Alfred Bekker

34 Kurz-Krimis


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es so gut wie geschafft!

      Er würde eintreten, die Tür hinter sich schließen, dann die Schalldämpferpistole unter dem Kittel hervorziehen und abdrücken. Eine Sekundensache.

      *

      Mit einem schnellen Schritt war Martinez im Krankenzimmer und seine Rechte hatte bereits nach der Waffe unter dem Kittel gegriffen, da erstarrte er mitten in der Bewegung. Er blickte direkt in die Mündungen einiger Revolver. Jemand hielt ihm eine Polizeimarke unter die Nase. "Wir wußten, daß es ein Profi sein mußte, der es auf Smith abgesehen hatte", erklärte einer der Kriminalbeamten, während Martinez ein anderer die Waffe abnahm und ihm Handschellen anlegte.

      Martinez fluchte.

      "Ich begreife nicht...", murmelte er.

      "Wir brauchten nur warten", fuhr der Beamte fort. "Ein Profi gibt schließlich nicht auf, stimmt's?" Er grinste. "Ich schätze, wir haben irgendwo ein schönes Foto von Ihnen in unseren Karteien..."

      "Und wo ist Smith?" knurrte Martinez.

      "An einem sicheren Ort, wo er sich vermutlich besser von seiner Schußverletzung erholen wird als hier!" war die trockene Antwort.

      DAS LINKE BEIN

      Ralph Jakobs bemerkte nicht, wie drei Augenpaare ihn beobachteten, während er sein Glas austrank, bezahlte und gemessenen Schrittes das Lokal verließ. "Seht mal, wen haben wir denn da: Unseren hochverehrten Herrn Bankdirektor!" murmelte Larbach, einer der Beobachter mit deutlich ironischem Unterton. Sein Mund verzog sich spöttisch, als er noch hinzusetzte: "Ist er nicht ein feiner Herr, unser Herr Jakobs?"

      "Er ist schlicht und einfach ein Schwein!" brummte Bronner, der neben ihm saß, den Blick ins Glas gerichtet. "Allerdings habe ich eine ganze Weile gebraucht, um das zu merken!" setzte er noch naserümpfend hinzu. "Jahrzehntelang war er mein bester Freund. Und dann hat er mich ruiniert. Einfach so, ohne mit der Wimper zu zucken. Er zertrat meine Karriere - mein ganzes Leben - mit einer Gleichgültigkeit, mit der man für gewöhnlich ein störendes Insekt erschlägt." Tief empfundene Bitterkeit lag in Bronners Tonfall.

      "Wie kam das?" fragte Neubauer, der dritte am Tisch.

      "Die Geschichte ist schon Jahre her", berichtete Bronner zögernd. "Jakobs und ich waren beide in der hiesigen Bankfiliale beschäftigt." "... deren Direktor Jakobs jetzt ist", vervollständigte Larbach, der Bronners Geschichte kannte. "Genau! Nun, um es kurz zu machen: Ich hatte mich damals finanziell etwas übernommen - Familie gegründet, ein Haus gekauft und so weiter und so fort. Andererseits war ich nicht bereit, Abstriche an meinem Lebensstandard zu machen. Wofür legt man sich schließlich krumm, frage ich Sie! Jedenfalls nicht, damit alles von Raten, Tilgung und Zinsen aufgefressen wird und einem nichts bleibt, um sch zu amüsieren!"

      "Das kann ich verstehen!" meinte Neubauer.

      "Nun, ich ließ mich dazu hinreißen, meine Probleme auf illegalem Weg - zumindest vorrübergehend - zu lösen. Ich sah damals keinen anderen Ausweg, als mir bei der Bank, bei der ich beschäftigt war, Geld zu beschaffen. Hier eine kleine Manipulation am Computer, dort eine weitere... Die Wahrscheinlichkeit, daß das Ganze auffliegen würde, war eins zu tausend, und ich beabsichtigte ja auch, zum Schluß alles wieder in Ordnung zu bringen. Ein zinsloses Darlehen, so könnte man es ausdrücken, das war alles. Mehr wollte ich gar nicht und wahrscheinlich wäre die Sache auch längst vergessen, wenn Jakobs mir nicht auf die Schliche gekommen wäre."

      "Wie hat Jakobs reagiert?" fragte Neubauer und nahm einen Schluck aus seinem Glas. "Lassen Sie mich raten: Er hat Sie verpfiffen!"

      Bronner nickte mit versteinertem Gesicht. "Ja, das hat er. Wir waren Freunde - seit der Schulzeit, verstehen Sie? Er hätte nur so zu tun brauchen, als hätte er nichts gesehen und vielleicht eine Woche abwarten müssen. Aber nein, das konnte er für seinen alten Schulfreund nicht tun! Er mußte zum Direktor laufen und mich anschwärzen... Seiner Karriere hat es jedenfalls nicht geschadet: Er sitzt heute selbst auf dem Direktionssessel, während ich rausgeworfen wurde. Natürlich sprach sich die Sache im Bankgewerbe herum und so gelang es mir nicht, dort je wieder Fuß zu fassen. Heute verdiene ich meine Brötchen mit dem Verkauf von Lebensversicherungen..." Er atmete schwer, seine Augenbrauen zogen sich zusammen. "Ein sozialer Abstieg, kann ich Ihnen sagen! Hätte Ralph Jakobs sich damals anders verhalten vielleicht würde ich heute auch eine Filiale leiten, wer weiß?" Seine Augen waren gerötet. "Sie wissen nicht, wie das ist", murmelte er an Neubauer gewandt. "Sie sind selbständiger Konditor, Ihr Geschäft geht gut, Sie können sich nicht vorstellen, wie man sich fühlt, wenn alte Freunde einem aus dem Weg gehen..."

      Neubauer legte Bronner eine Hand auf die Schulter. "Vielleicht verstehe ich Sie viel besser, als sie meinen!" erklärte er, woraufhin Bronner ihn ungläubig anstarrte. "Sie kennen sicher Frau Jakobs, nicht wahr?" fragte Neubauer.

      "Flüchtig. Sie war zuvor schon einmal verheiratet, soweit ich gehört habe."

      "Sie haben richtig gehört", griff Neubauer den Faden auf. "Frau Jakobs war bereits einmal verheiratet. Mit mir."

      "Ach", sagte Bronner. "Das ist ja interessant!"

      "Eine traurige Geschichte", fuhr Neubauer fort. "Wenn Sie so wollen, bin ich auch ein Jakobs-Geschädigter. Als ich Franziska kennenlernte, war ich ein kleiner Angestellter, dessen Lohn gerade ausreichte, um die Familie über Wasser zu halten. Aber Franziska genügte das nicht. Sie wollte mehr, ihre Ansprüche an das Leben waren größer, vielleicht sogar maßlos. Als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, suchte sie sich auch Arbeit, um mitzuverdienen, aber auch das reichte ihr bald nicht mehr. Sie wollte Luxus, teure Mode, ein eigenes Haus, mehr soziales Prestige... Sie trietzte mich so lange, bis ich bereit war, weiterzulernen und meinen Konditormeister zu machen. Schließlich war ich soweit und hatte mein eigenes Geschäft. Franziskas Sucht nach Höherem war für eine Weile gestillt.

      Vielleicht hätte es ihr gereicht, vielleicht wäre sie damit zufrieden gewesen, wenn... wenn Ralph Jakobs nicht aufgetaucht wäre. Wir lernten ihn bei irgendeiner Gelegenheit kennen und von da an hatte ich nicht mehr die geringste Chance, den Wettlauf mit der Zeit zu gewinnen. Was ist schon ein Konditormeister gegen einen Bankdirektor? Nichts!" "Ich sagte ja, daß er in Schwein ist, unser Bankdirektor", kommentierte Larbach Neubauers Geschichte. "Der Mann schreckt vor nichts zurück." "Ich könnte ihn umbringen!" meinte Bronner, wobei er mit der geballten Faust auf den Tisch schlug. "Was hat er Ihnen getan?" fragte Neubauer an Larbach gewandt. "Er muß Ihnen etwas getan haben, sonst würden Sie kaum so bitter über ihn reden." Larbach nickte. "Und ob er mir etwas getan hat! Er hat meinen Sohn totgefahren, aber er hatte die besseren Rechtsanwälte.

      Man konnte ihm kein schuldhaftes Verhalten nachweisen... Aber Irgendwann wird er sich vor einem anderen, höheren Richter verantworten müssen und dort wird er sich nicht herausreden können!"

      *

      Ein paar Tage waren vergangen. Die Dunkelheit war bereits hereingebrochen, als Ralph Jakobs sich auf den Weg nach Hause machte. Er hatte ein Lokal besucht, etwas getrunken und versucht abzuschalten. Es waren nur ein paar hundert Meter bis zu seinem Haus und er war schon fast angekommen. Da tauchte aus dem Schatten eine Gestalt auf. Es war ein Mann, der das linke Bein beim Gehen etwas nachzog. Jakobs erkannte den Hinkenden sofort und dachte: Was will der denn hier? Dann umgab den Bankdirektor auf einmal nur noch Schwärze.

      *

      In der nächsten Woche trafen sie sich wieder zu gewohnter Stunde an ihrem Tisch: Larbach, Neubauer und Bronner. Natürlich redeten sie über Jakobs, dessen Tod groß in der örtlichen Tageszeitung gestanden hatte. Man wußte nur, daß er mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden war. Ansonsten tappte die Polizei völlig im dunkeln.

      "So einer wie Jakobs hat sicherlich eine Menge Feinde!" meinte Bronner.

      "Und drei dieser Feinde sitzen hier an diesem Tisch!" setzte Larbach hinzu.

      "Nun erlauben Sie mal!" empörte sich Bronner. "Vermuten Sie den Mörder unter uns?"

      "Ist das so abwegig?" Larbach grinste. "Wir haben schließlich alle drei ein ausreichendes Motiv, oder etwa nicht? Jeder von uns könnte ihn umgebracht