Catherine St.John

Eine wählerische junge Lady


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ja? Hätten Sie da wohl einige Informationen für Cecilia, Mylady?“

      Die alte Dame grinste eher unfein. „Sie tanzt gerade mit Ruffleby, sehe ich. Ein recht netter junger Mann – wie man hört, freilich etwas, nun, wenig anregend.“

      „Ein Langweiler also?“

      „Nun… ja. Aber es gibt Schlimmeres. Carew ist, sagt man, recht knapp dran. Ihre Schwester hat eigenes Vermögen?“

      „Gewiss. Ein recht ansehnliches sogar. Sie meinen, er könnte unlautere Absichten verfolgen?“

      „Wie man es auffassen möchte… sollte Ihre Schwester gerne eine Gräfin werden wollen und dafür bereit sein, ihr Vermögen in das Land der Carews stecken, dann mag das durchaus ein vernünftiges Geschäft sein. Solche Heiraten sind schließlich gar nicht so selten… und wenn beide Seiten wissen, worauf sie sich einlassen?“

      „Ich fürchte, Cecilia stellt sich ihre Zukunft ein wenig anders vor“, bedauerte Sebastian nicht ganz aufrichtig.

      „Sie möchte aus Liebe heiraten? Nun, heutzutage wird dieser Wunsch immer häufiger… man fragt sich nur, was geschieht, wenn die anfängliche Liebe vergeht. Carew könnte gewiss ein angenehmer Gatte sein. Mehr allerdings wohl nicht…“

      „Und das dürfte Cecilia nicht genügen“, sagte Sebastian.

      „Mir wäre das mittlerweile auch nicht mehr genug“, fügte Melinda, zart errötend, hinzu. Sebastian zog ihre Hand auf seinen Arm und strich leicht darüber. „Mir ebenso wenig.“

      „Ach!“ Die schwarzen Augen funkelten animiert. „Wie haben Sie beide sich eigentlich kennengelernt? Man hört ja nicht viel, aber auch dieses Wenige ist durchaus widersprüchlich. Ich könnte, wenn Sie mich ins Vertrauen ziehen, dafür sorgen, dass nur noch die richtige Version im Umlauf ist.“ Sie lächelte schlau.

      „Ein unwiderstehliches Angebot“, gab Sebastian zu. „Aber eigentlich war es eher unspektakulär, und das wird den Klatschbasen wohl nicht genügen. Ich war bei Freunden in der Nähe von Lynham zu Besuch und traf beim Ausreiten mit einem dieser Freunde zufällig auf Melinda, die in der Nachbarschaft lebte, auf Lynet. Sie gefiel mir ausnehmend gut, ich erkundigte mich – und sie war zu meinem Glück schnell bereit, mir ihre Hand zu reichen, offenbar hatte sie auch Gefallen an mir gefunden.“

      Melinda fand, ein zartes Kichern sei jetzt angebracht. „Er ist wie ein Ritter auf einem weißen Streitross aufgetaucht.“

      „Sehr nett und romantisch“, lobte Lady Tenfield etwas enttäuscht; offenbar hatte sie sich etwas erheblich Saftigeres erhofft. „Und es gibt einen neuen Viscount Lynet, höre ich?“

      „Gewiss, Mylady“, antwortete Melinda bemüht gelassen. „Er steht dort drüben, der Herr in dem schwarzen Abendanzug. Mein Onkel Benedict. Er hat seinen Bruder beerbt.“

      „Der schwarze Abendanzug ist als Unterscheidungsmerkmal nicht gerade hilfreich“, kritisierte die alte Dame, „die Herren sehen doch alle gleich aus, wenn man keinen Blick auf die Weste werfen kann. Ist es der junge Mann, der sich gerade mit Claremont unterhält?“

      „Ganz recht, Mylady.“

      „Hübscher Kerl. Sicher hält er auch nach einer Viscountess Ausschau? Das kann ja eine hochinteressante Saison werden – ich sehe schon, die Familien Herrion und de Lys sind deutlich aufregender als mein lahmer Neffe und seine gewiss sehr nette Frau. Nun, vielleicht setzen die beiden ja bald einen Erben für Mordale in die Welt, um wenigstens etwas zu meiner Unterhaltung beizutragen.“

      „Sie lieben kleine Kinder?“

      „Ach, nun ja… man besichtigt sie und krault sie unter dem Kinn, sie quäken und man reicht sie schnell der Nanny zurück. Größere Kinder, die sich schon im heiratsfähigen Alter befinden, sind da doch deutlich interessanter… meinen Sie nicht, Lady Hertwood?“

      „Nennen Sie mich doch einfach Melinda. Wir haben ja einen kleinen Neffen, Paul, und er ist mit seinen knapp vier Jahren durchaus unterhaltsam. Und frech.“

      „Frech zu sein ist wichtig“, bestätigte Lady Tenfield. „So wird man auf jeden Fall nicht langweilig.“

      In diesem Moment ließ sich Lady Eloise Whitfield auf dem Platz neben Melinda nieder, nickte Lady Tenfield nachlässig zu und wandte sich sofort an Melinda:

      „Sie fühlen sich gewiss noch recht unsicher? Es heißt, Sie seien zum ersten Mal in London?“

      „Lady Hertwood scheint schon recht gut zurechtzukommen“, warf Lady Tenfield ein und betrachtete Lady Eloise ohne Freundlichkeit. „Natürlich kann sie sich nicht mit Ihnen vergleichen… die wievielte Saison ist das für Sie gleich wieder?“

      „Die vierte“, war die etwas verdrießliche Antwort.

      „Eigenartig“, kommentierte die alte Dame und lächelte fein, „Sie sind doch durchaus einigermaßen anziehend, Lady Eloise? Dazu sind Sie Tochter und nun Schwester eines Grafen – was kann sich ein Heiratskandidat denn mehr wünschen?“

      Melinda überlegte, woran es dieser Lady Eloise wohl noch fehlen konnte. Sie selbst fand sie nicht übermäßig sympathisch, aber das lag daran, dass sie sie von oben herab behandelt hatte – so würde sie doch mit Kavalieren nicht umspringen? Vielleicht war sie auch arrogant und tat es nicht unter einem Herzog oder doch wenigstens einem Marquess – das schränkte die Auswahl natürlich beträchtlich ein. Mit Cecilia müsste sie sich dann eigentlich recht gut verstehen, denn diese hegte ebenfalls die Ansicht, sie könne sich ihren Ehemann in den höchsten Kreisen suchen – und Melinda hatte bis heute nicht verstanden, warum: War es das persönliche Ansehen der Herrions? War es Cecilias muntere, manchmal freche Art? Das sollte konservativere Herren eigentlich eher abstoßen…

      „Sicher hatten Sie schon einige Anträge, Lady Eloise? Aber natürlich wollten Sie nicht den Erstbesten heiraten…“, überlegte Lady Tenfield mit wohldosierter Bosheit.

      „Nun, das mag so sein“, antwortete die junge Dame mit bewundernswerter Haltung, „aber eine Ehe ohne Zuneigung kommt für mich leider nicht in Frage. Dann bleibe ich doch besser ledig. Marcus wird ja in dieser Saison sicher eine passende Frau finden – und ich könnte mir Schlimmeres vorstellen als bei ihnen zu leben. Wir haben ein ganz reizendes Dower House… Sie haben meinen Bruder bereits kennengelernt, Lady Hertwood?“

      Melinda gab dies zu, schließlich schuldete sie ihm noch einen Ländler – und sie verwies sogleich darauf, dass sie sich nicht recht wohlfühlte. „Vielleicht sind es noch die Nachwirkungen der Anreise…“

      Bevor Lady Eloise sich dazu äußern konnte, endete die Musik. „Oh, dort kommt mein Bruder zurück! Und wer ist dieser Herr neben Cecilia Herrion und A-Lord Ruffleby?“

      „Mein Onkel, Viscount Lynet“, antwortete Melinda artig.

      „Oh – ach ja! Ich habe davon gehört… Er ist recht überraschend in Erscheinung getreten, nicht wahr?“

      „Tatsächlich? Uns kam es nicht so vor, schließlich wussten meine Eltern, meine Schwester und ich doch immer, dass dieser Bruder meines Vaters existierte“, widersprach Melinda ein wenig wahrheitswidrig.

      „Aber niemand in der guten Gesellschaft kannte ihn vorher!“, insistierte Lady Eloise und beobachtete den näherkommenden Viscount mit einer steilen Falte zwischen den Brauen.

      Dieser lächelte sie höflich an, woraufhin sie sich entspannte. Melinda verzichtete darauf, diese letzte Feststellung zu kommentieren, da Cecilia wie ein Wirbelwind in die Gruppe einbrach und einigermaßen elegant auf eines der Stühlchen sank. „Puh, ich wusste gar nicht mehr, wie anstrengend Tanzen ist! Lord Ruffleby, Sie haben wirklich bewundernswerten Schwung – aber ich brauche jetzt eine kleine Pause und etwas zu trinken…“ Sie strahlte ihren Tänzer an, der sofort zum Buffet eilte und in verblüffend kurzer Zeit mit zwei Gläsern Limonade zurückkehrte. Das eine reichte er mit einer anmutigen Verneigung Cecilia, das andere etwas förmlicher Melinda. „Lady Hertwood, nachdem ich schon mit Ihrer entzückenden Schwägerin getanzt habe, sollte ich mich wohl