Jennifer Weise

Julias Geheimnis


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wir alleine waren, fragte sie mich:

      „Ist er immer so?“

      „Matthew? Ja, aber keine Sorge, das sind alles bloß Sprüche. Er ist sonst ein ganz netter Kerl.“

      Antonia sah mich wenig überzeugt an.

      „Kennst du die Anderen schon?“

      Da sie den Kopf schüttelte, ging ich mit ihr zu Frank. Auf mein Klopfen öffnete er die Tür.

      „Du musst Antonia sein“, begrüßte er sie gleich freundlich und fing ein Gespräch mit ihr an.

      Antonia war etwa einen Kopf größer als ich, schlank und hatte lange blonde Haare, die sie offen trug. Ich band meine Haare meist zu einem Pferdeschwanz zusammen.

      Dann ging ich mit Antonia zu Robin, die beiden verstanden sich auf Anhieb und Robin und ich beschlossen, Antonia unter unsere Fittiche zu nehmen.

      Wir drei standen gerade in der Küche und waren gemeinsam am Kochen, als ein Mann die Küche betrat. Robin umarmte ihn gleich.

      „Hallo David! Wie waren deine Ferien?“

      Das war also David! Er war nicht so groß wie Frank und Matthew, sondern nur etwas größer als ich. David war mollig und hatte graue Schläfen. Ich fragte mich, wie alt er wohl sein mochte.

      Robin stellte uns vor.

      „Was macht ihr beiden so?“ fragte er uns gleich.

      Zu meiner Verwunderung fing Antonia gleich an zu erzählen:

      „Ich hab’ noch keine Ahnung, was ich machen will, deswegen hab’ ich mich erst mal für verschiedene Bereiche als Gasthörerin eingetragen.“

      „Wie alt bist du, Antonia?“

      „Zwanzig.“

      „Dann schau dich mal in Ruhe um“, meinte er freundlich.

      „Und wie alt bist du?“ fragte sie.

      „Fast dreißig.“

      „Bist du Langzeitstudent oder willst du Arzt oder so was werden?“

      Ich war erstaunt, woher kam plötzlich diese Offenheit? Vor Matthew und Frank hatte sie kaum den Mund aufgekriegt und nun das!

      „Nein, ich studiere Informatik. Vorher hab’ ich ne Ausbildung im Handwerk gemacht, dann das Abi nachgeholt und nun bin ich hier“, erklärte David.

      „Und was ist mit dir?“ wandte David sich an mich.

      „Sie wollte gleich an ihrem ersten Tag im `blue elephant` anfangen“, zog Matthew mich auf.

      Erstaunt sahen Robin und David mich an.

      Ich baute mich vor Matthew auf, stemmte die Hände in meine Hüften und musterte ihn mit funkelnden Augen.

      Das schien Matthew überhaupt nicht zu beeindrucken. Er hob mich einfach hoch und stellte mich zur Seite. Dann begrüßte er David.

      „Das lässt du dir doch wohl nicht gefallen?“ fragte Robin gleich.

      Suchend sah ich mich in der Küche um. Robin reichte mir eins der Stuhlkissen.

      „Nein, natürlich nicht!“

      Schon schlug ich von hinten zu.

      Unbeeindruckt drehte Matthew sich zu mir um.

      „David, Julia ist übrigens ein kleiner Wildfang. Ich bin noch dabei, sie zu zähmen“, erklärte er ruhig und nahm mir dann das Kissen weg.

      Also drehte ich mich um und rannte weg. Matthew kam hinterher, im Wohnzimmer hatte er mich eingeholt, hielt mich fest und begann damit mich zu kitzeln.

      „Gnade!“ bat ich.

      „Bist du auch brav?“

      „Ganz brav, Matthew!“ versprach ich.

      Antonia beobachte Matthew und Julia. Gerne wäre sie genauso unbefangen mit den Männern umgegangen, aber sie fühlte sich von Matthew und Frank eingeschüchtert. Sie sahen beide so perfekt aus, sie selbst fühlte sich dagegen unattraktiv. Auch sie beobachtete die beiden morgens beim Frühstück, allerdings nicht so offen wie Julia und Robin. Das hätte sie sich nie getraut. Allerdings frühstückte sie auch nicht wie Robin und Julia in ihrem Schlafzeug. David hingegen hatte ihr gleich Vertrauen eingeflößt. Er sah bei weitem nicht so perfekt aus, David war etwas kleiner als sie und man konnte ihn nicht unbedingt als schlank bezeichnen. Er hatte keine dummen Sprüche auf Lager gehabt und erschien ihr sympathisch. Genauso wie Robin, denn auch er war kein Schönling, sondern ein absoluter Exot.

      Julia hingegen beneidete sie um ihre lockere Art, sie kam bisher mit jeden hier klar, ließ sich nichts gefallen und man sah ihr an, dass sie Spaß hatte.

      Unglaublich, dass sie bereits an dem Tag nach ihrer Ankunft einen Job hatte. Auch Antonia suchte nach Arbeit, aber bisher hatte sie nichts gefunden. Vielleicht sollte sie einfach Julia um Hilfe bitten? Allerdings war Julia selten allein und Antonia wollte sie nicht vor den Anderen fragen.

      Später am Abend hatte Antonia Glück, denn Julia saß allein im Wohnzimmer.

      „Julia, kann ich dich mal was fragen?“

      „Ja, klar! Was gibt’s denn?“

       In dem Moment kamen Matthew und Frank in die Stube. Mir fiel Antonias Blick auf, dass sie den beiden gegenüber unsicher war, konnte sie vor mir nicht verbergen.

      „Gehen wir in mein Zimmer?“ bot ich ihr an.

      Erleichtert nickte Antonia.

      Als wir auf meinem Bett saßen, begann Antonia mir von ihrem Problem zu erzählen.

      „Was für Arbeit suchst du denn?“

      „Das ist mir ziemlich egal!“

      „Hast du schon mal gejobbt?“

      „Ja, in den Sommerferien.“

      „Als was?“

      „Verrätst du`s den Anderen?“ fragte sie mich unsicher.

      „Warum sollte ich?“

      „Ich hab’ geputzt“, verriet sie leise und sah mich dabei nicht an.

      „Was ist daran so schlimm?“

      Als Antonia nicht antwortete, redete ich weiter:

      „Ich hab’ während meiner ersten beiden Semester auch geputzt.“

      Erstaunt sah sie mich an.

      „Danach hab’ ich dann in ner Kneipe angefangen, weil das besser bezahlt wurde, aber der erste Job war besser!“

      „Wieso?“

      „Wenn die Betrunkenen einen ewig anmachen kann das schon ganz schön nerven!“

      „Dich stört das?“

      „Ja, und ob! Wenn ich das Geld nicht bräuchte, würde ich meinen Job im `blue elegant` sofort hinschmeißen!“

      „Wie kommst du dann mit Matthew und Frank klar?“

      „Erfahrung.“

      „Wie meinst du das?“

      „Ich hab’ vorher in einer WG mit sieben Männern gelebt.“

      „Und du warst die einzige Frau?“

      „Ja, das war nicht immer leicht, aber ich hab’ gelernt, damit umzugehen.“

      „Und warum hast du mitten im Studium die Uni gewechselt?“

      Ihr konnte ich schlecht dieselbe Antwort geben wie Matthew.

      „Hier hab´ ich mehr Möglichkeiten“, erwiderte ich also ausweichend.

      „Antonia, wegen einem Job könntest du hier anrufen. Das ist eine Vermittlungsagentur für Studenten, die haben mir auch weiter geholfen.“