Catherine St.John

Eine wählerische junge Lady


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kleine Paul freute sich über den hohen Besuch im Kinderzimmer, erlaubte den Tanten großzügig, ihm einem größeren Bauprojekt behilflich zu sein und verkündete schließlich, das Ergebnis sei das Schloss des Königs.

      „Ach ja?“, fragte Melinda. „Nun, das Schloss wird dem König bestimmt sehr gefallen. Weißt du denn, was ein König ist?“

      Paul überlegte. „Der hat eine Krone. Nanny hat mir ein Bild gezeigt. Und da ist noch einer, der hat ein ganz dickes Gesicht…“

      Cecilia prustete dezent und tauschte mit Nanny in ihrem Schaukelstuhl einen amüsierten Blick.

      „Welcher gefällt dir denn besser?“, fragte Melinda.

      Paul überlegte, wobei er kurz den Daumen in den Mund steckte, dies aber auf ein Räuspern seiner Nanny schnell wieder ließ. „Der mit der Krone“, sagte er dann. „Die is aus Gold, nicht?“

      „Richtig. Nanny, haben wir irgendwo buntes Papier und eine Schere?“

      Nanny holte die Bastelkiste und Melinda schnitt eine schöne Krone mit Zacken rundherum aus, faltete sie zu einem Kreis und setzte sie auf das Schloss aus Bauklötzen. „So?“

      Paul klatschte in die Händchen und kletterte auf Melindas Schoß, um zuzuhören, wie Cecilia eine Geschichte vorlas. Darin kam allerdings kein König vor, sondern ein Riese, der auf der Spitze einer Bohnenranke wohnte.

      „Paul ist wirklich ein schlaues Kerlchen“, fand Melinda, als sie später auf dem Weg zu Melindas Zimmer waren, um zu überlegen, was sie bei dem Ausflug in den Park tragen sollte. Etwas aus Ascot musste es wohl sein, denn bis auf zwei Nachmittagskleider hatte Madame Fleuron naturgemäß noch nichts liefern können.

      Cecilia sah die Garderobe ihrer Schwägerin stirnrunzelnd durch, von Hazel eifrig und von Melinda etwas bedrückt beobachtet, und zog schließlich ein blassbraunes Ausfahrkleid aus dem Schrank. „Dies wäre gut geeignet… hast du einen blauen Umhang?“

      Hazel eilte, ihn herauszusuchen. „Und einen passenden Hut… am besten diese Strohschute, die ist ja auch blassblau aufgeputzt.“

      Unaufgefordert legte Hazel auch blaue Handschuhe bereit und ein paar hellbraune Stiefelchen standen dann auch vor dem Schrank.

      „Nun?“ Cecilia wandte sich zu Melinda, die lächelte. „Was täte ich ohne dich und Hazel? Meinst du, ich werde einen guten Eindruck machen?“

      „Aber gewiss! Schau, es hat sich doch herumgesprochen, wie rasch ihr geheiratet habt, das macht die Leute natürlich ganz besonders neugierig. Sie wollen wissen, was dahinter steckt – und das werden wir ihnen natürlich nicht erzählen. Übe schon mal ein geheimnisvolles Lächeln, während ich mich umkleide!“

      Damit eilte sie davon und Melinda ließ sich befehlsgemäß ausstatten und frisieren, so dass sie schließlich recht zufrieden mit sich in die Halle herunterkam, wo Sebastian schon wartete und auf den offenen Wagen hinwies, der vor dem geöffneten Portal zu sehen war.

      Auch Cecilia fand sich pünktlich ein, in warmes Rosa gewandet, mit einem zartgrauen Umhang, einem grauen Hütchen, rosa aufgeputzt, und grauen Handschuhen.

      „Ihr habt euch recht ähnlich gekleidet“, fand Sebastian. Cecilia lächelte ihrem Bruder übermütig zu: „Absicht, lieber Bruder! Du musst das strategisch sehen.“

      „Aha… Na, dann kommt!“

      Als sie durchs Tor rollten, herrschte im Park bereits lebhaftes Treiben; Spaziergänger (zumeist Herren), Reiter (darunter auch einige kühne Damen) und Wagen (vor allem mit Damen besetzt) bevölkerten die Wege, vor allem die mit Blick auf den Serpentine Lake.

      „Hier gibt es einen See?“, staunte Melinda auch prompt. „Wie schön es hier ist! Wie heißt dieses Gebäude dort hinten?“ Sie zeigte nach Osten.

      „Das ist Kensington Palace“, erklärte Sebastian sofort. „Früher war er recht prunkvoll, aber nun wird er kaum noch genutzt.“

      Melinda wollte dies gerade kommentieren – so eine Verschwendung! -, als ihnen ein Wagen entgegenkam, in dem zwei Herren und eine Dame saßen. Beide Wagen hielten an; die Herren zogen ihre Hüte, die Dame rief: „Das ist doch Cecilia Herrion? Was führt Sie denn wieder einmal nach London?“

      „Die Saison!“, rief Cecilia vergnügt, wenn auch wenig überraschend zurück. „Wie ist das Befinden, Lady Celia?“

      Lady Celia Walby, die mit ihren beiden Brüdern, Lord Henry, dem Earl of Gowan, und Lord Leonard Walby, unterwegs war, strahlte. „Empfangen Sie morgen Nachmittag, Cecilia? Dann komme ich vorbei und erzähle Ihnen das Neueste. Und wer ist die Dame neben Ihnen?“

      „Meine Gemahlin, Lady Hertwood“, mischte sich Sebastian ein. „Wir wollen sie mit London bekannt machen.“

      „Lady Hertwood…“

      Melinda winkte fröhlich zurück. „Lady Celia… wir freuen uns auf Ihren Besuch!“ Dafür gab es eine freundliche Geste mit einem bei diesem Wetter entbehrlichen, aber sehr niedlichen Sonnenschirm und zwei gezogene Hüte.

      Die Pferde zogen wieder an.

      „Lady Celia macht einen sehr freundlichen Eindruck“, merkte Melinda vorsichtig an. „Aber ja, sie ist reizend. Auch die Brüder sind nett.“

      „Aha?“, machte Melinda und erlaubte sich ein wissendes Lächeln.

      „Nein, Gowan, der Ältere, ist bereits verheiratet – und Len, der Jüngere, erbt nur einen ganz geringen Anteil am Familienvermögen. Also hat er sich mit der Tochter eines wirklich reichen Kaufherrn verlobt, soweit ich weiß.“

      Sebastian grinste. „Sind deine Quellen so schlecht informiert? Wie heißt sie, wie sieht sie aus, was bekommt sie in die Ehe mit?“

      „Viel, vermutlich. Sie ist das einzige Kind. Der Vater ist etwas sehr Wichtiges an den Docks. Mehr weiß ich noch nicht…“

      „Und Lady Celia?“, erkundigte sich Melinda.

      „Hat den perfekten Gemahl noch nicht gefunden.“

      „Genauso wie du.“

      „Da hast du Recht. Nun, wer weiß, was diese Saison bringt…“

      Ihnen kam eine sehr elegante, allerdings nicht mehr ganz neue Barouche entgegen, mit elfenbeinfarbener Seide und schokoladenbraunem Leder ausgeschlagen, darin ein ausgesprochen gut aussehendes Paar. Er zog seinen Zylinder, die Dame winkte, allerdings nicht gerade überschwänglich.

      „Carew“, grüßte Sebastian freundlich, aber auch nicht gerade enthusiastisch. „Lady Eloise…“

      „Herrion. Wieder einmal in der Stadt? Und…?“

      Sebastian entsann sich seiner Manieren und stellte seine Gemahlin und seine Schwester vor. Lady Eloise stellte ebenfalls sofort einen Nachmittagsbesuch in Aussicht und stellte fest, sie würden gewiss gute Freundinnen werden. Dies belohnte Cecilia mit einem würdevoll-freundlichen Nicken.

      „Du schätzt sie nicht sehr?“, fragte Melinda, sobald sie außer Hörweite gerollt waren.

      „Ach, sie war immer schon recht amüsant und kennt den neuesten Klatsch“, wich Cecilia ein wenig aus.

      „Und das ist ja sehr wichtig für dich, nicht wahr?“, neckte Sebastian seine Schwester.

      „Wenn man über diese Dinge nichts weiß, sind Ballsäle ein gefährlicher Ort“, entgegnete Cecilia. „Man sagt schnell das Falsche oder spricht mit den falschen Leuten. Oder man ist so vorsichtig, dass man als ungemein langweilig gilt. Das ist auch nicht gerade erstrebenswert.“

      „Aber wirklich sympathisch ist dir Lady Eloise nicht?“

      Cecilia zuckte die Achseln. „Ich weiß es gar nicht recht. Sie ist ein wenig zu eifrig auf der Suche nach einem Ehemann. Dabei ist sie, glaube ich, zwei Jahre jünger als ich – und ich suche doch auch nicht verbissen nach einem geeigneten Kandidaten!“

      „Wenn