sie es vorgehabt, sich dann aber leider wieder ihr Zeitfenster verschoben habe. Auf jeden Fall fuhr ich dann mit dem Fahrrad los zur Schule. Noch einen kurzen Abstecher zur Bäckerei und dann war ich auch schon da. In der Schule musste ich über meinen Traum nachdenken. Zwei Träume in Folge, über das Bild. Vor allem sehr unrealistische Träume. Die Elfen waren zwar süß, doch würde ich trotzdem nicht wie ein Kleinkind mit ihnen Verstecki spielen. Aus dem Alter war ich nun wirklich raus! Höchstens als Babysitterin auf sie aufpassen! Sina kam nicht in die Schule, deshalb brachte ich ihr direkt nach der Schule die Hausaufgaben. Bei ihr zu Hause fand ich eine total aufgelöste und schluchzende Sina. „Weißt du was!? Wir besuchen sie jetzt sofort!“, schlug ich vor, da ich Sina in diesem Zustand nicht länger ertragen konnte, und wenn ich ihr noch länger zugesehen hätte, wahrscheinlich selbst angefangen hätte zu weinen.
Auf dem Weg zur Polizei aßen wir noch schnell einen Döner, und als wir dann endlich dort ankamen, durften wir mit Sinas Mutter reden. Als erstes wurden wir in einen großen Besucherraum geführt, indem sich viele kleine, weiße Tische befanden. An ein paar saßen Frauen, oder Männer, die anscheinend ebenfalls ihre Verwandten be-suchten. Manche von ihnen sahen wirklich fies aus. Sinas Mutter gehörte hier wirklich nicht hin! Wir setzten uns nach Anweisung eines Polizisten an einen dieser Tische und nach wenigen Minuten wurde Sinas Mutter in Begleitung von zwei weiteren Polizisten hereingeführt. Dann durften wir mit ihr reden, während sich die Beamten an die Wand stellten. Es war etwas merkwürdig die ganze Zeit von ihnen beobachtet zu werden, aber sie sahen eigentlich ganz nett aus. Sinas Mutter ging es nicht sonderlich gut! Ihre Zelle war relativ klein und das Essen auch nicht gerade das Beste. Bei ihrem Anblick hatte ich noch mehr das Gefühl, dass wir sie so schnell wie möglich dort herausbekommen mussten.
Als wir wieder zu Hause waren, verabredete ich mich mit Sina für den nächsten Tag um drei Uhr vorm Gefängnistor. Wir wollten, dass ihre Mutter im Gefängnis wenigstens Gesellschaft hatte. Außerdem konnte ich, wenn Sina danach noch mit mir nach Hause kommen würde, sie wenigstens versuchen aufzuheitern. Als Sina weg war, schloss ich die Haustür auf. „Hallo Mäuschen! Ich muss mit dir reden!”, begrüßte mich meine Mutter direkt nachdem ich durch die Tür gegangen war. Das konnte ja mal wieder heiter werden! Ihr Tonfall war nicht gerade vorwurfsvoll, wie, wenn sie mit irgendetwas, was ich getan hatte mal wieder nicht einverstanden, und nun der Meinung war, dass sie ein ernstes Wörtchen mit mir zu reden hatte. Aber ich wusste auch nicht genau, ob mich diese Feststellung beruhigen sollte, denn wenn ihre Stimme so klang, konnte das nur bedeuten, dass sie irgendetwas bedrückte. Ich setzte mich etwas verwirrt an den besonders liebevoll gedeckten Esstisch ihr gegen-über. Nach einigem Zögern, begann sie etwas verlegen zu erklären: ”James hat mich auf ein Wellness-Wochenende eingeladen! Weil James und ich schon heute fahren wollen, da das Hotel ein Stück entfernt liegt, wärst du vier Tage allein! Also natürlich ist Jonathan auch noch da. Macht dir das etwas aus? Wäre es schlimm für dich?” Schlimm? Das einzige, was noch besser wäre, wäre, wenn Jonathan auch noch verreisen würde. Nicht, dass ich meine Mutter nicht ausstehen kann, oder sie mich miserabel behandelt, aber es gibt nichts Schöneres als eine (fast) sturmfreie Bude! Klar, dass ich total happy war! Jetzt kam es nur noch darauf an, das richtige Mittelmaß zwischen Begeisterung und gespielter Enttäuschung zu finden, damit meine Mutter nicht eingeschnappt war. Wenn ich es geschickt anstellte, würde sie mich wahrscheinlich wirklich einfach so alleine zu Hause lassen. „Nein! Das darfst du dir ruhig einmal gönnen. Du machst immer alles, damit es uns gut geht, da sollst du dich auch einmal entspannen dürfen!!”, meinte ich nach kurzem Nachdenken schmeichelnd und nahm mir eines der Brötchen, die auf dem Tisch standen. „Gut!” meinte meine Mutter erleichtert und etwas gerührt. “Dann fang ich schon einmal an zu packen.”
Meine Mutter stand mit einem riesigen Reisekoffer im Türrahmen - viel zu viele Klamotten für ein Wochenende! Jonathan war in-zwischen auch informiert worden. Er hatte seine Freude darüber, dass wir für vier Tage alleine waren, aber nicht so gut verbergen können wie ich. „Tschüss, meine Süße! Pass auf dich auf!! Ciao mein Großer. Und nicht zu viele Mitternachtsausflüge, ja!”, verabschiedete sie sich. Plötzlich ertönte ein lautes Hupen! Erschreckt drehte sich meine Mutter um. Es war James, der ungeduldig im Auto wartete. Meine Mutter ging mit einem “Ich bin ja bald wieder da”-Seufzer schweren Herzens zum Auto. “Uff”, entfuhr es Jonathan und mir, als die Tür endlich ins Schloss gefallen war. “Mütter!” Dann ging ich hoch in mein Bett, da es schon anfing Nacht zu werden, und ich morgen ausgeschlafen sein wollte. Mit diesem Plan stimmte aber irgendetwas nicht, denn er wollte einfach nicht funktionieren! Während ich schlaflos in meinem Bett lag, hörte ich nur noch das Ticken des Weckers. Jetzt war schon zwei Uhr und ich hatte immer noch keinen Schlaf gefunden! Vielleicht döste ich ja zwischendurch ein, aber meine Erinnerungen deuten wage daraufhin, dass ich bis um sechs Uhr wach in meinem Bett lag und dann aufstand. Es war Freitag und ich musste zur Schule. Ich ging die Treppe herunter, machte mir ein Schokomüsli - inzwischen gab es wieder welches - und radelte, komischerweise überhaupt nicht müde, zur Schule!
Ich stand sehr verwundert in einem Wald. In den vielen, hohen Bäumen, befanden sich übergroße Vogelnester. Ich war ja eigentlich den gleichen Weg wie sonst immer zur Schule gefahren. Aber diese Stelle im Wald gehörte ganz sicher nicht zu meinem Schulweg! Trotzdem kam sie mir irgendwoher bekannt vor. Ich dachte nach! Es sah genauso aus, wie in meinem Bild und in meinen Träumen. Aber das konnte nicht sein! Langsam wurde es unheimlich. Hoffentlich saß ich jetzt nicht gerade auf meinem Fahrrad und war eingeschlafen. Aber das konnte auch nicht sein, da alles so real wirkte! Ich stand wahrhaftig in diesem komischen Wald. Ich wollte eigentlich schon wieder zurückfahren, aber da hielt mich plötzlich etwas fest. Ich drehte mich um und erblickte eine Elfe. Sie war sehr klein und sah genauso aus, wie ich mir Elfen immer vorstellte und wie ich sie auch auf dem Bild, das ich für meinen Cousin gezeichnet hatte, dargestellt hatte. Ich dachte wirklich und wahrhaftig, dass ich jetzt total durchgedreht sei, und schaute noch mal genauer hin. Aber die Elfe war immer noch da, und jetzt fing sie sogar noch an zu sprechen: „Hallo! Ich begrüße dich im Elfenreich. Du brauchst überhaupt nicht zu denken, dass du vollkommen durchgedreht bist.“ Ich war noch mehr verwirrt! Jetzt konnte dieses kleine Wesen auch noch Gedanken lesen! „Ich heiße Himmaleia Sesero, aber du kannst mich auch wie alle anderen Seri nennen! Ich würde dich gerne meinen Verwandten und Freunden vorstellen!”, redete die Elfe weiter. Einen Moment dachte ich an die Schule und, dass ich sehr wahrscheinlich zu spät zum Unterricht erscheinen würde, wenn das hier wirklich echt war. Aber ich verwarf diesen Gedanken sofort wieder, weil das hier viel interessanter war, als alles andere, was ich jemals erlebt hatte. Seri schien anscheinend aber wirklich auf alle meine Gedanken einzugehen und antwortete mir sofort: „In diesem Reich bleibt die Zeit einfach stehen. Du kannst dich also hier so lange aufhalten, wie du möchtest ohne etwas in der Außenwelt zu verpassen.“ „Übrigens, ich heiße Eliza,” sagte ich, als ich so langsam begriff, dass alles wirklich echt sein musste. „Das weiß ich längst!“, meinte die Elfe etwas gelangweilt „Aber noch etwas darüber, was du vielleicht nicht wissen kannst: Du hast uns erschaffen. Also, alles was du hier siehst: die Bäume, Sträucher, die Nester. Verständlicherweise darfst du hier alles machen, wozu du Lust hast. Aber wenn du irgendetwas Bösartiges unternimmst und wir es herausfinden, und glaube mir, wir werden es herausfinden, können wir eine Sperre einrichten, und du darfst unser Elfenreich nie mehr betreten.” Seri zog mich mit sich zu einem Baum, an dem ein Nest, das anscheinend ihr gehörte, befestigt war. Wir kletterten hoch. Oben angekommen, erblickte ich lauter Nester. Die Elfen hatten hier wirklich eine richtige “Landschaft in den Bäumen“. Dann erst guckte ich, worauf ich stand, und ich fühlte mich gleich etwas unwohler. Nicht, dass ich Höhenangst hätte, aber ich stand in einem Vogelnest. Die einzigen Unterschiede bestanden darin, dass es etwas größer war und, dass keine Eier mit brütenden Vogelmüttern in ihm saßen. Wenn ich gewusst hätte, dass auf den Nestern einmal ein Mensch stehen würde, hätte ich sie natürlich größer gemalt! Die einzelnen Nester waren von Baum zu Baum mit schmalen Stegen verbunden. Es musste eine riesige Anstrengung gewesen sein, diese Stege im Fliegen zu bauen. Nein, Stopp! Die einzige Anstrengung hatte ich gehabt, als ich das Bild gezeichnet hatte. Wenn das wirklich stimmte, was diese Seri mir da erzählte. Während wir von Nest zu Nest balancierten, stellte mich Seri ihren Verwandten und Elfenfreunden vor, die alle sehr freundlich zu mir waren. Seri führte mich noch ein wenig in ihrem Reich umher und zeigte mir die wichtigsten Dinge. Wie ich erfuhr, spielte sich fast das