denn Ralf bewies ein sagenhaftes Schauspieltalent. Auf zittrigen Beinen bat mich Ralf, dass ich ihn in sein Bad begleiten sollte, damit er auf den Schock hin heiß duschen konnte, weil er fror, doch die Party sollte ruhig weiter gehen, denn sonst ging es ihm gut.
Die Gäste hatten keine Einwände und ich folgte Ralf.
Ich musste nun doch innerlich schmunzeln. Ralf hatte Ideen! Er legte seinen Arm um meine Schultern als wir im Haus waren und stützte sich ein wenig auf mir ab.
Das Badezimmer lag im ersten Stock und wir stiegen nebeneinander die Treppen hoch. Als wir im Bad ankamen, musste ich erst einmal staunend stehen bleiben, denn es war das herrlichste Bad, das ich je gesehen hatte! Es war mit hellblau marmorierten Fliesen bis unter die Decke verkleidet und auf diesen Fliesen tummelten sich überall riesige Delphine, so lebensecht wie im Meer. Die dunkelblau marmorierte Badewanne war komplett in den Boden eingelassen, man konnte über kleine Stufen einsteigen und sie war so groß, dass ich ohne Probleme hätte darinnen liegen können. Auch sie war von der Form her einem aus dem Wasser springenden Delphin ähnlich. Eine Dusche mit durchsichtigen Fenstern stand in der rechten Ecke, daneben zwei blau marmorierte Waschbecken. Die Toilette befand sich in einem Nebenraum des riesigen Bades. Überall standen und hingen Delphine: Auf den blauen Handtüchern, ein kleines Radio, das über der Badewanne hing, selbst die Seife auf den Waschbecken waren von der Form her aus dem Wasser springende blaue und weiße Delphine. Der krönende Abschluss war die mannshohe Statue eines Delphins. Sie bestand aus Glas, in dem blaue Fontänen unterschiedlichster Dicke und Länge eingefroren zu sein schienen und stellte selbst einen mit seiner Fluke auf Schaumkronen tanzenden Delphin dar, der sein rätselhaftes und doch unbekümmertes Lächeln zur Schau stellte.
Ich war überwältigt! Ich mochte Delphine, aber ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Mann so sehr Delphine lieben kann, dass er dies in diesem besonderen Kitsch zur Schau stellte.
"Was sagst du dazu?", riss mich Ralfs Stimme aus meinen Gedanken.
"Du überraschst mich immer wieder", antwortete ich wahrheitsgemäß.
"So wie vorhin?," gab er schelmisch zurück.
Ich drehte mich zu ihm um und blickte ihm in die dunkelblauen Augen, die in dem warmen, hellen Licht des Bades funkelten. Ralf starrte mich so durchdringend an, dass ich mich nackt fühlte. Genaugenommen war ich das beinahe, denn ich trug immer noch meinen Bikini, das Handtuch lag wahrscheinlich am Rande des Pools.
Ralf kam einen Schritt näher und legte seine Hände auf meine Schultern, drückte sie ganz leicht und ließ mich nicht aus seinen Augen: "Du bist eine wunderschöne Frau."
Ich sagte nichts.
"Magst du Yan noch?", fragte er plötzlich.
Ich war verdutzt, legte meinen Kopf schief, aber es war mir klar, dass er es wissen musste, dass Yan und ich beinahe zusammen gekommen wären, weil er sein Freund war.
Ich schüttelte den Kopf: "Ich mag ihn als Freund, aber nicht als Partner, wenn es das ist, was du wissen möchtest."
Ralf lächelte: "Ja, das wollte ich wissen. Glaub mir, es ist besser so, denn du kennst ihn nicht."
Ich entzog mich seiner Berührung: "Willst du jetzt schlecht über ihn reden? Er ist dein Freund!"
Ralf nickte und ein trauriger Zug umspielte seine Mundwinkel. Das verwirrte mich - damit hatte ich nicht gerechnet.
"Also hast du ihn nie ganz kennen gelernt. Sei froh, denn die Zeit, die du mit ihm gehabt hättest, wäre zu schnell vergangen."
Ich blickte ihn verdutzt an, aber ich konnte weder Spott, noch Hass, noch sonst eine Reaktion in seinen Augen lesen, nur diesen sehr traurigen Ausdruck, der seine Augen matt erscheinen ließ.
Ralf ging einen Schritt zurück und sagte: "Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da. Ich hab mich in dich verliebt und ich bin wirklich."
Die letzten Worte hallten in meinem Geist noch lange nach: 'Ich bin wirklich.'
Yan nicht? Wie sollte ich das denn verstehen? Mein Bauch meldete sich wieder, diesmal stärker, der Druck erweckte in mir eine leichte Übelkeit, aber ich ignorierte sie.
Ralf nahm mein Gesicht in beide Hände, gab mir einen leichten, zärtlichen Kuss, nur ein Hauch auf meinen Lippen und ließ mich los: "Du gehst jetzt besser. Ich werde schnell duschen, dann komm ich nach."
Ich ließ mir das nicht zweimal sagen und rannte die Treppen herunter, ganz in meine Gedanken vertieft.
Draußen angekommen steuerte ich die Bar an, nahm mir ein Bier, zündete eine Zigarette an und lehnte mich an die Wand, mit leeren Augen in die Sommernacht starrend.
Ich zündete mir eine zweite Zigarette an. Als Ralf schließlich herunter kam, rauchte ich schon die dritte und hatte mir noch ein Bier genommen. Ich zitterte innerlich und wollte mich endlich zusammenreißen. Ich lächelte Ralf an, er berührte mich leicht am Arm und ging mit mir zu Yan, der gerade mit einer blonden Frau redete und lachte. Die Zeit verging und ich fühlte mich immer besser. Ich hatte mir noch ein Bier geholt und fühlte mich pudelwohl, als auch die letzten Gäste gingen. Yan und ich waren die letzten, die noch da waren. Ich blickte auf die Uhr: Es war schon vier Uhr morgens!
Ralf legte Yan und mir je einen Arm um die Schultern und fragte: "Möchtet ihr hier übernachten? Ich denke, dass keiner von euch beiden noch fahren kann oder will. Ich habe Gästezimmer hier - Yan weiß das natürlich."
Er grinste Yan brüderlich zu.
Yan meinte: "Gern. Und du, Alena?"
Ich zuckte mit den Schultern. Mir blieb gar nichts anderes übrig, da ich keine Lust hatte mitten in der Nacht quer durch die Stadt nach Hause zu laufen und ich hatte auch nichts dagegen. Yan verkündete, dass er müde sei und sich gleich schlafen legen würde.
"Ich bin noch nicht müde, leistest du mir Gesellschaft?", fragte Ralf.
Ich nickte, wünschte Yan eine gute Nacht und als dieser, etwas schwankend, im Haus verschwunden war, führte mich Ralf in das Wohnzimmer, wo er mir einen weißlichen Likör in einem kleinen, hohen Glas kredenzte. Ich nippte daran und spürte ein herrlich brennendes Sahnearoma auf meiner Zunge. Wir saßen an dem niedrigen Holztisch, der in der Mitte braun marmorierte Fliesen aufwies und schauten uns in die Augen. In meinem Kopf drehte sich durch den Alkoholgenuss die Wahrnehmung.
Ralf schenkte mir etwas von dem Likör nach und plauderte: "Wenn ihr möchtet, könnt ihr gern noch ein paar Tage hier bleiben. Ich hab nächste Woche noch Urlaub und gern Gesellschaft. Es würde mich freuen."
Ich legte meinen Kopf schief: "Auch auf die Gefahr hin, dass Yan nicht wirklich ist?"
Ralf senkte seinen Kopf: "Es tut mir Leid. Ich bin ein Dummkopf. Ich hätte eine solche Bemerkung nicht machen dürfen."
Ich war unerbittlich: "Hast du aber. Würdest du mir jetzt bitte erklären, was du damit gemeint hattest?"
Er schüttelte wie erwartet den Kopf: "Nein. Sei mir nicht böse. Noch nicht. Aber ich werde es nachholen."
Er sagte nicht "versprochen" - daher glaubte ich ihm.
"Es war ein sehr schöner Abend", schnurrte ich versöhnlicher.
Ralf strahlte: "Das freut mich."
Wir stießen mit den Likörgläsern an.
Ralf setzte das Glas ab: "Alena. Ich bitte dich nur um eines. Wann immer dich eine Sorge drückt, dann komm zu mir, auch, wenn es dir noch so komisch vorkommt. Ich werde dich nie auslachen. Ich werde dir immer glauben! Versprich mir das."
Ich versprach es, obwohl sich dabei mein Bauch so sehr verkrampfte, dass ich vor hellem Schmerz kurz zusammen zuckte. Ich führte meine Magenprobleme auf den übermäßigen Alkoholgenuss zurück und vermutete schon, dass ich mich nach dieser Nacht dringend in Entzug begeben musste. Ralf hatte mein Zusammenzucken nicht bemerkt, denn er lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück und ich tat es ihm gleich.
Wir hörten leise Musik, hingen unseren Gedanken nach. Mir war außen wie innen warm, ich spürte eine