Katie Volckx

Erkläre mir das Leben


Скачать книгу

kennen?«

      Schmerzerfüllt verzog sie das Gesicht und neigte sich ein wenig nach vorn, nur ganz kurz, als hätte das Baby ihr einen kräftigen Tritt verpasst. »Kann ja nicht jeder so perfekt sein wie du«, zischelte sie scharfzüngig.

      Genervt verdrehte ich die Augen und zog eine meiner buschigen, wohlproportionierten Augenbrauen hoch. »Echt jetzt? Diese Frage lässt dich glauben, dass ich mich für die Krönung der Schöpfung halte?«

      Wieder neigte sie sich nach vorn. Doch dieses Mal verharrte sie in dieser Position und blies den Atem durch spitze Lippen so aus, als würden die Wehen bei ihr einsetzen. Sie hielt mir eine der Einkaufstüten entgegen und bat mich, sie ihr kurz abzunehmen, denn sie benötigte die freie Hand, um ihren Babybauch zu streicheln. Ich nahm an, dass das Handauflegen beruhigend auf Mutter und Kind einwirkte. Davon hatte ich schon mal gehört.

      »Gib ruhig zu, dass dich mein steiler Absturz freut und regelrecht Genugtuung in dir auslöst«, war sie trotz des Umstandes nicht zu bremsen und presste die Worte krampfhaft durch zusammengebissene Zähne heraus, sodass sie kaum verständlich waren.

      »Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich erfreue mich nicht am Leid oder Schaden anderer Leute. Wenn du mich wirklich kennen würdest, wüsstest du das auch.« Ich fühlte mich nicht wohl dabei, das mit ihr in ihrem gegenwärtigen Zustand in einer Diskussion weiter zu erörtern.

      »Nun, ich habe dich damals skrupellos abserviert. Verletzte Menschen haben schon so einiges aus Verbitterung getan. Da wäre Hass empfinden noch das Harmloseste.« Statt sich vom Schmerz zu erholen, neigte sie sich nun noch ein Stück nach vorn. Das veranlasste mich, sie zu entlasten und auch die zweite Einkaufstüte an mich zu nehmen. »Und erinnere dich an unsere letzte Begegnung vor einem Jahr ...«

      Ich hatte genug von dem Theater. Offensichtlich hatte sie Schmerzen. Ich konnte es unmöglich gutheißen, dass die dicke Luft zwischen uns über Luisas Gesundheit und das Kind stand. »Ich bin ja kein Experte, aber solltest du nicht einen Arzt aufsuchen?«

      »Nein«, sagte sie japsend, »ich will das jetzt klären!« Dass sie aber jetzt nicht dazu imstande war, blendete sie völlig aus. Das konnte nur bedeuten, dass unsere Trennung sie seither immens beschäftigt hatte.

      »Ich verspreche dir, dass wir das klären werden. Aber jetzt lass mich dich zum Arzt bringen.« Ich sorgte mich ehrlich um sie. Sie wurde ganz blass und schwankte ein wenig. Vermutlich machte ihr darüber hinaus die Hitze zu schaffen.

      »Wirklich? Du versprichst es mir?«

      »Ja … ja, das tue ich.«

      Sie rang sich ein Lächeln ab, das ihre Freude darüber ausdrücken sollte. Doch die Schmerzen nahmen zu, was sich vor allem dadurch bemerkbar machte, dass sie zu Stöhnen begann. Das letzte Mal, als dieses Geräusch ihren Mund verlassen hatte, hatten wir es miteinander getrieben. Es war seltsam, es nun wieder zu hören, jedoch in Verbindung mit etwas vollkommen anderem.

      Ich beugte mich vor und bat sie, ihren Arm um meine Schultern zu schlingen. So stützte ich sie beim Gehen. Jeder Schritt, den sie machte, tat ihr weh und schwächte sie. Zum Glück hatte Basti in nächster Nähe, ich schätze, einen Steinwurf entfernt, geparkt. So erreichten wir das Auto recht fix. Ich öffnete die Beifahrertür, kippte die Rücklehne des Sitzes nach vorn, schmiss die Tüten auf den Rücksitz und kletterte auch dorthin. Für einen großen Kerl wie mich war das eine Kunst für sich. Ich zog die Rücklehne zurück und bat Luisa, endlich einzusteigen. Wie ein nasser Sack ließ sie sich in den Sitz fallen, schien mit ihrer Kraft völlig am Ende zu sein.

      Bis dahin hatte Basti dem Vorgang nur mit offenem Mund zugesehen. Als er wieder zu sich gefunden hatte, fragte er skeptisch: »Was wird das, wenn es fertig ist?«

      »Hallo Basti«, begrüßte sie ihn mit gespielt sonniger Stimme, »wie geht es dir? – Mir geht es soweit gut, danke der Nachfrage. – Könntest du mich in das nächstliegende Krankenhaus bringen? Bitte? Denn ich fürchte, der kleine Knirps hier«, sie tätschelte sich den Bauch, um auf das Baby anzuspielen, »will nicht länger im Dunkeln schwimmen.«

      »Ein Junge?«, wollte ich mich vergewissern.

      »Ja«, antwortete sie so sanft und glücklich, dass es mir eine Gänsehaut bereitete.

      »Wie soll er heißen?«

      »Nepomuk.«

      Eine schier endlose Stille setzte ein, bis Luisa sie mit einem hellen Lachen durchbrach. »Das war ein Gag! Er soll Marvin Bill heißen.«

      Ich bekreuzigte mich und atmete auf. Das war absurd, denn er war weder mein Sohn noch hatte ich etwas mit seiner Mutter zu schaffen. Es hätte mich kalt lassen müssen, so wie noch vor ein paar Stunden. Tat es aber nicht.

      Basti hingegen war fassungslos, dass sie und ich die Ruhe weg hatten und uns darüber unterhielten. »Ihr seid doch geistesgestört! Wen interessiert das denn jetzt?« Dann fuhr er los.

      »Du bist jetzt ja nur gefrustet, weil sich der Trampolinpark für dich verschiebt«, ahnte Luisa. »Übe dich mal ein bisschen in Nächstenliebe, SEBASTIAN.« Nun klang sie nahezu wie seine Mutter.

      Quälende Stille.

      »Na ganz toll, Luisa, jetzt hast du die Überraschung versaut«, beschwerte er sich und stöhnte genervt.

      »Ich bitte dich, woher sollte ich denn wissen, dass Cedric keinen blassen Schimmer davon hat, wohin die Reise geht?« Sie zog den Atem scharf ein und stieß einen langen, zitternden Seufzer aus. Die Schmerzen mussten unerträglich für sie sein.

      »Was hat dich überhaupt so sicher gemacht, dass wir in den Trampolinpark wollen?«, konnte er sich ihren scharfen Verstand nicht erklären.

      »Cedric erwähnte, dass ihr auf dem Weg nach Quickborn seid. Was will man denn sonst in Quickborn?«

      Basti stieß irgendwelche undefinierbaren Töne aus, ehe er entgegnete: »Na, vielleicht golfen?«

      Wieder lachte sie hell auf, wenn nicht sogar noch heller als eben. »Aua!«, machte sie. Das bezog sich jedoch auf ihre Wehen.

      »Cedric, könntest du den Jungs eben Bescheid geben, dass wir uns verspäten? Sollen sie ruhig schon ohne uns anfangen«, fiel Basti dazu ein. »Wer weiß, wie lange das hier dauern wird.« Er klang entmutigt, weil er den Plan umwerfen musste. »Und du«, richtete er sich nun an Luisa, »tust hoffentlich dein Möglichstes, die Fruchtblase ungeplatzt zu lassen. Das Auto ist gerade zwei Monate alt.«

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBEfC7gDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3A