Valuta Tomas

Final Game


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die Tasse zurück.

      »Ich gehe duschen.« Mit diesem Satz krabbelt sie auch schon aus dem Bett, huscht durch die Schlafzimmertür und verschwindet im Gästezimmer. Jessica schaut ihr hinterher und könnte sich trotz Lauras und Sams Worten in den Arsch beißen. Sie wird es sich nicht so schnell verzeihen, dass sie ihrer besten Freundin für eine Nacht ihre Frau geklaut hat, während diese hilflos im Krankenhaus liegt und um ihr Leben kämpft.

      ***

      Gegen Abend staunt Sam nicht schlecht, als ihr Jessica in der Haustür gegenübersteht.

      »Hey, was machst du denn hier?« Sie macht einen Schritt zur Seite und lässt ihre Freundin eintreten. Die wühlt währenddessen in der Handtasche und reicht Sam Jeans Schnuller.

      »Ach Gott, den habe ich verzweifelt gesucht. Jean steigt mir schon aufs Dach«, lacht Sam und nimmt den Schnuller dankbar entgegen.

      »Möchtest du einen Kaffee?«

      »Gerne.«

      »Wo war denn der Schnuller?«, fragt Sam auf dem Weg in die Küche. Jessica folgt ihr und stellt die Handtasche auf dem Tresen ab.

      »Neben ihrem Bett. Mir ist das heute Morgen gar nicht aufgefallen, als ich das Bett gemacht habe. Damon fand ihn und wollte ihn dir bringen. Weil ich aber eh noch etwas frische Luft schnappen wollte, habe ich noch einen kurzen Umweg gemacht.«

      »Danke, das ist lieb von dir. Lange hätte Jean den Ersatzschnuller auch nicht akzeptiert.« Sams Lachen wirkt aufgesetzt. Sie bemüht sich so locker und entspannt wie immer zu sein. Dennoch hat sie nicht vergessen was letzte Nacht passiert ist. Jessica nun alleine hier zu haben, hat schon eine komische Wirkung auf sie. Sie fühlt sich nicht bedroht oder irgendetwas in der Art, nein. Allerdings kribbelt es in ihrem ganzen Körper vor lauter Aufregung. Irgendwie fühlt sie sich in Jessicas Gegenwart unsicher und nervös. Nur warum, kann sie nicht erklären. Sie weiß, dass letzte Nacht kein Fehler war, dennoch verdrängt sie jeglichen Gedanken daran. Sie will nicht darüber nachdenken. Denn wenn sie es täte, wüsste sie, würden Schuldgefühle in ihr aufkeimen. Und die braucht sie nicht haben, dessen ist sie sich sicher.

      »Sam?« Erschrocken und aus ihren Gedanken gerissen, wirbelt Sam herum.

      »Hm?« Sie weicht ein klein wenig zurück. Jessica steht direkt hinter ihr. Sie steht ihr unfassbar nah, verdammt nah. Brennende Hitze steigt in Sam auf. Ihre Augen wandern ziellos über Jessicas Gesicht, das sie besorgt anschaut.

      »Ist alles in Ordnung? Du wirkst nervös!?« Sam schluckt. Das Denken fällt ihr im Augenblick unfassbar schwer. Wieso reagiert sie plötzlich so auf Jessicas Nähe? Was ist los mit ihr?

      »A… alles in Ordnung«, stottert Sam unsicher und schaut auf Jessicas Lippen.

      ***

      Atmend blickt Jessica zur Seite. Sie schaut in Sams erschöpftes Gesicht und kann in ihren Augen genau das Gefühl sehen, welches durch ihren eigenen Körper strömt.

      »Ich …«, sie räuspert sich schwer »gehe eben duschen.« Regungslos beobachtet Sam sie dabei, wie sie das Bett verlässt und im Badezimmer des Gästezimmers verschwindet. Kaum fällt die Tür ins Schloss, dreht sich Sam schnaubend auf den Rücken. Tränen steigen in ihr auf.

      »Fuck!« Sie ballt die Hände zu Fäusten und presst diese gegen die Schläfen.

      »Was zur Hölle machst du da?« Wie eine Furie springt sie auf und beginnt das Bett abzuziehen.

      »Das …«, verunsichert schaut Jessica einige Minuten später um sich »darf nicht noch einmal passieren, Sam. Dieses Mal war es wirklich falsch.«

      »Ich weiß«, schnaubt die Südländerin wütend. Flüchtig schielt sie zu ihrer Freundin hinüber, die vor lauter Scham den Kopf tief gesenkt hat.

      »Behalte das bitte für dich. Einen Streit mit Laura kann im Moment keiner von uns gebrauchen.« Jessicas Kopf schnellt hoch. Überrascht schaut sie Sam an.

      »Sam, das … ich kann Laura nicht anlügen. Sie ist meine Frau, mein Leben.«

      »Ich weiß.« Mit einem Schlag überfallen Sam wahnsinnige Kopfschmerzen. Sie presst die Handballen gegen die Schläfen.

      »Entschuldige bitte. Mach was du für richtig hältst. Ich kann im Moment nicht mehr klar denken. Es ist grade einfach alles zu viel für mich.«

      »Das ist doch vollkommen verständlich«, flüstert Jessica besorgt. Als wenn eine riesige Schlucht zwischen den beiden Freundinnen bestehen würde, steht Sam auf der einen Seite des Bettes, Jessica auf der anderen. Weil sie Sam aber nicht alleine lassen will, geht Jessica dort drum herum.

      »Sam, das was du im Augenblick durchmachst, ist nicht leicht zu verarbeiten.« Um Sam in ihrem Gefühlschaos nicht alleine zu lassen, will Jessica sie vorsichtig am Arm berühren. Sam macht aber hektisch einen Schritt zur Seite und hebt die Hände.

      »Nicht, bitte«, wehrt sie Jessica ab. Sie könnte es im Augenblick nicht ertragen, wenn Jessica sie berühren würde. Sie weiß, dass sie sich in dieser Berührung verlieren würde und dann wäre die Arbeit mit dem Bett abziehen umsonst gewesen.

      Beschämt macht Jessica einen Schritt zurück.

      »Entschuldigung.« Sam presst erneut die Handballen gegen die Schläfen.

      »Ist schon gut.« Murmelnd kneift sie die Augen zusammen.

      »Ich gehe jetzt besser.« Jessica versinkt fast in ihrer eigenen Stimme. Sam nickt wortlos.

      »Wir sehen uns morgen im Krankenhaus?«, fragt Jessica leise nach, als sie bei der Tür ankommt. Sam nickt kommentarlos. Wenige Sekunden später wird es still im Haus.

      ***

      Nervös trommelt Sam mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. An einer roten Ampel stehend, blickt sie zu Jean nach hinten, die froh darüber ist wieder ihren Lieblingsschnuller im Mund zu haben. Ihre Augen strahlen richtig.

      Auf dem Weg ins Krankenhaus hat Sam Precious bei der Schule abgesetzt. Als sie losfahren wollte, rief Laura an. Brennende Hitze und unfassbare Panik stiegen in Sam auf, als sie den Namen ihrer besten Freundin auf dem Display lesen konnte. Zitternd nahm sie das Gespräch an. Ihr rasender Puls legte sich aber wieder, als Laura ihr mitteilte, dass sie ins Krankenhaus fahren würde und nicht Jessica. Dylan hätte sich eine kleine Erkältung eingefangen und Jessica würde bei ihm zuhause bleiben. Deswegen müsste Sam mit Laura im Krankenhaus Vorlieb nehmen. Das war das geringere Problem. Sam wusste nur nicht, ob Jessica ihrer Frau doch etwas von dem Ausrutscher erzählt hatte. Sie würde also mit größter Wahrscheinlichkeit ungeschützt in ein offenes Messer rennen. Hat sie denn aber etwas anderes verdient?

      Unsicher ob sie sich dieser Konfrontation wirklich stellen will, blickt Sam ein weiteres Mal zu Jean nach hinten. Nervös knabbert sie auf der Unterlippe herum. Ein Gedanke schießt ihr durch den Kopf, den sie aber sofort vehement von sich drängt. Stattdessen konzentriert sie sich auf den Straßenverkehr und fährt die Straßen entlang, bis sie vor Lauras und Jessicas Haus hält. Verwirrt schaut sich Sam um. Sie wollte ins Krankenhaus. Sie wollte zu ihrer Frau. Wieso steht sie jetzt also hier vor diesem Haus? Was zur Hölle macht sie hier?

      Erschrocken schießt sie im Sitz hoch, als sie sehen kann, wie sich die Haustür öffnet. Selbst auf diese Entfernung kann sie Jessicas fragendes Gesicht richtig einschätzen. Sie fragt sie was sie hier will. Das fragt sie sich ja selbst, findet aber keine Antwort.

      Nervosität steigt in Sam auf, als Jessica auf ihren Wagen zuläuft.

      »Was machst du hier? Ist etwas passiert? Hat Laura dich nicht angerufen?« Jessicas besorgte Fragen nageln Sam in ihrem Sitz regelrecht fest. Sie fühlt sich überfallen und überfordert. Statt zu antworten, starrt sie Jessica mit großen Augen an.

      ***

      Das schlechte Gewissen beginnt an Sam zu nagen. Sie weiß, dass es falsch war … schon wieder. Aber irgendwie kann sie sich im Augenblick nicht dagegen wehren. Je mehr sie versucht sich von Jessica zu lösen, umso unerklärlicher