wird, ist angenehm, doch es nützt Ihnen und mir nicht mehr so viel, wie es – zeitlich früher angebracht – bringen hätte können.
2 Lob sollte – in jeder Richtung eingesetzt - ein berufsbegleitendes Element sein. Nur dann wirkt es richtig. Und so hoffe ich, dass ich für andere stets anerkennende Worte gefunden habe für die Leistungen, die ich erleben durfte und Kritik nur da übte, wo es im Sinne der Aufgabenstellung erforderlich war.
3 Ich hoffe, dass ich insgesamt mehr gelobt als getadelt habe.
Mit diesem Satz bin ich schon bei den Ratschlägen des Hl. Benedikt für die neu ernannten Äbte angelegt. Und so schließt sich ein Kreis, weil ich aus diesen Ordensregeln bei meinem Dienstantritt als Behördenleiter zitiert habe.
Ich erinnere mich und mit mir diejenigen, die damals dabei waren:
Benedikt spricht davon, dass Führungskräfte mehr loben als tadeln sollen und stets bedenken müssen, dass sie gemessen werden, wie sie andere messen. Erinnern wir uns an das Bild, das die menschliche Schwäche – Bruchstelle – besser nicht beschreiben könnte: „Wenn man ein geknicktes Rohr aufrichte, dann bedenke man, dass es leichter denn je bricht...“
Ich zitierte bei meiner Amtseinführung auch das Bild des HL Jakob: „Eine Herde führe man so, dass nicht alle schon am ersten Tag auf der Strecke bleiben, sondern das gesteckte Ziel erreichen.“
Ich habe das versucht, auch wenn meine Möglichkeiten immer dann begrenzt waren, wenn einige aus der Herde eigene Wege gehen mussten oder gar mir nicht folgen wollten.
Schließlich habe ich selbst das respektiert – auch wenn diese Vorfälle auf dem Wege ihren Preis hatten.
So formuliere ich zu meinem Abschied einen Wunsch, der all denen gut tun wird, die künftig in dieser Behörde, in welcher Funktion auch immer - zu tun haben werden:
Achtet das Lob als Zaubermittel, lebt den gegenseitigen Respekt und realisiert die lebensnotwendige Toleranz.
Auch wenn Friedrich Nietzsche im Lob mehr Zudringlichkeit erkennt, als im Tadel (Jenseits von Gut und Böse), so folge ich doch Anselm Feuerbach, wenn er uns dies Vermächtnis hinterlässt:
„Nörgeln ist leicht; deshalb versuchen sich so viele darin. Mit Verstand loben ist schwer; darum tun es so wenige.“
In diesem Sinne: alles Gute für die Zukunft!
Ach ja, die Buben – ach ja, die Mädchen
Es ist gerade ein Woche her, da trafen sich zwei mittlerweile gesetzte Männer, die sich von früher kannten. Damals war jeder der beiden in einer gewissen Weise extravagant: der Jüngere von beiden verkehrte in Schauspielerkreisen, er war seinerzeit jedenfalls ein selbst gefühlter Bohemien und wenig an bürgerlichen Tugenden interessiert. Der andere orientierte sich musisch, geisteswissenschaftlich, dennoch entgegen dem Zeitgeist damals zukunfts- und erfolgsbemüht bürgerlich.
Reden wir nicht drum herum, nennen wir sie direkt beim Namen. Beim Jüngeren handelt es sich um den berühmten Jürgen Juvenili und beim Älteren der beiden um den weniger berühmten, aber auch recht erfolgreichen Liam Levirat.
Beide waren so unglaublich von ihren eigenen Meinungen überzeugt, dass sie erst gar nicht bereit waren, aufeinander zu hören; sie versuchten nicht einmal, ihre Äußerungen zu begründen. Man fragt sich im Nachhinein, warum sie sich überhaupt unterhalten haben? Vielleicht sprachen sie aus dem Bemühen, sich darzustellen, oder wie auch immer, oder vielleicht um in der Gesellschaft zu brillieren, denn sie konnten sich total auf den eigenen Redefluss in einer sehr hochstehenden Qualität verlassen. Was auch immer Jürgen Juvenili sagte, es entsprach seiner Meinung nach dem „Consensus Communis“ und war schon daher als breites Allgemeingut unanfechtbar, unzweifelhaft richtig und konnte keiner Kritik ausgesetzt werden. Liam Levirat setzte sogar noch eins drauf und war stets überzeugt, seine Aussagen seien sogar als „Consensus Omnium“ auf höchstem Rang, also noch eine Stufe höher als der „Consensus Communis“.
Das gesamte Gespräch wurde natürlich von einer unglaublichen Inkonsequenz der Meinungen begleitet und jeder der Beteiligten widersprach sich innerhalb eines Satzes je nach Zielführung der Gedankengänge (abhängig davon, ob sie die schmerzliche Qualität ihrer Erziehungsleistung hervorheben oder die Freude an der unkomplizierten, genialen Entwicklung der Kinder betonen wollten) gleich mehrmals. Aber dieses Phänomen der logischen Inkonsequenz tritt bei jedem pädagogischen Thema auf, insbesondere in jedem pädagogischen Spezialthema, besonders aber beim heikelsten aller Themen, die von Eltern von Jungen mit Eltern von Mädchen geführt werden: Welches von den Geschlechtern ist leichter zu handhaben in der Erziehung, Jungen oder Mädchen?
Jetzt sollte man wissen: Jürgen Juvenili hatte zwei Jungen und kein Mädchen, Liam Levirat hatte zwei Mädchen, aber keinen Jungen in seiner engeren Familie.
Es war also schon von vornherein zu erwarten, dass es im Bereich realer, persönlicher Erfahrungen des Einen keinen wirklich toleranten Erfahrungsaustausch geben konnte, aber auch nicht beim Erfahrungsschatz des anderen. Liam Levirat hatte zwar einen Jungen auf der Liste der Enkelkinder, aber dies konnte zum Gesprächszeitpunkt aus Gründen der Parität und Fairness nicht bemüht werden.
Jürgen Juvenili begann den Dialog mit vielen Themen gleichzeitig und so virtuos, als ob er nach seiner Meinung gefragt worden wäre in dem latent vorhandenen Bewusstsein, dass er bei der Erziehung seiner Söhne alles richtig gemacht habe, stolz darauf sein könne und dies unbedingt mitteilen müsse:
„ Immerhin macht er jetzt Abitur, ja, er hat gut gelernt all die Jahre, von Anfang an, auch der zweite Sprössling hat sich selbst das Lesen beigebracht. – Richtig begabt sind die, man braucht da gar nicht viel zu fordern. – Mädchen wären da viel schwieriger, zickiger, sie gehen den Weg zum Beruf nicht so zielorientiert. – Der Ältere möchte jetzt sogar Jura studieren; das habe ich ihm gehörig ausgeredet! Ein Jurist in unserer Familie! –Alles Übel in der Welt kommt von Juristen und Psychologen! Die sind alle problematisch; ich sehe das täglich, wie unbedarft die in wirtschaftlichen Dingen sind!“ Und er fügte alles zusammenfassend hinzu: „ Ich sehe das wie Napoleon: es gibt nur zwei Motive des menschlichen Handelns: Eigennutz und Furcht!“
Liam Levirat unterbrach ihn sanft, teils um eine Lanze für die Volljuristen zu brechen, teils um die Aktualität der Wertevorstellung Napoleons zu relativieren, teils um im ungebremsten Lob auch Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Jungen durchklingen zu lassen, um seinerseits seine Töchter in den Vordergrund zu spielen und um vielleicht den Goethe-Satz aus den Wahlverwandtschaften, „man erziehe die Knaben zu Dienern und die Mädchen zu Müttern“ bezüglich der Knaben triumphierend zu erwähnen und bezüglich der Mädchen zur angebrachten, modernen Gleichberechtigung zu korrigieren oder weiter zu entwickeln.
Er versuchte dies so:
„Ja, wenn er so gut ist, dass er ohne Mühe Jura studieren könnte, warum sollte er das nicht anstreben? – Meine Töchter haben jeweils ihr akademisches Studium schon erfolgreich abgeschlossen; Pharmazie und Lehramt, die Fächer sind ja auch nicht ohne; außerdem finde ich nicht, dass Töchter schwieriger sind, sie haben´s vielleicht schwerer, aus verschiedenen Gründen...“
Hier hielt es Jürgen Juvenili nicht länger zurück und er entgegnete betont sanft:
„Meine Jungs sind einfach sozial eingestellte, verträgliche Team-Player, die wissen, wo es lang geht, keine Probleme mit Kleidung und Mode, keine Deviationen, um bei zweifelhaften Mädchen zu landen; sie selbst bestimmen immer ihren Weg und ihre Entwicklung, im Bewusstsein, was gut für sie ist;...
Liam Levirat merkte langsam, wie seine Galle sich verhärtete, denn nun kam der Punkt im Dialog, der ihn aggressiv werden ließ:
„Ja, ja, die selbstbewussten Jungs mit punktgenauer Lebensvorstellung gehen ihren Weg im Einklang all ihrer Fähigkeiten und im Reinen mit sich selbst; - aber was ist mit den Mädchen, die ihnen auf diesem Weg begegnen?“
Und in Liam Levirat kochte seine ganze Lebenserfahrung hoch. Wie oft musste er mit größtem Bedauern miterleben, wie seine Töchter die unterschiedlichsten Ausprägungen