Anne Daurer

Sommer am Höhlensee


Скачать книгу

Mutter hat mir gesagt, dass Ihr hier seid!“

      Sophia kam näher. „Warum seid Ihr ohne mich abgehauen?“

      Flip sah Patte vorwurfsvoll an. „Hab ich’s nicht gesagt?“

      „Wer ist das denn?“, flüsterte Nina. Sie sah neugierig das Mädchen an, das in Glitzertop und hautengen Jeans am Ufer entlang balancierte.

      Sophia hatte sie gehört. „Ich bin Sophia! Die Cousine von Flip! Aus Nürnberg!“

      „Und seit Sonntag zu Besuch“, seufzte Flip. „Leider.“

      „Zum Glück darf ich morgen heim!“ Sophia sah Nina geringschätzig an. „Und wer bist du?“

      „Janina Holme. Die Freundin von Patte. Aus Reunach.“

      Hitze schoss in Pattes Kopf. Sein Herz wummerte.

      „Aha.“ Sophia zeigte auf die Decke. „Und was ist das?“

      „Was zum Essen“, lachte Nina.

      „Ihr esst auf dem Boden?“ Sophia rümpfte die Nase, inspizierte das Seebuffet aber sehr genau.

      „Also … na ja.“ Sophia drehte sich um die eigene Achse.

      „So schön ist es hier gar nicht!“

      „Ich bin gerne hier.“

      „Ich auch!“, rief Nina. „Oder, Patte?“

      „Hm. Ähm …“ Patte konnte nichts sagen. Das Herzgewummer störte sein Sprachzentrum.

      Freundin, hatte Nina gesagt.

      Sophia stellte sich breitbeinig hin. „Nina! Weißt du schon, dass meine Schuhe gestohlen wurden?“

      Flip schnaufte. „Geht das schon wieder los.“

      Nina blinzelte in die Sonne. „Nein. Weiß ich nicht.“

      „Ja! Echt schlimm! Super rosa Lederschuhe! Mit super Fransen!“

      „Kotzwürg“, murmelte Flip.

      Nina sah Sophia amüsiert an. „Aha. Echt?“

      „Voll geile Teile! Und jetzt sind sie weg!“

      „Einer ist weg“, verbesserte Flip.

      Sophia sah ihn böse an. „Den hat jemand aus der Straße geklaut! Das weiß ich genau!“

      Nina lachte laut. „Wer will denn freiwillig rosa Fransenschuhe haben?“

      Sophias Gesicht wurde dunkelrot. „Ihr habt echt null Ahnung!“ Sie warf einen ungeduldigen Blick auf den See.

      „Echt scheiße hier!“, schrie sie und stapfte davon.

      „Was war das für ein Auftritt?“, lachte Nina, nachdem Sophia verschwunden war.

      „Keine Ahnung.“ Patte wusste nur, dass sein perfekter Seetag hinüber war.

      „Rosa Fransenschuhe!“ Nina schüttelte sich vor Lachen.

      Auch wenn Patte Sophia hasste, freute er sich insgeheim. Ihr Auftritt hatte Nina vom Holzmannhaus abgelenkt.

      Patte öffnete eine Limodose. Als er einen großen Schluck trinken wollte, hörte er von weitem Sophias Stimme.

      „Philipp!“, schrie sie von irgendwo. „Komm schnell!“

      Flip zuckte zusammen.

      „Was ist jetzt los?“, fragte Nina.

      „Nichts.“ Patte trank hastig die Limo leer. „Die schreit pausenlos.“

      „Philiiiiiiiiiiiiiiiipp!“

      Flip stand auf. „Ich weiß nicht …“

      „Da ist nichts!“

      „Aaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhh!“

      „Das klingt aber nicht nach Nichts.“ Nina blickte unsicher über den See.

      „Finde ich auch!“ Flip zog seine Schuhe an. „Ich muss nachschauen.“

      „Ich komme mit!“, rief Nina.

      „Oh nee.“ Patte schlug beide Hände an die Stirn.

      „Und wenn was passiert ist?“

      „Da ist nichts!“

      „Hilfeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!“

      „Bist du sicher?“, fragte Nina.

      Patte seufzte. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als mitzugehen und nachzusehen.

      3. Schau selber

      „Echt cool.“

      „Was?“

      „Das hier.“

      „Was meinst du?“

      „Durchs Gebüsch latschen. Blöde Cousinen suchen. Echt cool. Genau das wollte ich in den Ferien machen.“

      „Hab dich nicht so.“ Nina knuffte Pattes Schulter.

      „Hoffentlich ist nichts passiert!“ Flip machte ein Gesicht, als ginge es um Leben und Tod.

      „Sophia?“, rief er mit zitternder Stimme.

      „Hiiiiiieeeeeer! Ich bin hiiiiiiiiiiieeeeeer!“

      „Sie lebt noch“, stellte Patte fest.

      „Wir kommen!“ Flip stolperte über Wurzeln und Grasbüschel.

      „Na endlich!“ Wie ein Geist tauchte Sophia neben einem Busch auf. „Das hat ja ewig gedauert!“

      „Wa-was is-ist pa-passiert?“ Flip betrachtete seine Cousine ängstlich von allen Seiten.

      „Genau!“ Patte sah Sophia grimmig an. „Erzähl! Was ist papapassiert?“

      Nina kicherte.

      Sophia sah sie verächtlich an. „Da drüben!“

      „Wa-was ist da-da?“ Flip schielte in die besagte Richtung.

      „Komm mit!“ Sophia stapfte davon.

      Flip stolperte hinterher.

      Patte sah ihm nach. „Ich hab keine Lust.“

      Nina reckte den Hals. „Willst du nicht wissen, was da ist?“

      „Nö.“

      „Ich schon.“

      Patte wartete, bis Flip außer Hörweite war. Jetzt war eine gute Gelegenheit. Er holte tief Luft.

      „Nina … ich muss dich was fragen. Weil … ähm … also … du hast da vorhin was gesagt …“

      „Ja?“

      „Das … also, das …“

      „Was meinst du?“ Nina sah Patte neugierig an.

      „Das mit der …“ Pattes Herz schlug bis zum Hals. Das Wort Freundin wollte nicht über seine Lippen.

      Flip tauchte zwischen den Büschen auf. „Kommt Ihr? Die Alte macht mich verrückt!“

      „Wir kommen!“, rief Nina. „Oder, Patte?“

      „Na gut. Wenn’s sein muss.“

      „Was wolltest du fragen?“, fragte Nina, während sie dem kaum sichtbaren Grastrampelpfad von Flip und Sophia folgten.

      „Nichts.“ Pattes Mut war verpufft wie eine Silvesterrakete am Nachthimmel. Er wollte nicht mehr wissen, wie Nina irgendwas gemeint hatte. Der Nachmittag war verdorben. Wegen Flips dämlicher Cousine. Er stapfte mit finsterer Miene über Grasbüschel, Steine und Baumwurzeln.

      Sophia blieb stehen. „Hier!“

      Vor ihnen erhob