnir noch immer hüpfend.

      »Hör mal mit dem Springen auf, ich habe Kopfschmerzen. Welche Blumen? Oh, ja, jetzt wo du es sagst. Äh, das ist aus rein medizinischen Gründen.«

      … Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit, oder eher, eine faustdicke Lüge. Wie gesagt, wir kamen frisch aus Mexiko. Und so manch einer unserer Auftraggeber ist mehr als froh, wenn wir unseren Job zu seiner vollsten Zufriedenheit ausführten. Und so ließen sie schon mal ein kleines Extra springen. In diesem Fall waren es etliche Flaschen besten Tequilas. Und der Rückflug war verdammt lang, und dem Zoll wollten wir schließlich auch nichts schenken. Ja, und als wir ankamen, war ich noch immer sternhagelvoll wie eine Haubitze. Und damit Amanda gar nicht erst auf die Idee kam, darüber aufgebracht sein, schenkte ich ihr einen Strauß Blumen, und trällerte ein kleines Minnelied für sie. (Seltsamerweise kann ich nur betrunken einen Ton halten). Im Grunde genommen sagt sie nie etwas, wenn ich mal einen über den Durst trinke, was nicht mehr allzu oft vorkommt. Zuletzt war ich bei meinem Junggesellenabschied so richtig stramm gewesen. Während die Damen sich mit Prosecco und Chippendales vergnügten, füllten mich die Jungs tierisch ab. Ich feierte mit meinen Kollegen Barbiel, Silent Blobb, Dracon, Simon und den Zwergen. Ach ja, mein Blutsbruder Cornelius war auch anwesend. Während der Party wurde ich das Gefühl nicht los, jemand hätte mir meinen Drink mit K.o.-Tropfen gepanscht, denn als ich nach meinem Blackout wieder zu mir kam, war ich an einem Baum gefesselt. Allerdings guckte die Clique recht bescheiden, als ich wenig später - samt Baum - wieder auf der Party erschien. Nur hätten mir diese Pfeifen ruhig sagen können, dass sie mir zuvor die Hosen ausgezogen hatten. Es war schon eine ziemlich wilde Feier, die mächtig Spaß machte. Sicherlich hatten wir Kerle mehr Action als die gesitteten Damen. Im Nachhinein frage ich mich, wieso sich Frauen damit vergnügen können, Englische Möbel mit einem Gläschen Sekt zu betrachten...

      Jedenfalls wäre heute Nacht mit Amanda alles bestens gelaufen, wenn ich nur das richtige Lied parat gehabt hätte. Mir fiel kein besseres ein, als eins von Tannhäuser vorzutragen. Er war damals zu meiner Zeit ziemlich populär. Das Dumme daran ist, er war gewissermaßen der Erfinder des gesungenen Pornos, was Amanda überhaupt nicht zusagte. Erzürnt über mein frivoles und freches Verhalten, schollerte sie mir den Blumenstrauß um die Ohren und rauschte angefressen ins Gästeschlafzimmer, um ihre unschön unterbrochene Nachtruhe fortzusetzen. Statt heißer Liebeständeleien musste ich mit einer kalten Dusche vorliebnehmen, und stürzte anschließend todmüde ins Bett. Jetzt, bei Tageslicht betrachtet, erscheint mir meine Beschwichtigungstrategie weniger brillant, das würde auch den Begriff »Schnapsidee« selbstredend erläutern. Aber sie wird Augen machen, wenn ich ihr die goldenen Ohrringe mit den Türkisen schenke, passend zu ihrer Halskette.

      »Aha... Übrigens, ich heiße jetzt Triple A!«, erzählte Agnir stolz grinsend.

      Zweifelnd betrachtete ich meinen kleinen Sohn. Sicher, er ist ein Geschenk der Götter, genauer gesagt eins von Odin. Trotzdem war ich wieder mal ein wenig enttäuscht darüber, dass er mir überhaupt nicht ähnlich sieht. Er hat die dunkelbraunen Augen seiner Mutter, und das hellblonde Haar meines Vaters. Na ja, vielleicht bekommt er später mal einen roten Bart, so wie ich. Wer weiß das schon.

      »Nein, du heißt Agnir Arvid Amadeus. Ich muss es doch wissen, schließlich haben deine Mutter und ich dir diese schönen Namen gegeben. Und du heißt nicht anders und schon gar nicht ›Triple A!‹. Das hast du doch bestimmt wieder von deinem großen Bruder Gungnir!«, brummelte ich verärgert. Nichts gegen Gungnir, doch er ist ein verdammt geldgeiler Bursche. Und meinem kleinen Sohn so einen Floh ins Ohr zu setzen, finde ich abstoßend.

      »Hm, kann schon sein... «, grummelte er und zuppelte Joey am Klappohr herum, so als wollte er es wieder aufrichten, wobei er kläglich scheitern musste. »Ach, Papa, jetzt bist du ja wach! Gehen wir fischen? Du hast versprochen, wenn du wieder da bist, zeigst du mir, wie man Fische fängt. Nana sagte, wenn du wieder wach bist, soll ich dich noch mal darauf ansprechen«, grinste er spitzbübisch und hüpfte wieder auf und ab.

      »Verdammt, ich bin in eine Falle getappt!«, stöhnte ich und verzog das Gesicht. »Au, wenn du noch ein Geschwisterchen haben willst, dann solltest du schnellstens deinen Fuß da weg nehmen, klar?« Erleichterung machte sich in mir breit und der Schmerz, der bis in meinen Bauch gezogen war, ebbte langsam ab. »Normalerweise sollte ich mit dir nirgendwo mehr hingehen. Nicht, seitdem du letztens diese Show im Baumarkt mit mir abgezogen hast!«, brachte ich aufs Tapet.

      »Aber Nana sagte, wenn mich ein Mann mitnehmen will, soll ich laut schreien!«

      … Nana heißt eigentlich Annie und ist seine Großmutter. Eigentlich ist Nana die Großmutter von Agnirs Halbschwester Sascha und Amandas damalige Schwiegermutter. Doch als Amanda und ich uns das Ja-Wort geben wollten, fragte ich mich, wie Agnir reagieren würde, wenn er erfuhr, dass seine heißgeliebte Nana gar nicht seine richtige Großmutter war. Also lösten wir das Problem weitestgehend, indem Annie einfach Amanda, und ich Sascha adoptierte. Ich weiß, das ist alles ein bisschen verwirrend, aber damit haben wir eindeutig unsere Familienbeziehung gefestigt ...

      Leicht angefressen sah ich meinen Sohn an: »Ja, im Prinzip ist das schon richtig, aber nicht, wenn der Mann dein eigener Vater ist! Und es ist nicht lustig, wenn mein Sohn schreit: ›Hilfe! Dieser Mann will mich mitnehmen!‹ Das ist überhaupt nicht witzig! Schon gar nicht, wenn man sich in der Gartenabteilung befindet, zwischen Forken, Sensen, Schaufeln und Hacken! Das ist ungesund und weckt unschöne Erinnerungen in mir!«, schniefte ich beleidigt.

      »Okay, Papa, das war ein Missverständnis!«, rechtfertigte er sich altklug.

      »Oh, ja! Gewiss eines, das deine Schwester Sascha für dich aufklären musste, weil du es nicht bereinigen wolltest, und alle Anwesenden die Absicht hatten mich zu lynchen und mir deshalb absolut kein Gehör schenken wollten! Hör zu, Sohn. Lass Papa noch etwas schlafen, ja? Geh draußen ein bisschen spielen, oder male mir ein Bild. Ich bin echt total gerädert, bin spät, bzw. früh nachhause gekommen. Wenn ich wieder fit bin, dann verspreche ich, mit dir zu fischen, okay?«

      Davor musste ich aber noch dringend etwas für Amanda tun. Der Junge wuchs so schnell, dass er schleunigst in die Schule musste. Nun, eigentlich war er noch nicht mal ganz ein halbes Jahr alt, aber Vampirhybriden wachsen schneller als Menschenkinder. Und Agnir sollte kein großes, dummes Kind werden. Denn er hat die besten Anlagen, dank seiner Mutter, ein guter Schüler zu werden. Das Problem ist nur, wir können ihn unmöglich in eine reguläre Schule schicken. Es würde einfach auffallen, wenn er schon nach zwei Monaten so groß wie ein Achtjähriger wäre. Aber ich habe da schon eine Idee. Nur muss Cornelius mitspielen, er wusste nur noch nichts von seinem Glück. Aber das später...

      Ganz der Vater, konnte Agnir sich schnell für etwas Neues begeistern.

      »Okay, ich male dir jetzt ein Bild und wenn du noch weiterschlafen willst, gehe ich nach draußen. Gut Papa, dann schlaf schön!«, bückte er sich über mich und gab mir einen Schmatzer. »Oh, du piekst!«, grinste er und hüpfte wieder aus dem abgedunkelten Raum. Mal ehrlich, so einem kann man doch wirklich nichts übelnehmen, oder? Noch vor ein paar Monaten war Agnir ein so süßes Baby, ein richtiger kleiner Sonnenschein. Er trank immer schön mein Blut, schlief gut durch und machte nie Probleme, außer mich beim Wickeln anzupinkeln.

      Erleichtert und dankbar drehte ich mich auf die Seite und war froh, dass Agnir den Kater mitgenommen hatte. Also ließ ich mich wieder in die Arme von Morpheus gleiten und horchte noch ein wenig an der Matratze. Ein, zwei Stündchen schlummerte ich, bis die Erde zu beben begann...

      »Oh, verdammt, das darf doch nicht wahr sein! Warum sagt mir niemand, wenn Handwerker im Haus sind!«, stöhnte ich verzweifelt, jagte abermals den verdammten