Ally Park

Das Geständnis


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meinem erklärten Ziel erfasst der Duft von Frühstücksgebäck meine Sinne. Erlegen, beinahe ergeben kaufe ich rasch noch Brioche, Krapfen und Brötchen. Srr, meldet mein Handy beim Bezahlen beiläufig den Eingang weiterer Meldungen.

      Wieder draußen hält die Linke meinen duftenden Schatz gut verpackt und die Rechte führt mir das Display vor Augen:

      Shit, ich hab ja Sonjas Meldung von gestern noch gar nicht gelesen! Mein schlechtes Gewissen erleichtere ich somit sofort und ackere mich durch die Zeilen, eine nach der anderen und meine Geschichte wird runder. Kim scheint von Amerika nach Europa zu wollen. Sie setzt nicht nur mit Pretty Palfoux einen ersten Schritt mit einer satten Investition in das Projekt des LNG nahe Triest.

      Auch ein Pipelineprojekt Richtung Russland erhält von ihrer Investmentfirma hohe Beträge. Klar, glasklar, der LNG wird gebaut. Da kann sich Brüssel mit seinen Förderrichtlinien weder querlegen, noch anders etwas ausrichten. In diesen Kreisen regiert Geld und Macht, nichts anderes. Wobei, Geraldine würde mir das so nicht glauben?

      Da entdecke ich noch einen bekannten Namen in der Immobilienfirma von Ron: Ivan. Der Mann in der ersten Reihe neben Ron. So kenne ich Ivan auch am PS-besessenen Monster in Kuba. Zufall? Bestimmt nicht!

      Doch dann fährt mein Blut Achterbahn, Ernesto, der Name scheint auf, nicht bei Rons Firma, nein, das ist einer der Namen der Liste betreffend die Baufirma von Kim.

      Das will ich wissen! Ich werde Ron zusagen, anders kann ich nicht! Der Gedankenblitz – meine Entscheidung? Ruhig Angie! Am Tor zu unserer Apartmentanlage angekommen, überlege ich, überschlage alle Fakten:

      Nur eine Reise nach Italien, nur einmal diese Immobilie ansehen, Ron zum Reden bringen, Zusammenhänge erkennen?

      Als Mutter befürworte ich mich plötzlich, immer halte ich den Jungs vor, wenn du etwas angefangen hast, dann bring es auch zu Ende. Jetzt habe eben ich mich daran zu halten.

      Als Ehefrau erfüllen mich die Worte von John, ich verliere ihn nicht, er ist mein Netz. Ja, ich vertraue ihm blind.

      Als Angie hält mich nichts, bremst nichts meine unersättliche Neugier und meine Begierde. Ich schmunzle, während ich den Schlüssel im Türschloss zum Apartment umdrehe, aber nicht die Leidenschaft zu einem Mann, nein, es ist die Leidenschaft zu handeln, einfach etwas zu tun, was mich erfüllt.

      Also lasse ich meine Entscheidung zu!

      VIER

       Du wirst so zufrieden sein, mit dem, was du jetzt lesen darfst! Ich werde mir das Immobilienprojekt anschauen. Noch bin ich in einem kleinen Fischerdorf an der nördlichen Adria, wenn du willst dann triff mich in Spilimbergo. Du musst schnell sein, ich hasse es zu warten: Wir treffen uns morgen. Ich weiß du fährst gerne deine Harley ! Meine dir noch unbekannte Leidenschaft. Ich komme mit meinem Bike. Wenn du kein Looser bist, dann gib mir einen Treffpunkt vor!

      Das ist meine Nachricht an Ron, ohne Anrede, ohne Gruß, eben nur ich. Ich weiß, er hasst das! Ich spiele also meine Rolle in meinem Traum, den ich zur Realität erkläre – Shit, fühlt sich das gut an.

      Die Nachricht tippe ich, während die Jungs in Vorfreude auf die süßen Köstlichkeiten ganz alleine den Frühstückstisch am Balkon eindecken. So lehne ich im Teaksessel in der Morgensonne, betrachte meinen Stolz, nein, nicht das Display meines iPhones, es ist meine Familie.

      Ich habe meine Entscheidung getroffen, ich werde einen Versuch wagen. So sicher macht mich das Geständnis, nicht meines. Nicht meine erbärmlichen Erfahrungen in Jamaika! Nein, es ist das Geständnis wahrer Liebe, es sind die Worte von John.

      Verrückt, würde Sonja meine Idee nennen, bestimmt nicht verkehrt, aber ich werde niemals meine Familie gefährden, das ist ein weiteres Gebot in diesem meinem mich so bezeichnenden Wirrwarr.

      Unsere Finanzen stehen ungünstig und das ist eine grandiose Untertreibung. Würde ich dieses Anbot von Ron nicht annehmen, hätte ich meinen Kopf verloren. Meine Ansicht der Sache! Diese Möglichkeit, sie ist so selten, so nahe. Es wäre verrückt, sie vorübergehen zu lassen und sie nicht auszuprobieren.

      „Kann ich jetzt meinen Krapfen haben?“, zappelt Sid neben mir und hat dermaßen brav sein ganzes Obst gegessen, dass er kein Nein erwartet. „Sicher!“, meldet John sich und sieht mich fragend an. Den Kindern reicht das eine Wort. Sie erstürmen Süßes!

      Johns Augen fragen nicht nach Süßem, mehr nach meiner geistigen Abwesenheit…

      „Ich würde dir gerne etwas sagen!“, bahne ich meiner Entscheidung einen Weg.

      „Was hältst du von einer Motorradtour nach Triest? Wir fahren nach dem Frühstück los, Aaron und Sid kommen hier gut zurecht, außerdem habe ich gesehen, dass Marco und Elena mit ihren Eltern da sind, sie sind zuerst unten am Parkplatz zugefahren.“

      „Marco ist da?“, will Aaron wissen und hat seinen Krapfen bereits vernichtet. „Können wir mit ihm unten im Garten spielen?“, fordern vier Kinderaugen ein Ja. „Bitte, Mum!“, legt Sidney ungeduldig nach.

      „Ok, überredet!“, gebe ich eigentlich gerne zu. Meine Gelegenheit!

      Vier Kinder toben im Garten und man könnte glauben, es ist eine ganze Schulklasse unterwegs, es geht ihnen gut! Marcos Eltern sind für den Fall aller Fälle da und Handy haben Sid und Aaron auch.

      Beruhigt und gleichzeitig angespannt nehme ich in meiner Lederkluft hinter John auf dem Motorrad Platz. Fremd als Sozius, sonst ist ja der Platz an der Front – vorne – meiner. Viel früher, da war es normal, dass ich mitfuhr. Schnell war ich aber auch selbst Fahrerin und seit die Kinder auf der Welt sind, bin ich nicht mehr als Sozius mitgefahren, kein Wunder, dass mir das Gefühl dafür abhanden gekommen ist.

      Gemeinsam rauschen John und ich den winkenden Kindern davon. John lenkt direkt in Richtung SS14.

      Straßenschilder fallen an mir vorüber, die Landschaft flitzt nur so vorbei. Erinnerungen tun es dieser nach. Fest lehne ich an der Sissybar, will meine Gedanken zügeln. Fossalon, ein Schild, nein, mein Gedanke, hier fuhren Aaron und John zum ersten Mal unseren Quad. Auch ich drehte zu gerne die Quadrunden hier im Sand.

      Wir passieren den Kreisverkehr zum Flughafen nach Ronchi. Nicht die Erinnerungen an meinen kürzlichen Trip nach Triest flackern auf. Nein, es ist meine Erinnerung an die Fahrt mit den Kindern vor ein paar Jahren, wir richteten in unserem Apartment einiges neu ein. Es war schön, es war eine heile Welt, eben alles in Ordnung. Die Kinder freuten sich über die neuen Möbel, noch mehr aber über das Eis an diesem Tag.

      Zwei Hände erfassen plötzlich meine Schenkel von vorne und entreißen mich meiner Gedankenträume. „Alles ok, wie sitzt man da hinten so?“, erkundigt sich John. „Ungewohnt, aber doch überraschend bequem“, antwortet mein Mundwerk, nicht ich. Mein Herz unruhig. Der Herzschlag in mir wird mit jedem Kilometer, den wir Richtung Triest hinter uns lassen, schneller. An der Kreuzung am Hafen in Monfalcone steht die Ampel wieder mal auf rot. Mein Blick streift nach links ins Grün. Es ist jetzt fünf Jahre her, wir waren dort als frischgebackene kleine Familie – Sid war noch leicht zu tragen – unterwegs, erkundeten mit den Kindern die Fußgängerzone und die Geschichte. So überwältigen eine Mutter schlichte alte Mauern und davor Grünanlagen an der Straßenseite. Die Ampel meldet grün und John lenkt uns nach rechts weiter, immer weiter Richtung Triest.

      Shit, die Straße sie ist mir so bekannt. Unser erster Urlaub, auch er führte mich hier entlang. John und ich bestaunten frisch verliebt das Schloss Miramar, erkundeten in inniger Zweisamkeit vermeintliche Abkürzungen zu einem Aussichtspunkt. Meine Highheels damals? Sie taugten nicht zum Wandern. Ich lächle, während mich Tränen rühren. Egal sind mir die Schuhe, es ist das Empfinden für John. Schon damals war er für mich einfach umwerfend, die Erlebnisse mit ihm, einzigartig. Wir nahmen nicht die Hauptstraße, nein, wir entschieden uns damals schon für den Weg querfeldein. Die Highheels überlebten die Entscheidung nicht. Und wir?

      Das