fest.
»So endet es immer, das allererste Mal, wenn so schwere Geschütze aufgefahren werden und so gewaltige Treffer einschlagen, die mit aller Kraft die dicht verschlossenen Schleusentore der Liebe auseinander sprengen«, flüsterte sie mit sanfter Stimme. Zärtlich schaute sie ihm in die Augen.
»Dann strömen sie hinein in den Fluss der Leidenschaft, gesteuert von dem unbändigen Trieb des Lebens rauschen sie dahin durch die Fluten des Glücks und man hört in der Strömung der Lust, das Lied der wilden Lachse. Wenn ihre Flossen gegen die rauschenden Wellen schlagen, beginnt das Spiel neuen Lebens und es kommt eine glückliche Zeit – immer wenn der Lachs ruft!«
Die Pose ist weg!
Betretenes Schweigen lag in der lauen Sommerluft. Nachdenklich sahen sie sich an. Völlig erbost rief Leo: »Ich hoffe, du hast diesen verdammten Drecksack zur Mücke gemacht.« Erni stand auf, ging zum Ufer und starrte auf das tiefschwarze Wasser. Ihm standen Tränen in den Augen, aber die anderen brauchten sie ja nicht zu sehen. Er zog ein buntes Taschentuch aus seiner khakifarbenen Hose und schnäuzte hinein. Ratlos starrten sie auf seinen leeren Platz.
»Hey Langer, was ist los?«, rief Jan bestürzt und flüsterte in die Runde: »Ich glaube, Bananie hat seinen moralischen, der kommt gleich zurück.«
»Wieso? Was hat er denn?« fragte Mano leise.
»Wart’s ab! Ich arbeite zwar schon jahrelang mit ihm zusammen aber diese Story kannte ich nicht. Da wird etwas vorgefallen sein, was er noch nicht verdaut hat. Ich weiß nichts Genaues, aber etwas Einschneidendes muss passiert sein, dass diesen harten Kern so aufweichen lässt. Er sprach bislang nicht darüber.« Nach 5 Minuten kam er zurück und setzte sich.
»Wo ist die Pulle? Ich brauch’ jetzt ’nen Kurzen!«
Bananie, wie sie ihn manchmal nannten, tat als sei nichts gewesen und meinte: »Im zweiten Teil geht’s noch spannend weiter?«
Mano betrachtete ihn nachdenklich, als er die Gläser einschenkte: »Prost, Langer!«, war ’ne verdammt scharfe Story, ich hoffe der Kerl sitzt noch hinter Gittern.« Jan philosophierte: »Den hätte ich nicht verpfiffen, den hätte ich in seinem Kostüm irgendwo tief einbetoniert.«
»Auf den Schreck brauche ich ein Bier!«, seufzte Huby und meinte: »Ich habe so schöne kleine niedliche Spritzen in meinem Koffer, die hätte ich dem in seinen wunden Hintern gehauen und ihn damit sanft zur Hölle befördert. Ganz sanft – für immer weg!«
»Abgründe tun sich auf! Verflucht! Wenn ich an den Kiez denke, was da so alles praktiziert wird heutzutage, wie zu babylonischen Zeiten.
»Achtung, Jungs! Die Biere sind frisch gezapft! Hat noch jemand Appetit?«, fragte Leo und hielt die für den Grill vorgesehene Fischhälfte hoch. »Nee, später! Ich glaube, im Moment hat keiner so recht Hunger. Eher Durst«, schätzte Huby und nahm sein Glas.
Jan peilte die Lage auf dem Wasser und meinte: »Ist alles ruhig da draußen. Ich musste mal kurz verschwinden!« »Wenn du aus den Büschen zurück bist, lug mal kurz in die Tonne und kontrolliere die Räucherei! Den alten verkohlten Rest kannst du rauskratzen die Tonne muss mit neuem Holz und frischen Spänen bestückt werden.
»Verflixt, eine Pose ist weg«, strahlte Mano. »Ich glaube, das ist meine.« Er schoss wie ein Pfeil zur Angelrute und gab ihr einen kraftvollen Ruck.
»Verdammt, die sitzt fest. Wahrscheinlich hängt die an einem der Äste, die das fliegende Ungeheuer abgerissen hat.«
»Gib her, das Ding! Tatsächlich, die ist irgendwo angehakt!«, befand Leo fachmännisch. Er klemmte sich die Schnur zwischen seine Zähne, ruckte ein, zwei Mal daran, so dass sie singend durchriss.
»Da kommt die Pose hoch! Verflixt die zieht weg!« Wie von unsichtbarer Hand gesteuert schwamm sie von dannen. Ab und zu tauchte sie weg, dann wieder auf.
»So, wie die da sichtbar längsschlängelt, hängt da ein ganz dicker Aal dran«, knurrte Leo ärgerlich.
»Komm’, wir hängen schnell eine neue dran.« Geschickt fummelte er mit seinen Gorillafingern an der dünnen Perlonschnur herum und war im Nu damit fertig.
»Hier, schmeiß sie wieder rein. Aber bloß nicht an die gleiche Stelle.« Mano nahm die Angel und schleuderte den Köder samt Pose hinaus in die Dunkelheit. Nachdenklich schaute er noch kurz, wo sie auftauchte und ging zurück auf seinen Platz.
Der Rest der Gruppe war verschwunden, um ein kurzes Geschäft zu erledigen. Mano öffnete seinen Angelkoffer, nahm sich eine seiner Pfeifen heraus und stopfte sie.
Erni kam zurück und steckte sich eine Zigarette an, dabei starrte er in die schwache Glut des Grills »Mein Gott, was kostet das für eine Knete mit einem Hubschrauber hier her zu fliegen«, dachte sich Mano und begann das Gespräch.
»War ja ein großer Bahnhof, den du hier abgezogen hast.«
»Ich wurde durch einen Kunden am Flughafen aufgehalten. Er wartete dort extra auf mich, um mir noch einige Konnossemente zu übergeben. Sonst bekomme ich die Ware nicht aus dem Zoll!«, entgegnete Erni.
»Konnossemente was ist das?«, fragte Huby neugierig. »Das sind Frachtbriefe mein lieber, genauer gesagt Seefrachtbriefe«, erklärte Erni. Langsam taute er wieder auf, als er von seiner letzten Weltreise berichtete. Mano hörte ihm mit halbem Ohr zu und überlegte, was er so für ein Typ war. Sein richtiger Name war Ernst Hofmann. Er besaß einen florierenden Fruchthandel in Hamburg, daher sein Spitzname Bananie oder Bananen-Erni. Ernis Geschäfte verliefen völlig anders, denn er war über 200 Tage im Jahr mit dem Flieger unterwegs. Der florierende Markt verlangte ständig nach neuen Waren in bester Qualität. Die er über seinen Import + ExportFruchthandel – auf die Minute pünktlich – besorgte. Die besten Fruchtund Gemüsequalitäten, die weltweit wuchsen, verscherbelte Erni.
Als cleverer Geschäftsmann verstand er es, den Farmern die Produkte möglichst günstig abzuschwatzen. Hierdurch verfügte Erni über lukrative Einnahmen, die teilweise schon Lottogewinnen glichen. Er köderte seine Lieferanten rechtzeitig mit günstigen Krediten, wenn sie finanziell in der Klemme steckten. Was meistens der Fall war. Dann zog er sein Angebot aus der Tasche, welches sie aus ihrer Not heraus blindlings unterschrieben. Damit konnten sie die besten Samenqualitäten einkaufen, die von Jahr zu Jahr großen Preisschwankungen unterlagen. So schloss er alle Verträge mit den Farmern, für ihn günstig, schon am Anfang einer Saatsaison ab, als niemand wusste, wie die Wetterverhältnisse und spätere Qualität der Ware sein würde. Das war zwar ein Risiko, aber auch ein ideales Knebelwerkzeug, mit dem er locker einen Kurs vereinbaren konnte, der oft ganz erheblich von den späteren marktüblichen Preisen abwich. Auch bei diesem Geschäft war Leos Rat gefragt, der alles Erforderliche dann managte. Leo besorgte, was benötigt wurde. Geld, viel Geld, Geld in rauen Mengen.
Diese feine Truppe von Hobbyanglern, die im Sprachjargon der örtlichen Bauern auf den Spitznamen: »Spaßsportgruppe« getauft wurde und in ihren Augen zusammen 500 Jahre Knast verdient hätten, lebte zwischen ihren bäuerlichen Nachbarn und bewohnte prächtig renovierte alte Marschbauernhöfe mit herrlichen Gärten. Mano schaute nachdenklich in die Gesichter der Runde und fragte sich, wer jetzt an der Reihe war.
Erni erhob sich und ging zum Zapfhahn. Fachmännisch befüllte er die angezapften Gläser. Mit stolzer Geste reichte er sie weiter und rief bestimmend: »So muss ein frischgezapftes Bier aussehen, immer mit einer schönen Schaumkrone oben drauf.«
»Sieht Klasse aus!«, lobte Huby und stieß mit ihm an. »Leo, gib der Scheibe die Kugel!«, lallte Jan mit erschwerter Zunge und stellte sein leeres Glas zurück auf den Tisch. Mano sah ihn scharf an und meinte: »Wenn du alles weiter so in dich rein schüttest dann, verpatzt du noch die ganze Party.«
»Jou, jou, war alles nur gespielt«, rülpste Jan, »Komm Leo, gib Gas, hol’ deinen Kullerman raus und lass ihn roulieren.
»Ich bin gespannt, wer der Nächste ist«, meinte Erni augenzwinkernd. Leo brachte mit seinen Riesenpranken die Scheibe auf Touren, knallte die Kugel rauf und vermutete: »Jetzt ist bestimmt Mano dran.«