Elisa Scheer

Feine Damen. Kriminalroman


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      Imprint

      Feine Damen. Kriminalroman

      Elisa Scheer

      published by: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

      Copyright: © 2019 Elisa Scheer/R. John (85540 Haar)

      www.elisa-scheer.de

      ISBN 978-3-748568-65-0

      1

      Coco hatte das Ehepaar Bernstetter freundlich zur Tür begleitet und sah ihnen nun einen Moment lang gedankenvoll nach. Ob die beiden den Bungalow in Leiching-Süd kaufen würden? Tadellose Bausubstanz, allerdings ein sehr kreativer Grundriss… Sie hätte die Hütte nicht haben wollen, denn abseits vom nötigen Maklergeschwätz war sie, wie Coco fand, völlig verbaut. Der Frau hatte es aber gefallen, dass man sofort im Wohnzimmer stand und das Gästeklo erst hinter dem Esszimmer zu finden war. Wer hatte bei den beiden wohl das Sagen?

      1,1 Millionen… da fiele etwas Ordentliches für sie selbst ab, wenn das Geschäft zustande käme. Und warum auch nicht? Gewöhnungsbedürftig war das Haus, aber prima in Schuss und eine solide Anlage. Nicht einmal wahnsinnig teuer, wenn man das große Grundstück und die erstklassige Lage in Betracht zog!

      Immomax verkaufte bekanntermaßen auch keinen Schrott, mit so etwas ruinierte man sich nur den Ruf, fand Max, der Inhaber - Max Freilinger, der sich als Immobilienkönig von Leisenberg sah, Was allerdings war schon Leisenberg?

      Gut im Geschäft waren sie aber wirklich, vor allem mit noblen Anwesen in Leiching, Waldstetten, Rothenwald und im Waldburgviertel. Hohe Preise, hohe Courtagen…. Und die Preise stiegen ja ständig, nicht nur hier….

      Sie warf noch einen Blick in das großzügige offene Treppenhaus mit den schrägen Glasfassaden. So möchte ich auch wohnen, sollten die Kunden sofort denken. Das hoffte Max wenigstens.

      Sie wandte sich ab, weil drinnen ihr Smartphone brummte. Oh, Whatsapp!

      Heute Abend 19:00 Gruselsitzung, las sie. Geschrieben hatte Hel.

      Ach, Mist! Hatte Claudia wieder ein Tribunal einberufen? Was war es wohl dieses Mal?

      Keine von ihnen dreien wusste, was diese Kuh sich davon versprach, immer wieder auf ihren Stieftöchtern herumzuhacken – und mittlerweile auch auf ihrer eigenen Tochter, die sich Cocos Meinung nach recht nett zu entwickeln begann.

      Keine hörte auf sie, Papa reagierte milde gereizt und Leander benahm sich seiner Mutter gegenüber noch unverschämter als alle anderen. War diese Person eigentlich nicht lernfähig? Sie war doch eigentlich nicht gar so beschränkt? Warum brach sie immer wieder einen Krach vom Zaun?

      Sie schrieb zurück Unser Dresscode? Abgeranzt, schwarz oder Paris Hilton? und tippte auf Senden.

      Mal sehen, was Hel vorschlug – oder würde Jack sich zuerst rühren? Die verkürzten Namen waren auch etwas, was Claudia maßlos ärgerte, aber sie hatten sich untereinander noch nie anders genannt und auch keinen Grund gesehen, dies zu ändern, nur weil die blöde Kuh Damen der Gesellschaft aus ihnen machen wollte.

      Welche Gesellschaft denn? Ihnen allen war Waldstetten doch herzlich egal, sie wohnten doch ohnehin nicht dort. Viel zu langweilig.

      Sie sortierte die Unterlagen, die sie den Bernstetters vorgelegt hatte, wieder in die Mappe zurück und räumte ihren Schreibtisch auf, wobei sie auf ein weiteres Brummen ihres Telefons wartete.

      Da, endlich. Ah, Jack war schneller gewesen! Abgeranzt mit Hippie-Elementen, schlug sie vor. Ich hab da eine Pumphose aufgetan, da kippt die Olle aus den Latschen.

      Sie schrieb sofort zurück: Gute Idee. Ich hab da auch noch was Uraltes…

      Und wenn sie ganz großes Glück hatten, trafen sie in Waldstetten noch irgendwelche spießigen Nachbarn und konnten eine kleine Show abziehen…

      Ihr Büro sah perfekt aus; sie schloss es ab und ging Max Bericht erstatten. Der lobte ihr Verhandlungsgeschick und reichte ihr ein weiteres Projekt, dieses Mal in Rothenwald. „Da ist nur die Adresse gut, die Bude hat´s schwer nötig. Und Denkmalschutz.“

      „Klasse… Wen hasse ich so sehr, dass ich ihm das andrehen will?“

      Max lachte. „Hau schon ab ins Wochenende – und denk dir bis Montag eine Strategie aus!“

      Das sollte man sich nicht zweimal sagen lassen! Sie fuhr nach Hause nach Mönchberg und wühlte sich dort durch das unterste Fach im Kleiderschrank. Dort bewahrte sie alten Kram, Verkleidungen und Wochenendlumpen auf und ganz hinten fand sie tatsächlich einen wahnsinnigen Rock in Bollywood-Farben, mit üppigen Volants und sehr erfreulich verknittert. Wo hatte sie denn diese weiße bestickte Baumwollbluse…

      Das Handy meldete sich wieder – Hel: Ich hätte ein Paillettenkleid im Stil der Achtziger, vom Flohmarkt. Schade…

      Coco versprach: Beim nächsten Mal. Und Löwenmähne!

      Hel: Logisch. Wie in dieser ollen Serie!

      Coco schickte ein breit grinsendes Smiley zurück und suchte weiter nach der lappigen Bluse – da war sie ja!

      Dazu Flipflops? Nein, damit konnte man so schlecht fahren… aber irgendwo mussten doch noch diese Stoffdinger sein, weiß?

      Hinter den anständigen Schuhen gab es gleich zwei Paar – schwarz und annehmbar das eine, das andere weiß und unfassbar schmutzig. Die waren perfekt!

      Sie setzte sich aufs Bett und schüttelte über sich selbst den Kopf: Sechsunddreißig Jahre alt, eine angesehene Immobilienmaklerin mit Uniabschluss, in einer sehr angenehmen Beziehung, aus ordentlicher Familie (das war wohl am wenigsten von Bedeutung) – und sie benahm sich wie mit vierzehn…

      Hel und Jack übrigens genauso. Die drei Pubertiere… He, guter Titel, wie die drei Musketiere! Sie griff sofort wieder zum Telefon und teilte ihren Schwestern diesen Einfall mit. Umgehend erhielt sie zwei grinsende Smileys.

      Kurz vor sechs – sie sollte duschen und sich in diese Hippiekluft werfen. Und ein möglichst windiges Täschchen finden…

      Um sieben parkte sie vor dem Haus ihres Vaters und betrachtete erst einmal leicht kopfschüttelnd die Fassade zur Straße hin: Was machten die albernen Buchsbaumkübel auf beiden Seiten der Haustür? Und diese Blumenrabatte auf der Seite – wie in Versailles! Hatte Claudia jetzt auch noch einen Gärtner? Sie hatte sich doch wohl nicht die zarten Fingerchen schmutzig gemacht?

      Resigniert klingelte sie und drückte dann das schmiedeeiserne Tor auf.

      Die Haustür öffnete sich zögernd und Pat erschien.

      „Scharf“, sagte die sofort, „aber ich glaube, sowas hab ich auch noch irgendwo… Ach ja, und die gnädige Frau ist im Salon.“

      Coco steuerte den Salon, also das Wohnzimmer, an, wo auf zwei weit voneinander entfernten Samtsofas Papa mit einem E-Book-Reader und Claudia mit einem Hochglanzmagazin saßen.

      Claudia sah auf. „Du lieber Himmel!“

      „Hallo, Claudia. Papa…“ Sie umrundete Claudias Sofa und küsste ihren Vater auf die Wange. „Was liest du da Schönes?“

      „Einen Krimi, meine Süße. Du siehst sehr bunt aus.“

      „Ja, zur Feier des Tages.“

      Ihr Vater unterdrückte ein Prusten und klopfte auf den Platz neben sich, während Claudia einen entrüsteten Laut von sich gab. „Wenn du immer so herumläufst, wundert es mich nur, dass du deine Arbeit noch nicht verloren hast!“

      Coco schüttelte den Kopf. „Mach dir da mal keine Gedanken. Ich kleide mich immer entsprechend dem Anlass.“

      „Was soll das heißen?“

      Coco wurde einer Antwort enthoben, denn es läutete wieder und Jack trat auf: Pumphose mit Blumendruck in allen Farben des Regenbogens, dazu ein schwarzes Spitzenshirt und eine Handvoll bunter Holzperlenketten.

      „Jack, sind das Birkenstock?“

      „Mehr oder weniger, warum?“

      „Schauen