Nicole Sturm

DER ERZENGEL JOHANNES


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wie ein Narr, auf seinem Totenbett. Süß wie Honig fließt Maras Stimme von ihren Lippen.

      Das zählt nicht! Du darfst aber nochmal.

      Hörst du?! Ich hab's gesagt, Alter!

      Ok, ok, is' ja gut.

      Cengiz hebt die Jack Daniels Flasche erneut vor sein Gesicht, doch in diesem Moment durchzuckt sein Gehirn ein unschlagbarer Gedanke.

      Pitbullwelpen!

      Fuck!

      Kevin lässt seinen Kiefer hängen. Cengiz kann sich sein breitestes Grinsen nicht verkneifen. Spiel, Satz und … die mit einem Drahtgitter durchzogenen Metalltüre öffnet sich ohne einen Laut. Nur das schwache Halogenlicht strömt in den toten Garten. Der Schatten eines menschlichen Partygastes fällt durch den Rahmen, ihre besorgte Stimme folgt dem dunklen Abbild.

      Mara?

      Mara stellt die halbe Flasche Dom Perignon auf den kahlen Boden. Die Kohlensäure schießt trocken aus dem Flaschenhals. Das Licht des Smartphones streichelt ihr Gesicht.

      Mara?

      Kevin springt euphorisch aus seiner Sitzgelegenheit.

      Lilli! Drei L, zwei I, sowat merk ich mir. Nimm dir 'n Bierchen!

      Ein geräuschloses Lachen schwappt in Cengiz Gesicht.

      Sie hat dir ihren Namen vor 'ner Stunde gesagt.

      Du hast mir deinen Namen vor zwanzig Jahren gesagt und ich hab ihn noch nich' vergessen.

      Mara, der Priester bietet Johannes eine Tafel an, und ich habe das Gefühl … Ich glaube sie werden …

      Lillis Knie wackeln.

      … ich glaub sie werden es doch machen. Wenn die anderen …

      Mara erhebt sich anmutig von dem, ihr nicht würdigen, Stuhl. Kevin blickt verwundert von Lilli hinauf zur Gastgeberin, darauf überzeugt er sich vom Inhalt seiner Flasche.

      Wat für Priester? Wat für 'ne Tafel? Mara, nehmt ihr oben Drogen von denen wir nix abbekommen? Dat find ich jetzt nich' cool! Weißt du wenn ihr da irgend so 'ne Goa-Sache veranstaltet, hab ich da echt keine Probleme mit, nur du kennst uns, wir sind Check-Out-Timer. Erst wird irgendwo gebechert und wenn alle Ladies gut gelaunt, also high sind, kreuzen wir auf und markieren unser Revier. Ich muss doch wissen wat die Leute eingeworfen haben, ich hab echt keinen Bock mehr mich von so 'ner Irren ankotzen zu lassen, während sie ein Rodeo auf mir ausrichtet. Die verrückte hat nich' mal aufgehört. Scheiße.

      Cengiz fühlt sich freundschaftlich genötigt ihm Contra zu geben.

      Laber doch nich', du stehst doch drauf.

      Deine Generation steht drauf! Und wat laberst du hier?

      Kevin deutet mit der halbleeren Flasche in seiner Hand auf Lilli, die zwischen Schockstarre und Unglauben für das Mundwerk der beiden Männer, hin und her pendelt.

      Macht der mich schlecht vor so 'ner heißen Schnecke. Lilli Milli glaub dem Penner nich', ich mag's zwar schmutzig, aber dabei muss keiner dreckig werden, naja vielleicht 'n bisschen. Wat is' jetzt? Ill-Lil, wat werft ihr ein?

      Maras Augen fixieren Lillis wachsende Furcht. Sie legt eine Hand auf die menschliche Schulter und ein Lächeln in ihre Worte.

      Wir verhandeln nicht.

      Maras Worte kraxeln sich die mächtige Betonfassade hinter ihr hoch und verwirbeln über dem Sims.

      Es gibt keinen Grund zur Furcht.

      Lillis Gesicht wird taub, es wehrt sich.

      Aber die Tafel!?

      Ich sage dir wir verhandeln nicht. Die Katholiken lügen. Sie würden uns niemals helfen.

      Maras Worte kriechen Lillis Nacken hoch.

      Lilli, mach dir keinen Kopf. Geh nach oben und sprich mit Amora.

      Mara drückt sie kurz an sich und schenkt ihr ein angesäuseltes Lächeln.

      Ok.

      Lilli nimmt einen tiefen Atemzug, dreht sich auf dem Hacken um und verschwindet wieder im Haus. Kevin stellt seine Flasche auf den Boden, die noch ein paarmal im Kreis schwankt, bevor sie einen festeren Stand findet als ihr Besitzer.

      Mara, Engelchen, muss ich mir, für die 'ne Duschhaube überziehen oder reicht Gummi für unten rum? Die is' ja voll durch, Napoleon-Style.

      Jungs?

      Cengiz und Kevin antworten im Canon.

      Ja?!

      Maras schmunzeln bricht das wenige Licht in alle Spektralfarben.

      Baby-Pitbullwelpen!

      Baby-Pitbullwelpen?!

      Cengiz fällt fast hinten über.

      Dat zählt nich'!

      _KAPITEL 14

      _Wohnküche

      S

      amson schiebt dem jungen Exorzisten einen Stuhl hin.

      Setzen Sie sich! Sie dürfen sich rechtfertigen.

      Die Sekunde bevor der Prediger das Angebot annimmt, scheint endlos. Das Polster ist schon seit Jahren verschlissen, aber es ist erstaunlich gemütlich. Der schwere schwarze Stoff presst sich in die orange Sitzschale. Eine der drei Glühbirnen über dem Küchentisch platzt fast vor Verzücken. Vinzenz gewinnt etwas wieder, was in Nepomuks Blut über den Küchenboden fließt. Er spult die Worte ab, während er sein Gewand und sein Kruzifix richtet.

      Ich bin nicht mit leeren Händen gekommen und ich werde nicht mit leeren Händen gehen. Dieses Angebot ist mehr als großzügig. Einen gefallenen Engel gegen die Erlösung jedes Dämons, egal wer am Tag der Apokalypse siegreich ist. Kein ewiges Feuer. Und ich bin überzeugt, wenn die Dämonen die Menschen nicht mehr heimsuchen, wird Legion nie wieder erscheinen. Ein Anruf reicht und die Tafel ist im Handumdrehen hier. Ohne die Tafeln könnt ihr das Ritual gegen Legion nicht vollziehen. Also, worauf warten wir noch?

      Luzifer meldet sich zu Wort.

      Vielleicht plagen wir uns ganz gerne mit euch rum. Definitiv habt ihr, bei weitem, mehr zu verlieren als wir.

      Vinzenz legt die Hände flach auf den Tisch.

      Wenn Legion siegreich ist, sitzen wir alle im selben Boot. Wenn am Tag des Jüngsten Gerichtes das Gute siegreich ist und ihr nicht auf seiner Seite steht, werdet ihr ins ewige Feuer geworfen. Gebt uns den Engel und ihr seid auf der sicheren Seite.

      Sein Blick endet auf Johannes.

      Du machst dir das zu einfach, Prediger. Und dein Glauben ist schwach. Wir haben keinen Grund Angst vor der Hölle zu haben, auch wenn der gnädige Herr Exorzist das anders sieht. Was gut und schlecht ist, wissen so wenige Menschen. Wir sind sehr konsequent im Gegensatz zu euch und falls es dir noch niemand gesagt hat, Gott ist die Konsequenz in Person. Ihr seid naiv, wenn ihr denkt, er wird euch nicht strafen, für die Inquisition, den Ablasshandel, die Kreuzzüge und jedes Gramm Gold in euren Kirchen und Truhen. Es ist egal ob Gott oder Legion eure Seelen in die Finger kriegt, gefickt seid Ihr so oder so. Wenn Legion Gott eure Seelen entreißt, werdet ihr erfahren was bedeutet gejagt zu werden.

      Luzifer stellt sich neben Johannes.

      Lass uns das nochmal zusammenfassen, ihr könnt so weitermachen wie zuvor und wir opfern den Engel, der mehr für die Menschheit getan hat, als euer ganzer Verein zusammen. Dazu machen wir uns vom Acker und überlassen euch das Feld. Ich glaube wir haben ein unterschiedliches Verständnis von Großzügigkeit.

      Vinzenz hebt mit einem zitternden Grinsen seinen Kopf.

      Was willst du denn noch, meinen