Problem, Süßer!«, stieß sie aufgeregt hervor.
*
Isabelle Parker reagierte im nächsten Moment. Blitzschnell trat sie gegen das weiße Türblatt.
Ein schmerzerfüllter Schrei folgte und die Pistole fiel zu Boden. Ein untersetzter Mann, der mit verzerrtem Gesicht sein Handgelenk hielt, kam zum Vorschein.
Sie war im Umgang mit Gangstern alles andere als ein Routinier, aber durch ihren Verlobten Lennox Walsh hatte sie einiges hinzugelernt. Nicht umsonst war er einer der besten Polizisten in der Weltmetropole London. Mit aller Wucht schlug sie ihm in Notwehr das Mobilteil an den Schädel, bevor der Kerl sich von der ersten Attacke erholt hatte.
Der unerwartete Schlag brachte den Mann zum Taumeln.
Blitzschnell bückte sich Isabelle nach der Pistole und richtete sie auf den Fremden. Aber sie kam nicht mehr zum Schuss, denn der Bursche hatte mit einem riesigen Satz die Haustür erreicht, sie aufgerissen und war draußen.
Isabelle rannte ihm nach und wollte bereits ins Treppenhaus hinaus, als sie sich an ihre Nacktheit erinnerte und innehielt. Tatenlos musste sie mit ansehen, wie der Gangster entkam. Sie hörte seine schnellen im Treppenhaus nachhallenden Schritte, die sich rasch entfernten.
Mit wiegenden Hüften ging sie nachdenklich in ihre Wohnung zurück. Erst jetzt stellten sich die Nachwirkungen des überstandenen Schreckens ein. Unwillkürlich ließ sie die Waffe fallen. Ihre Knie wurden weich wie Pudding, und sie musste allen Willen aufbringen, um das Mobilteil vom Boden aufzuheben.
Wie durch ein Wunder war die Verbindung nicht unterbrochen. Lennox war noch am anderen Ende der Leitung.
Erregt berichtete sie ihm, was geschehen war. Schwer atmend hob und senkte sich ihre Brust.
»Dann ist es bereits schlimmer als erwartet«, kam es leise über seine Lippen.
»Warum, zum Teufel, sagst du nichts deinen Kollegen?«, schimpfte sie. »Warum bringst du uns beide in unnötige Gefahr?«
»Das … das kann ich dir nicht erklären, Sweetheart. Das, was ich in den Händen halte ist für den Yard praktisch wertlos. Damit kann nur eine Einzelperson etwas anfangen.«
»Mag sein, aber nicht, wenn sie tot ist!«, entgegnete Isabelle trocken. In ihren verführerischen blauen Augen blitzte es.
»Man wollte dich bestimmt nicht umbringen, Sweetheart«, suchte Lennox seine Verlobte zu beruhigen. »Vermutlich wollten sie dich nur entführen, um mich unter Druck setzen zu können.«
Sie hatte genug und drückte das Gespräch weg. Dann lief sie zur Wohnungstür und verrammelte sie. Als sie dabei zufällig aus dem Fenster blickte, nahm sie eine schwarze Limousine war, die unten vor der Haustür stand.
Der Mann, der sich lässig gegen die Kühlerhaube gelehnt hatte, war ihr nicht unbekannt. Sie erkannte ihn sofort wieder. Es war der Gangster, den sie aus ihrer Wohnung gejagt hatte.
Ihr habt also noch nicht aufgegeben, ging es ihr durch den Kopf, und das Spiel hat erst begonnen. Und ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, worum es überhaupt geht.
***
Kapitel 2
Lennox Walsh war seiner Verlobten nicht böse. Wahrscheinlich hätte ich an deiner Stelle nicht anders gehandelt, dachte er und überlegte. Ob ich zu ihr fahre? Er kratzte sich am Kinn und schüttelte den Kopf. Nein, das hat nicht viel Sinn! Aber ich sollte jemand anderen in die Sache einweihen. Ich denke, es wird Zeit.
Dieser andere Jemand war Clairé Beauvais, die ungemein attraktive Frau, mit den französischrussischen Wurzeln.
Ihr Bild erschien vor seinem geistigen Auge. Sie war fünfundzwanzig Jahre als, hatte blauschwarzes Haar, Kohleaugen und besaß ideale weibliche Proportionen. Er war einer der wenigen, der wusste, dass sie neben ihrem Rotlicht-Gewerbe als Callgirl auch jederzeit gern einen Job für den Yard übernahm. Erst vor etwa einem Jahr hatte sie ihm geholfen, einen schwierigen Fall in der ›High Society‹ zu lösen.
Kurz entschlossen wählte er ihre Nummer. Es war keine, die man irgendwo im Telefonbuch oder Internet fand. Sie wurde nur von Angehörigen gewisser Schichten im Flüsterton hinter vorgehaltener Hand dem besten Freund anvertraut.
Clairé Beauvais meldete sich sofort. Ihre Stimme ließ einem Mann auch am Telefon automatisch wohlige Schauer über den Rücken laufen. Sie war voll an erotischer Ausstrahlung.
Lennox nannte seinen Namen.
»Was, Chief Inspector Lennox Walsh?«, entfuhr es ihr überrascht.
»Ja, ich bin es«, bestätigte er gepresst. »Ich stecke bis zu beiden Ohren in der Patsche.«
»Aha! Und um was geht es diesmal?«
»Das kann ich dir am Telefon nicht sagen.«
»Okay! Du weißt ja, wo ich wohne.«
Lennox fiel ein Stein vom Herzen, als er das Gespräch beendete und sein Smartphone zurück in die Jackentasche steckte. Aufmerksam sicherte er nach allen Seiten. Es herrschte reger Verkehr, und Passanten hasteten scheinbar wahllos durcheinander. Schnell mischte er sich in das Gewühl und ließ sich mittreiben, bis er seinen Wagen erreicht hatte.
Kaum hatte er den Verschlag geöffnet, gewahrte er eine Bewegung hinter sich. Aber seine Abwehr kam zu spät. Er spürte, wie sich ein harter Gegenstand in seine Seite bohrte.
»Keine falsche Bewegung!«, zischte eine Stimme. »Steig' ein!«
Widerwillig klemmte sich Lennox hinter das Lenkrad, aber der Fremde drängte ihn auf den Beifahrersitz, wobei er kurz in sein Blickfeld geriet. Er hatte den Mann noch nie zuvor gesehen. Doch vermutlich war das gar kein Wunder, denn sein unverhohlener Glasgow-Slang des vierschrötigen Kerls verriet, dass sein Betätigungsfeld normalerweise außerhalb Londons lag. »Was wollen Sie von mir?«, fragte er.
Der Gangster lachte hämisch auf.
Lennox bemerkte, dass sein Wagen umstellt wurde. Gleich darauf kletterten die Komplizen des Burschen auf die Rücksitzbank.
»So, und jetzt rück' mal schnell das Tagebuch raus!«
»Tagebuch?«, zeigte sich Lennox erstaunt.
Blitzschnell schlug der Gangster, der hinter ihm Platz genommen hatte, zu.
Lennoxs Kopf flog zur Seite. Er spürte, dass die Haut über dem linken Jochbein aufplatzte. Blut rieselte über seine Wange.
»Wir haben das Telefonat von deiner Nutte abgehört, sind also im Bilde, Freundchen! Wenn du nicht spurst, werfen wir dich den Geiern zum Fraß vor. Dann stürmen wir die Bude von deinem Flittchen und holen uns den Umschlag … Falls wir bei dir nicht finden, was wir suchen!«
Abgesehen davon, dass es keine Geier in England gibt, jagten Lennoxs Gedanken, was mache ich jetzt? Die scheinen zu allem entschlossen zu sein! Eine verdammte Zwickmühle, aus der ich wohl nicht so mir nichts dir nichts verschwinden kann. Also gibt es nur eins: Zeit gewinnen! »Ich habe das Ding nicht bei mir!«
Wieder folgte ein brutal ausgeführter Schlag.
Diesmal schaffte er es aber seinen Kopf im letzten Augenblick wegzuducken. Der Hieb streifte sein Ohr und wurde von seiner Schulter abgefangen, worauf sofort sein linker Arm erlahmte. Nein, dachte er, mit diesen Typen ist nicht zu spaßen! Ich muss tun, was sie wollen. Außerdem werden sie es eh bei Isabelle finden, wenn sie mich erledigen. Zögernd griff er deshalb in die Innentasche seiner Jacke.
Blitzschnell zuckte die Rechte des Gangsters neben ihm vor, griff nach seinem Schnurbart und verdrehte ihn.
Lennox presste vor Schmerz die Zähne zusammen.
»Keine Tricks!«, warnte der Gangster hinter ihm und drückte ihm einen Revolver ins Genick.
»Ich