Alfred Bekker

34 Kurz-Krimis


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wurde blaß und so beschwichtigte Larbach ihn sogleich: „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Der Kerl hat es verdient, ich verurteile diesen Mord keineswegs!"

      "Jakobs hat es wirklich verdient!" meinte Neubauer. „Man sollte den Mörder zu seiner Tat beglückwünschen."

      "Vielleicht waren Sie ja selbst der Mörder", sprach Larbach ihn mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen an. "Wo waren Sie am Mittwoch, so gegen zehn Uhr abends?"

      "Beim Tennis. Wie jeden Mittwoch."

      "Und ich war zu Hause", erklärte Bronner eiligst, woraufhin Larbach verächtlich abwinkte. "Das kann jeder behaupten. Wo waren Sie tatsächlich?"

      "Es ist doch für jeden von uns eine Leichtigkeit, sich ein Alibi zuzulegen!" schnaufte Neubauer.

      "Was soll eigentlich dieses Räuber-und-Gendarm-Spiel?" fragte Bronner ärgerlich.

      Larbach lächelte. "Ist es denn nicht interessant, mal ein bißchen Gendarm zu spielen? Es war sehr aufschlußreich, zu sehen, wie Sie darauf reagiert haben..." Er erhob sich. "Ich muß jetzt leider gehen. Es ist schon spät." Dann ging Larbach dem Kellner entgegen und bezahlte, bevor er sich dem Ausgang zuwandte und das Lokal verließ. Er zog ein wenig das linke Bein nach.

      ZUM DESSERT: EIN MORD!

      Sie hatten sich zu einem gepflegten abendlichen tete-a-tete verabredet.

      "Ich kann auch über nacht bleiben", hatte Nadine gesagt.

      "Sagt dein Mann nichts dazu?"

      "Nein, Robert."

      "Aber..."Er runzelte die Stirn.

      "Die Wahrheit ist: ich habe ihn schon seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen."

      "Hattet ihr Streit?"

      "Ja, ein bißchen. Aber ich hätte nicht gedacht, daß es so schlimm kommt und er einfach davonläuft und nicht wieder auftaucht."

      Jetzt saßen sie vor einem vorzüglichen Essen. Robert war ein guter Hobby-Koch und hatte sich gehörig ins Zeug gelegt.

      Es war ein alter Jugendtraum von ihm, Koch in einem Restaurant der haute cuisine zu sein. Aber daraus war nichts geworden.

      Er hatte Jura studiert und war Anwalt geworden.

      Robert hatte Lachs mit Kräuterbutter auf den Tisch gebracht und er sah mit Genugtuung, daß Nadine solche Kostbarkeiten zu würdigen wußte.

      Sie hoben die Weingläser und prosteten sich zu.

      "Auf meinen charmanten Gast", sagte Robert.

      "Auf einen excellenten Koch!" erwiderte Nadine freundlich lächelnd. "Und auf einen faszinierenden Mann!"

      "Sagen wir einfach: Auf uns!"

      Sie nickte.

      "Ja, das ist gut. Damit bin ich auch einverstanden."

      Zum Nachtisch gab es köstliche Eistorte. Robert hatte sie selbstverständlich eigenhändig kreiert.

      Nadine dachte kurz an ihren Mann und daran, was er wohl sagen würde, wenn er sie hier mit Robert hätte sehen können.

      Nadines Mann war temperamentvoll und sehr eifersüchtig. Und vor allem war er nicht bereit, Nadine freizugeben Nadine wiederum war keine sehr starke Persönlichkeit. Sie hatte zwar schon oft Robert gegenüber angekündigt, daß sie sich nun endlich von ihrem Mann trennen wollte, aber wenn es dann ernst wurde, schreckte sie regelmäßig davor zurück.

      Das war ein Punkt, den Robert nur schwer schlucken konnte und den er auch nicht verstand.

      Er mußte es hinnehmen, schon deshalb, weil ihm wirklich etwas an Nadine lag. Er würde ihr soviel Zeit geben, wie sie brauchte.

      "Was weiß dein Mann eigentlich von mir?" fragte Robert.

      "Er weiß, daß da etwas ist. Aber er weiß keinen Namen. Er kennt dich also nicht, jedenfalls soweit ich weiß." Sie lachte und zeigte dabei ihre strahlend weißen Zähne. "Und das ist auch gut so, Robert!"

      "Ich weiß nicht. Vielleicht würde es einiges klären..."

      "Das glaube ich nicht! Ich kann dir sagen, was passieren würde, Robert!"

      "Und was bitte?"

      "Er käme hier vorbei, würde mit einem hochroten Kopf bei dir klingeln und dich dann gleich beim Kragen packen."

      "Und dann?"

      Sie zuckte mit den Schultern.

      "Vielleicht - wenn er verhältnismäßig ausgeglichen ist - würde er eine ernste Warnung aussprechen. 'Lassen Sie in Zukunft die Finger von meiner Frau!' oder so ähnlich würde sich das anhören."

      Robert verzog das Gesicht.

      "Dein Mann ist doch keine Figur aus diesen alten Wildwest-Filmen!"

      "Er benimmt sich aber so."

      Robert schien das Ganze zu amüsieren.

      "Wie ginge es dann weiter?"

      "Vielleicht würdest du einen Kinnhaken abbekommen, vielleicht auch eine ausgewachsene Tracht Prügel..."

      "Klingt nicht sehr verlockend."

      "Was würdest du tun, Robert?" Sie schien auch zunehmend Gefallen an dieser Art der Gedankenspielerei zu entwickeln. "Mein Mann ist über eins neunzig groß und ein ziemlich breiter Schrank."

      "Kein Problem, Nadine!"

      Robert griff blitzschnell unter sein Jackett und zog eine Pistole hervor. Nadine erschrak.

      "Mein Gott, Robert! Das... Das wußte ich bisher nicht!"

      "Habe ich dir nicht erzählt, daß ich Sportschütze bin und eine Waffen besitze?"

      "Doch, das wohl. Aber ich wußte nicht, daß du sie ständig bei dir trägst!"

      Er zuckte mit den Schultern. "Ich habe oft genug die Opfer von Gewalttaten vor Gericht vertreten müssen. Wir leben in einer gefährlichen Zeit und ich möchte nicht eines Tages selbst zu diesen Opfern gehören."

      Sie atmete tief durch. "Ja, das verstehe ich. Aber wenn man so etwas sieht, verschlägt es einem im ersten Moment einfach die Sprache..." Dann blitze es in ihren Augen. "Würdest du meinen Mann erschießen, wenn er hier auftauchen würde?"

      Er nickte. "Warum nicht? Wären damit nicht alle meine Probleme gelöst? Ich hätte dich endlich für mich gewonnen..."

      Sie lächelte freundlich und faßte seine Hand. "Leider ist das wohl kein gangbarer Weg", meinte sie.

      "Weshalb nicht?"

      "Du scherzt! Aber im Ernst: Weil die meisten Morde irgendwann einmal aufgeklärt werden. Bei Autoeinbrüchen ist das anders, da hat man als Täter eine Chance. Aber nicht als Mörder, Robert."

      Sie lachten beide herzhaft. Der Wein hatte sie bereits etwas beschwipst und ihre Zungen gelockert.

      "Weißt du, weshalb die meisten am Ende gefaßt werden?" fragte sie und gab auch gleich die Antwort: "Weil sie keinen wirklich guten Ort wissen, an dem man die Leiche verstecken kann!"

      "Man könnte meinen, du hättest praktische Erfahrungen auf diesem Gebiet!"

      "Nein. Ich habe nur jede Menge Romane gelesen." Um ihre Mundwinkel spielte ein schwer zu deutendes Lächeln. "Angenommen, mein Mann wäre hier aufgetaucht, hätte dich zur Rede gestellt, vielleicht auch angegriffen und du hättest ihn erschossen... Wo hättest du die Leiche versteckt? In den Fluß geworfen? Im Garten vergraben?"

      "Bevor wir uns darüber unterhalten, Schatz: Möchtest du zum Schluß noch einen Cappuccino?"

      "Oh, ja, gerne."

      "Gut, dann gehe ich schnell in die Küche und mach uns einen!"

      Sie sah ihm nach und dann fiel ihr Blick auf die restlichen Stücke der Eistorte, die