Catherine St.John

Eine wählerische junge Lady


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sind ausgezeichnet informiert, Hertwood. Ja, unser Besitz leidet zurzeit etwas unter den unsicheren Wetterverhältnissen… wie sieht es da bei Ihnen in Berkshire aus?“

      Die beiden begannen sich über die Besonderheiten ihrer jeweiligen Feldfrüchte und deren Abhängigkeit vom Wetter zu unterhalten, was Cecilia etwas zu enttäuschen schien; Eloise dagegen starrte Ruffleby unentwegt an, bis er ihren Blick schließlich zu spüren schien und sie irritiert ansah, bevor er sich wieder Sebastian zuwandte.

      „Miss Herrion, setzen Sie sich doch ein wenig näher zu mir“, lockte Lady Tenfield, „und erzählen Sie mir ein wenig von sich. Mit Ihrer reizenden jungen Schwägerin habe ich auch schon sehr nett geplaudert.“

      Cecilia ließ sich gerne darauf ein – alles war besser, als sich mit Eloise zu unterhalten!

      Melinda wunderte sich ein wenig über Eloises verzehrenden Blick, der auf die beiden Herren gerichtet schien, die immer noch eine recht landwirtschaftlich geprägte Konversation aufrechterhielten.

      „Interessieren Sie sich für Verbesserungen in der Landwirtschaft?“, fragte sie also höflich, da alle anderen ja schon ins Gespräch vertieft schienen und das Orchester immer noch pausierte.

      „Wie bitte?“ Lady Eloise starrte sie an, als habe sie den Verstand verloren. Oder hörte die Dame ein wenig schwer – schon in so jungen Jahren?

      Sie wiederholte ihre Frage also geringfügig lauter, was aber auch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führte: Der Blick der Dame wurde noch konsternierter und sie fragte: „Wie kommen Sie denn nur auf diese absurde Idee?“

      „Ich dachte nur, weil Sie dem Gespräch meines Gemahls mit Lord - wie war sein Name, Ruffleby? – so interessiert zu lauschen schienen“, erklärte Melinda leicht verlegen.

      Lady Eloise hob das Kinn und blickte aus halbgeschlossenen Augen müde auf Melinda herab. Schwierig war das nicht, denn diese war einen guten Kopf kleiner als sie. „Lord Ruffleby ist in der guten Gesellschaft hinreichend bekannt“, verkündete sie dann.

      Melinda lächelte sie treuherzig an. „Ich habe heute so viele vornehme Herren kennengelernt, dass es mir noch etwas schwerfällt, mir die Namen alle zu merken.“

      „Ach? Woher stammen Sie gleich wieder?“

      „Meine Familie lebt in Kent - und seit unserer Heirat lebe ich in Berkshire.“

      „Nun ja…“ Das klang sehr deutlich müde und gelangweilt, also verzichtete Melinda darauf, sich weiter mit der erhabenen Dame zu unterhalten. Lieber hörte sie ein wenig zu, wie Lady Tenfield Cecilia mit recht unorthodoxen Tipps für den Umgang mit Verehrern versorgte. Viel amüsanter!

      „Glauben Sie mir, Cecilia, ich habe seinerzeit wirklich nichts ausgelassen, in den aufregenden Zeiten vor der Revolution in Frankreich – und ich habe mich nie vor einem Skandal gefürchtet!“ Sie kicherte meckernd. „Meine Familie da schon eher, wahrscheinlich fürchteten sie, sie könnten mich nie mehr anbringen… aber dann kam glücklicherweise Tenfield des Weges.“

      „Heute wird man dagegen schon für Kleinigkeiten geächtet“, sagte Cecilia. „Natürlich nur die Damen – die Herren dürfen ja stets tun, wonach ihnen der Sinn steht“, fügte sie grämlich hinzu.

      Das trug ihr einen spielerischen Schlag mit dem zugeklappten schwarzen Fächer ein. „Eine Kämpferin für Frauenrechte? Sehr lobenswert, aber lassen Sie das die Männer nicht hören! Vielleicht ist das Wirken im Stillen erfolgversprechender…“

      „Wie könnte dieses Wirken im Stillen denn aussehen, Mylady?“

      Das hätte Melinda auch interessiert, aber nun setzte die Musik wieder ein und ihr Onkel eilte herbei, um Cecilia zum Tanz zu führen. Auch vor ihr verbeugte sich jemand, aber sie lächelte zaghaft zu ihm auf: „Wären Sie sehr verstimmt, wenn ich Sie bäte, mir lieber noch ein Glas Limonade zu holen? Ich fühle mich recht schwindelig, offenbar muss ich mich erst langsam daran gewöhnen, so viel zu tanzen.“

      Ihr Kavalier verbeugte sich, von Sebastian aufmerksam beobachtet, und eilte davon.

      Melinda sah müßig zu, wie Benedict Cecilia gekonnt herumwirbelte. Offenbar hatte er auch während seiner Zeit als Geschäftsmann die Fertigkeiten eines Gentlemans nicht vernachlässigt. Vielleicht war das nur zu verständlich, schließlich hoffte er doch stets, eines Tages wieder als Teil der Familie de Lys auftreten zu können, vielleicht sogar Viscount Lynet zu werden…

      Jedenfalls waren seine Tanzkünste untadelig. In dieser Hinsicht passte er eigentlich hervorragend zu Cecilia, die den Tanz sichtlich genoss.

      Lady Eloise erhob sich mit einem unwilligen Laut und entfernte sich in Richtung des Buffets.

      Von dort kehrte Sir Michael zurück und überreichte Melinda das gewünschte Glas Limonade, bevor er sich mit seiner Laura zu ihr setzte.

      Cecilia tanzte den ganzen Abend hindurch, während Melinda nur noch zwei Tänze wahrnahm – einen Walzer mit Sebastian und einen Ländler mit Lord Wolves. Letzterer erörterte während des Tanzes zunächst mehr oder weniger im Selbstgespräch die Frage, ob sich verheiratete Damen nicht eigentlich von derartigen Lustbarkeiten fernhalten sollten.

      „Warum?“, erlaubte Melinda sich zu fragen, die vor allem darauf achtete, nicht wieder in Schwindel zu verfallen. In dieser Hinsicht erwies sich Wolves gravitätische Art immerhin als recht erholsam! „Nun, verheiratete Damen haben doch andere Aufgaben, als sich künftigen Ehemännern zu präsentieren.“

      „Nämlich?“

      „Sie sollten den Haushalt leiten, die Kinder erziehen und Schönheit und Anmut in das Leben ihres Mannes bringen.“

      Melinda wappnete sich mit etwas mehr Atem: „Aber die Ehemänner sind doch im Allgemeinen kaum zu Hause, wozu dann Schönheit und Anmut? Das wüsste doch niemand zu würdigen?“

      „Oh!“ Lord Wolves kam kurz aus dem Takt, fing sich aber rasch wieder. „Aber eine anmutige und geschmackvoll gekleidete Ehefrau trägt doch zum Ansehen ihres Gemahls bei.“

      „Wie das? Es sieht sie doch niemand, da sie doch das Haus nicht verlassen darf?“

      Wolves runzelte die Stirn. „Wie kommen Sie denn darauf?“

      Die Musik verklang und Melinda blieb stehen. „Sie darf keine Bälle besuchen und wahrscheinlich auch nicht in den Park ausfahren – wer sollte da ihren Putz bewundern? Das Personal? Die Nanny? Ich gehe doch nicht davon aus, dass eine Ehefrau nach Ihrem Geschmack ihre Zeit mit Besuchen bei Freundinnen vertändeln soll?“

      Er reichte ihr sichtlich ungern seinen Arm und schlug die Richtung der Sitzplätze ein. „Sie missverstehen mich, Lady Hertwood. Ihre Schwägerin ist noch auf der Suche nach einem Ehemann, vermute ich?“

      „Wenn sie jemanden findet, der ihr wirklich gefällt, dann ja.“

      „Aber – sie muss doch heiraten!“

      „Muss sie? Ich glaube, das sieht sie nicht so, Mylord.“

      Vor ihrem Stuhl entzog sie ihm ihren Arm und knickste eher ironisch – was ihr in dieser merkwürdigen Gesellschaft täglich besser gelang, jedenfalls erschien es ihr so.

      Wolves verbeugte sich steif und wandte sich ab; sie setzte sich rasch neben Lady Tenfield und äußerte ein wenig elegantes „Puh!“

      „Wolves?“, zeigte die alte Dame Mitgefühl. „War er sehr albern?“

      „Unbeschreiblich! Er würde seine Ehefrau wahrscheinlich zu Hause einschließen, denn es ist ja sinnlos, wenn sie sich noch auf Bällen herumtreibt, wo sie doch schon in die Falle geraten ist…“

      „Das hat er gesagt?“ Lady Tenfield kicherte animiert.

      „Ja – die Falle ist allerdings mein eigener Beitrag. Ich stelle fest, dass meine Fähigkeit zur Ironie von Tag zu Tag besser wird – anders kann man solchen Leuten ja kaum begegnen, nicht wahr?“

      „Jedenfalls nicht mit Anstand. Ihnen deutlich zu sagen,