Bianca Wörter

Wandlerin zwischen den Welten


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wir.

      Beim Abschied zwinkerte mir Ralf zu: "Vergiss deinen Bikini morgen Abend nicht."

      Ich nickte etwas verwirrt.

      Yan brachte mich nach Hause und ich fragte ihn, was Ralf mit seiner letzten Bemerkung gemeint hatte.

      Yan lachte: "Ja, Ralf sieht nicht nur gut aus, er ist auch noch relativ wohlhabend. Er hat von seinem Onkel ein kleines Vermögen geerbt und verdient in seinem Job sehr gut. Er arbeitet als Industriekaufmann in einer großen Firma und hat sich bis fast an die Spitze hochgearbeitet. Von seinen Eltern hat er das große Haus, in dem er wohnt, geerbt. Das Grundstück, auf dem das Haus steht, ist so riesig, dass ein Swimmingpool gut Platz hatte."

      Ich runzelte die Stirn: "Heißt das, dass auf der Geburtstagsparty nur Snobs anwesend sind? Auf mich machte Ralf den Eindruck, als sei er ganz 'normal'. Es scheint so, als sei er auf dem Teppich geblieben."

      Yan lachte wieder: "Ja, Ralf ist trotz seines Reichtums ganz normal geblieben. Es werden nicht nur Leute in Markenkleidung Champagner schlürfend um den Pool herumstehen und über das Geschäft reden. Er hat durch seine Art ganz nette und normale Freunde. Zumindest lädt er nur diese zu seinen Partys ein. Sei unbesorgt."

      Ich beschloss, dass ich alles auf mich zukommen lassen würde. Es blieb mir auch gar nichts anderes übrig.

      8. Freundschaften

      Am Tag darauf überlegte ich, was ich Ralf zum Geburtstag schenken würde. Ich kannte ihn noch nicht lange genug, um ihm ein persönliches Geschenk machen zu können, ohne total falsch zu liegen. Also beschloss ich ihm ein Geschenk zu besorgen, das witzig, total überflüssig ist und doch Spaß macht, zumindest nach dem Auspacken und dann in der Ecke bei den anderen Geschenken landete, die in die Kategorie "Nett gemeint, aber total unbrauchbar" eingeteilt ist.

      Yan holte mich am Abend ab, weil ich nicht wusste, wo Ralf wohnte. Ich musste schlucken, als wir vor dem Gebäude hielten.

      Das war kein Haus - das war eine richtige Villa!

      Riesig, hell, Balkone mit Säulen, eine gigantische Tür aus Mahagoni. Als wir klingelten, machte uns der Hausherr persönlich auf. Es hätte mich nicht gewundert, wenn statt Ralf plötzlich ein alter Butler mit silbergrauem Haar und starrer Miene vor uns gestanden hätte.

      "Kommt herein. Ihr seid die ersten."

      Ich seufzte innerlich erleichtert auf. Mir war es lieber, wenn ich die erste war, anstatt später zu kommen und mich von hundert Augenpaaren mustern zu lassen. So konnte ich in Ruhe erst einmal alles beschnuppern.

      Wir gelangten in eine großen Eingangshalle. Rechts von uns führte eine Treppe mit Marmorstufen in das erste Stockwerk. Überall befanden sich Kopien von griechischen Statuen. Auch Michelangelos David befand sich darunter. Zwar kitschig, aber, wenn man ehrlich ist, auch total schön! Die Wände waren in einem warmen Beige gehalten und überall prangten große Töpfe mit Pflanzen, die wie riesige Farne aussahen. In der Mitte der Eingangshalle thronte ein Springbrunnen aus Marmor und ich dachte verzückt, dass ich mir so etwas auch schon immer gewünscht hatte, denn die Luft war durch bewegtes Wasser herrlich frisch und klar, roch wie frisch gewaschen, sah umwerfend aus und ich liebte das Geräusch von permanent plätscherndem Wasser - es erinnerte mich immer an Urlaub in südlichen Gefilden. Ein eindeutiger Stil war nicht zu erkennen. Alles war kunterbunt durcheinander gewürfelt, aber es gefiel mir. Dennoch fühlte ich mich, als ob ich in eine vollkommen andere Welt getaucht wäre. Ich war keinen Reichtum gewohnt, hatte nicht einmal einen Hauch von Ahnung davon. Befangenheit kam auf, was erwartete man von mir, sollte ich mich irgendwie anders verhalten?

      Ich war eingeschüchtert.

      Ralf geleitete uns ins Wohnzimmer und hier fühlte ich mich schon etwas wohler, denn der Eindruck, dass in dem Haus von Ralf kein Stil geradlinig eingehalten wurde, verstärkte sich hier noch. Alles war in Holz unterschiedlichster Art gehalten. Hier ein Kieferschrank, dort ein Mahagonisekretär. Natürlich alles in beachtlichem Ausmaß. Der Kachelkamin war die Krönung von allem. So einen großen Kamin hatte ich noch nie gesehen! Der Landhausstil der Kacheln passte am wenigsten in das Sammelsurium und doch war er der zentrale Punkt, an dem man sich entspannen, ausruhen, wohlfühlen konnte. Ein herrliches Durcheinander diverser Geschmäcker. Eine Wand des riesigen Wohnzimmers bestand aus Glas, in der sich eine Tür befand, die nach draußen auf die angrenzende Terrasse führte. Der herrliche Garten mit dem besagten Swimmingpool schloss sich daran. Das Wohnzimmer war durch die Glaswand angenehm hell. Ralf erklärte stolz, dass, wenn die Sonne direkt hereinschien, die gesamte Glasfläche automatisch von einem Rollladen verdeckt wurde. Dadurch wurde es auch nicht zu heiß in dem Raum.

      Ralf erzählte schmunzelnd weiter: "Mein Vater und meine Mutter versuchten diese riesigen Räume nie einschüchternd aufzubauen. Sie hatten zwar Geld, wollten aber nicht damit protzen. Sie wollten nie durch Besitztümer zeigen, was sie hatten. Beide hatten auch in der Einrichtung ganz unterschiedliche Geschmäcker, wie ihr unschwer erkennen könnt. Bei der Planung der Räume setzte jeder seinen Kopf durch. Dieses gemütliche Durcheinander war das Ergebnis. Sie hatten sich oft Kritik anhören müssen, natürlich nie offen, sondern immer nur durch Gerüchte und Getratsche, dass sie keinen Geschmack und kein Stilempfinden hatten. Aber trotzdem hat sich hier noch jeder wohlgefühlt und die größten Verträge wurden in diesem Wohnzimmer abgeschlossen. Natürlich gibt es immer Neider. Ich liebe dieses Haus und würde mich nie davon trennen. Aber lasst uns zum gemütlichen Teil übergehen. Darf ich euch ein Glas Sekt reichen?"

      Wir bejahten. Ich gab ihm sein Geschenk und küsste ihn kurz auf die Wange. Nachdem wir alle ein Glas Sekt in der Hand hielten und angestoßen hatten, packte Ralf sein Geschenk aus. Er starrte das Geschenk an und lachte auf einmal los. Ich konnte meine Augen nicht von seinen Grübchen abwenden.

      Dann sagte er schmunzelnd: "So etwas hatte ich mir als Kind immer gewünscht. Aber leider hatte ich es nie bekommen. Also muss ich erst zweiunddreißig Jahre alt werden um das zu erhalten, was ich mir immer gewünscht hatte. Danke."

      Ich strahlte innerlich. Glückstreffer! Ich hatte ihm ein riesiges, aufblasbares Krokodil für seinen Swimmingpool besorgt.

      Ralf legte das Krokodil zur Seite, kam auf mich zu, nahm mich in den Arm und küsste mich leicht auf den Mund: "Danke."

      Ich hielt die Luft an. Wann würde er mich richtig küssen? Ich konnte es kaum mehr abwarten. Aber meine Geduld wurde noch auf die Probe gestellt und schließlich war Yan auch noch da. Ralf fing mit vollen Backen an das Krokodil aufzublasen, als es klingelte. Die nächsten Minuten verliefen dermaßen chaotisch und komisch, dass ich mich allen Ernstes fragte, wie ich je daran hatte zweifeln können, dass Ralf kein Snob ist. Er rannte zwischen Eingangstür und Wohnzimmer hin und her, ließ die Gäste herein, schenkte Sektgläser ein, stieß an, hatte das Krokodil immer in der Hand oder am Mund, blies auf, trank einen Schluck Sekt mit, nahm Geschenke in Empfang, versuchte verzweifelt das Krokodil fertig aufzublasen, wurde aber jedes mal durch neuerliches Klingeln daran gehindert, bis er es endlich, gespielt entnervt, aufgab und allen Gästen lachend erklärte, dass das Krokodil sein erstes Geschenk, von mir, an diesem Tag gewesen war. Ich lächelte ein wenig scheu, als ich so ins Rampenlicht gerückt wurde. Dann wechselte ich mit seinen Freunden und Bekannten höfliche Worte und stellte nach einem kurzen Rundumblick fest, dass alle in meinem und Ralfs Alter waren und gar nicht so steif, wie ich innerlich befürchtet hatte. Natürlich gab es auch hier die berühmten Ausnahmen, die sich aber in Grenzen hielten. Nach einem weiteren Gläschen Sekt sah alles viel freundlicher aus und alle tauten untereinander auf. Es wurde eine richtig gemütliche, fröhliche Gesellschaft.

      Von Ralf wurde schließlich das Buffet auf der Terrasse eröffnet und endlich blies er sein Krokodil fertig auf, setzte es stolz in den Pool, wo es fröhlich vor sich hin dümpelte.

      Der Pool war zehn auf zwanzig Meter groß, zwei Meter tief und wurde von außen wie innen mit verschieden farbigen Lichtern beleuchtet.

      Der Garten war einfach gehalten: Ein sehr gepflegter Rasen und die Begrenzungshecken zum nächsten Grundstück, viele große Tannen, die asymmetrisch gepflanzt waren und wenige Blumenbeete. Es war ein richtig herrlicher Garten zum Feiern.