Andre Garfeld

Pumping Art


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nicht automatisch.“

      „Doch.“

      „Mußt du gerade sagen.“

      „Meine ist nicht repräsentativ“, sagte sie.

      „Was ist denn repräsentativ?“

      „Du kommst immerhin aus sowas wie gutem Haus.“

      „Komme ich nicht.“

      „Weil deine Eltern sich getrennt haben?“

      „Nein. Es war nie ein gutes Haus. Doch, das Haus war gut. Ist es noch. Das Haus selbst. Aber nicht die Leute, die darin gewohnt haben.“

      „Auch deine Schwester nicht?“

      „Doch. Ich meine meine Eltern.“

      „Aber du hast immer Geld gehabt oder nicht?“

      „Ja. Aber Geld ist kein Ersatz ...“

      „Für ... ?“

      „Familie.“

      „Weißt du denn, was das ist?“

      „Was, Ersatz?“

      „Nein, Familie.“

      „Ich glaub nicht. Ich verstehe mich mit meiner Schwester.“

      Sie legte eine Pause ein.

      „Und was machst du jetzt?“ fragte sie dann.

      „Ich weiß es noch nicht.“

      „Okay, dann sollten wir jetzt schlafen.“

      „Willst du schlafen?“

      „Ja.“

      „Okay.“

      „Kraulst du mir noch den Rücken?“

      „Aber du mir dann auch.“

      __3__

      Am Fähranleger sitzen sie im Regen im Auto und warten darauf, daß die Fähre endgültig entladen ist. Der Regen fällt unaufhörlich. Frank denkt an das Honorar, das er bekommt. Das Honorar, das Peter für das Projekt bekommt und an Frank weitergibt. Frank braucht das Geld. Dem fällt seine Frage wieder ein.

      „Warum Fähre? Warum nicht Flugzeug?“

      „Ich fliege nur in Notfällen. Und das hier ist keiner.“

      „Was sind Notfälle?“

      „Ich hatte noch keinen.“

      „Okay. Und was wäre einer?“

      Peter denkt nach. Er wirkt schweinsgesichtig, mit einer Art blonder Tolle in der Stirn. Ein Mund wie Klaus Kinski. Der sieht immerhin sinnlich aus. Sein Übergewicht stört nicht. Peter gibt das einen ganz eigenen Charakter.

      „Ich weiß es nicht.“

      „Was?“

      Frank ist abgelenkt gewesen.

      „Was ein Notfall wäre.“

      „Okay. Und was ist mit der Strecke Harwich London? Schafft das diese Karre?“

      „Wieso Karre?“

      „Weil das ´ne Karre ist.“

      „Ich hänge dran. Nicht alles, was alt ist, ist schlecht. So geht es mir mit meinen Kameras.“

      „Aber du hast Morgen Termine. Wohnungsschlüssel in Billericay und dann das erste Treffen in London in der Mews Reece.“

      „Das schaffen wir.“

      „Ist das eure Planung?“

      „Was für eine Planung?“

      „Eure. Monas und deine?“

      „Ja.“

      „Und wenn das Auto das nicht macht?“

      „Macht es.“

      „Ist das die Planung?“

      „Was denn immer für eine Planung?“

      „Na, Planung. Auto. Fahrt. Strecke. Wohnung. Studio.“

      „Mann, wir haben zwei Termine.“

      „Genau.“

      „Und die halten wir ein.“

      „Okay.“

      „Alles klar dann?“

      „Ja. Nee, eins noch. Warum nicht Calais Dover?“

      „Weil ich ich nie wieder durch Belgien fahren und das auch nicht noch einmal irgendjemandem gegenüber begründen möchte.“

      „Okay. Gut. Alles klar.“

      „Gut.“

      „Und warum Billericay?“

      „Was Billericay?“

      „Die Wohnung da. Warum da?“

      „Da gibt´s eine Zugverbindung über Brentwood nach London. Damit oder mit dem Auto ist es keine Stunde Fahrt.“

      „Aber warum willst du ausgerechnet da wohnen?“

      „Nach Erinnerung und Karte, ich bin da oft längs gefahren, mit meinem Vater.“

      „Okay.“

      „Ist schon lange her.“

      „Okay.“

      „Und als Jugendlicher wollte ich dann immer da wohnen.“

      „Okay.“

      Pause.

      Eine längere Pause.

      „Er hat sich umgebracht, als ich sechzehn war. Aufgehängt. In der Scheune. Ich sollte ihn zum Essen holen.“

      „Ohui.“

      „Ja. das war ...“

      „Was?“

      „Nichts.“

      „Wie alt bist du jetzt?“

      „Zweiunddreißig.“ Er sieht Frank an. „Und du achtzehn.“

      Das ist keine Frage.

      Frank erwidert auch nichts darauf.

      Es entsteht eine weitere Pause.

      „Nimmst du dir irgendwie ein Vorbild an Warhol? Oder Koons oder Hurst?“

      „Womit?“

      „Mit deinem Studio. Deinen Assistenten.“

      „Nein. Nein. Das ist einfach ... der Job. Das hat sich so ergeben. Wie kommst du darauf? Setzt du dich damit auseinander?“

      „Auseinander? Womit?“

      „Mit Kunst. Kunstgeschichte. Biographien. Solchen Sachen. Fakten.“

      „Nein. Nicht wirklich.“

      Es dauert noch eine Stunde, bis die Fähre komplett entladen ist. Pkws und Lkws, die in langen Reihen heruntergefahren und dann endgültig verschwunden sind. Die ersten Fahrzeuge hier auf dem Parkplatz fahren an, die darauf nur gewartet haben, und beginnen, in den Schiffskörper zu verschwinden.

      Frank sieht sich das an.

      Die Fähre ist mehrstöckig.

      Ein schwimmendes Einkaufscenter. Zwei Parkdecks darunter als dunkle Katakomben. Sie stellen den elend roten asbach Korolla in diesen hadesmäßigen metallenen Dämmer zwischen hunderte andere Wagen. Sie nehmen jeder eine Tasche und wollen als erstes ihre gebuchte Kabine suchen.

      Das erste kaum wahrnehmbare Schwanken