Tilman Janus

MeerMänner


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keinen Blick auf die Schlafliege hinter den Sitzen. Ich wartete, was Joachim mir zu sagen hatte.

      Zuerst gab er mir ein Handtuch zum Abtrocknen, danach rubbelte er seine Haare mit demselben Handtuch ab. Dann sah er mich aus seinen dunklen Augen an.

      »Ich muss dir was erklären«, begann er leise. »Ich hatte einen Freund, das ist noch nicht lange her. Ich hab ihn wirklich lieb gehabt, ich wollte für immer mit ihm zusammen sein. Aber ich bin so oft lange unterwegs, von zu Hause weg. Und vor ein paar Wochen hat er mir eröffnet, dass er keine Lust mehr hat, dauernd nur auf mich zu warten, und dass er schon einen Haufen anderer Kerle hatte. Er ist ausgezogen, einfach aus meinem Leben verschwunden.« Joachim wischte sich die Stirn. »Und du – na ja, du hast ein bisschen Ähnlichkeit mit ihm, deshalb wollte ich dich mitnehmen. Aber dann hab ich verstanden, dass du ein … ein … also, dass du es nur auf Sex abgesehen hast, dass du wahrscheinlich genauso treulos bist wie er – und ich wurde so wütend! Dabei kannst du ja nicht dafür …«

      Ich lehnte mich zurück und atmete tief ein. »Das hast du schon richtig verstanden. Es ist mein Hobby, Trucker aufzureißen. Oder – es war mein Hobby. Als du vorhin weggefahren bist, habe ich mich einfach beschissen gefühlt.« Ich schwieg. Wie sollte ich ihm das erklären? Er würde alles nur für erlogen halten, glauben, dass ich ihn einfach rumkriegen wollte. Sogar die Gewissheit, die ich nun hatte, dass er schwul war, half mir nicht.

      Er lächelte. Es war ein wundervolles Lächeln. »Du denkst jetzt, ich bin ein spießiger Trottel.«

      »Nein, das denke ich nicht. Es ist nur das erste Mal, dass ich für einen Mann mehr empfinde als einfach nur Geilheit. Ich weiß nicht, warum das so spät bei mir ist. Aber du wirst es mir sowieso nicht glauben.«

      Da nahm er mich in die Arme und zog mich dicht zu sich. Ich fühlte seinen starken, warmen Körper, seinen Dreitagebart an meiner Wange. Joachim duftete nach Regen, nach Schweiß, nach heißem Mann.

      »Wollen wir noch mal bei Null anfangen, Erik?«, fragte er sehr leise.

      »Ja!« Ich umschlang seine Taille.

      Er küsste mich. Dass er genau das als Erstes tat, machte mich unglaublich glücklich. Seine kräftige Zunge drang sehr sanft in meine Mundhöhle ein. Mein Schwanz erwachte wieder zum Leben. Joachims Hand wanderte zu meinem Hosenstall und öffnete die regenfeuchten Verschlüsse. Ich spürte sofort, wie ausgehungert er war. Er stöhnte leise, während er meinen Ständer auspackte und zärtlich streichelte. Ziemlich bald zog er mir die Hose und den Slip aus. Seine Finger wanderten über meinen Sack bis in meine Spalte. Sie sagten mir deutlich, was er gerne tun wollte. Meine Erregung wuchs immer stärker.

      Als ich nach Joachims Bolzen tastete, hatte ich ihn schon nackt in der Hand. Er wog schwer wie heißer Stahl. Seine dicke Kuppe war feucht, aber nicht vom Regen. Ich sah ihn mir voller Genuss an, den geraden, starken Schaft, die bläulichen Adern, den dunkel behaarten, großen Sack.

      Wir kamen nicht mehr dazu, auf die Ruheliege zu wechseln.

      »Ich mag es so gern von hinten«, murmelte mein Trucker.

      »Ich auch!«

      Er drehte mich auf den Vordersitzen so, dass ich mit dem Oberkörper auf dem Beifahrersitz und mit den Schenkeln auf dem Fahrersitz lag. Mein Ständer ragte genau zwischen die beiden Sitze. Rasch gab ich meinem Lover die kleine Gelflasche, die ich in der Regenjackentasche hatte. In der luftigen Höhe der Fahrerkabine, von außen fast nicht einsehbar, legte sich Joachim auf mich. Ich fühlte seinen heißen Kolben rutschig an meinem Lusteingang. Dann kam er zu mir, drang zum ersten Mal in mich ein, sanft und kräftig, zärtlich und stark. Es war ein großer Glücksmoment, wohl der größte in meinem ganzen Leben. Es war anders als sonst, anders als früher, das war so lange her.

      Joachims Hand griff um meine rechte Hüfte und nahm meinen Harten. Wie gut er das machte, beides zugleich! Besser als irgendjemand auf der Welt!

      Wir stöhnten zusammen, wir waren ein Wesen. Joachim wurde schneller und heftiger. Ich genoss es, ich konnte sein Riesenkaliber gut wegstecken. Ich spürte genau, dass er gleich kommen würde. Er schrie auf. Sein starkes Pumpen war der Gipfel meines Glücks. Wir verschmolzen heiß. Er wichste mich geschickt. In mir schäumte etwas über, schöner als jemals. Ich spritzte zwischen die Sitze, wieder und wieder.

      Wir lagen still. Ich fühlte, wie Joachims Teil nur langsam kleiner wurde. Dann drehte er mich um und drückte mich fest. Wir sprachen kein Wort. Es war gut so, wie es war.

       *

      Seit fast einem Jahr sind wir zusammen. Ich wohne bei ihm in Düsseldorf und fahre die rund vierzig Kilometer zur Arbeit nach Köln immer mit meinem neu angeschafften, gebrauchten VW. Jetzt bin ich froh, dass ich nur halbtags arbeiten muss, denn so oft wie möglich reise ich mit Joachim zusammen in seinem Vierzigtonner. In den Pausen und in den Nächten während dieser Fahrten genießen wir unser riesiges Glück. Und wenn ich nicht mitfahren kann, stört es mich überhaupt nicht, auf ihn zu warten.

      »Bist du jetzt etwa genauso spießig wie ich?«, fragte er mich neulich mit einem Lächeln, dabei wusste er natürlich die Antwort.

      »Genauso verliebt wie du!«, gab ich zurück.

      »Fehlt dir die Wilderei wirklich nicht?«

      »Nein! Es war wohl nur, weil ich dich noch nicht kannte.«

      »Dann komm jetzt! Wir müssen heute noch nach Brüssel! Ach …«, er lachte, »wir werden leider im Truck übernachten müssen …«

      »Hmmm«, machte ich nur genießerisch, nahm meinen Rucksack und ging mit meinem Mann zusammen los.

       * * *

      Galaktische Liebe

      Als ich gestern von der Schule nach Hause kam und eigentlich die Ferien genießen wollte, fiel mir ein, dass ich überhaupt noch keine Weihnachtsgeschenke für meine Eltern besorgt hatte. Und wir schrieben den dreiundzwanzigsten Dezember! Oberpeinlich! Ich wusste auch gar nicht, was ich den Alten schenken sollte. Jedes Jahr eine neue Pfeife für Papa und für Mama immer Parfüm … ätzend! Also beschloss ich, abends noch auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Alexanderplatz zu gehen. Da würde ich vielleicht etwas Besonderes für meine Erzeuger finden.

      Wir – also meine Eltern und ich – wohnen nicht sehr weit vom Alex in einer sehr großen Altbauwohnung. Papa ist Physiker an der Humboldt-Universität, Mama ist Inhaberin einer Boutique. Beide haben immer viel zu tun und sind selten zu Hause. Mein älterer Bruder Nils wohnt nicht mehr zu Hause, er studiert in München.

      Nach dem Abendbrot ging ich los; ich sagte natürlich nicht, warum. Mama rief mir noch nach, dass ich nicht zu spät nach Hause kommen sollte, weil zu Heiligabend die beide Omas zu Besuch kommen würden und noch einiges vorbereitet werden musste. Ich schmücke immer den großen Tannenbaum, den wir jedes Jahr im Wohnzimmer aufstellen, ist so Familientradition.

      Ich schlenderte über den Alexanderplatz und schaute mir die bunt beleuchteten Buden vom Weihnachtsmarkt an. Es roch nach gebrannten Mandeln und Glühwein. Die Verkäufer hatten blau gefrorene Nasen. Unter meinen Sohlen knirschte der Schnee. Tatsächlich hatte es pünktlich zu Weihnachten geschneit. Das war in meinem achtzehnjährigen Leben bisher nur sehr selten vorgekommen.

      Vor einem Stand mit kandierten Äpfeln blieb ich stehen. Ich wusste, dass die rot glänzende Zuckerschicht hart und süß und sonst nichts war, und dass die Äpfel darunter nicht schmeckten, aber die dicken, knallroten Kugeln faszinierten mich einfach. Ich stand noch und überlegte, ob ich mir so ein Ding in den Mund schieben sollte oder nicht, da fiel mir im Gewühl ein anderer Junge auf.

      Er war genauso groß wie ich und genauso schlank, hatte aber keine blonden Haare wie ich, sondern schwarzes Haar, ein bisschen bläulich im Laternenlicht schimmernd, sehr dicht und schön, und ein hellbraunes, zartes und glattes Gesicht. Seine Augen leuchteten blau. Sie waren besonders groß, bestimmt die größten Augen, die ich je gesehen hatte. Ich guckte allen jungen Männern in die Augen, egal, wo ich sie sah, und hoffte immer, mal den »Richtigen« zu treffen.