Geri Schnell

Das verschwundene Schiff


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des mittleren Pools geht die Post richtig ab, hier feiern viele junge, aufgestellte Leute, er vermutet, dass die Discoqueens aus Deutschland nicht die einzigen sind, welche diese Reise gewonnen haben. Mit einem normalen Studentenbudget ist eine solche Reise nicht zu bezahlen. Es fällt auch auf, dass ausschliesslich schöne interessante Leute in diesem Bereich anzutreffen sind. In den unteren Decks scheint sich das arbeitende Personal meistens Asiaten aufzuhalten. Vom Masseur, der Dame aus dem Sicherheitsdienst, der Betreuerin des Fitnesscenters und den Kellnern ist der ganze Tag nie etwas zu sehen. Auch der Koloss des Sicherheitsdienstes ist nie auf dem Deck anzutreffen und der würde sicher auffallen.

      Reto ist gespannt, welche Hafenstadt sie als nächstes anlaufen. Seine Kenntnisse in Navigation sind nicht besonders gut, vermutlich durchqueren sie das Mittelmeer nach Wwesten und müssten bald den Atlantik erreichen. Vielleicht, ist der Süden Spaniens das erste Reiseziel, allerdings deutet noch nichts auf einen Stopp hin. Auf dem Computer ist nun das Abendprogramm angezeigt. Anzug fünf, dieser ist eher sportlich, legerer und steht ihm recht gut. Nach dem Essen ist angekündigt, dass die Animateure noch einen Auftritt als Showstar bestreiten. Diesmal treten sie im Obergeschoss vor der erlauchten Herrschaften auf, das wird sicher eine trockene Angelegenheit. Die Snobs und Bryan Adams, dass ihnen der gefällt, kann sich Reto nicht vorstellen.

      Beim Abendessen wird Reto heute an einem andern Tisch eingeteilt. Die vier Damen sind Mitglieder einer Fasnachtsclique klicke aus Belgien, sie wurden eingeladen unter der Bedingung, dass sie zwei bis drei Auftritte als Funkenmariechen vorführen, das ist recht wenig Aarbeit, wenn man an die schöne Reise denkt. Auf jeden Fall geniessen die Belgierinnen das süsse Nichtstun. Das einzige Problem mit dem sie kämpfen, ist der starke Sonnenbrand, welche die meisten eingefangen haben. Auch mit dem Aufstehen hapert es. Keine der Frauen ist nüchtern, Reto weiss nicht, wie sie jetzt noch die Abenddisco überstehen werden.

      Nun ihm kann’s egal sein, vor seinem Auftritt, will er eh nichts unternehmen. Er steht an der Bar und beobachte die Leute. Am anderen Ende der Bar sitzt Rea locker auf einem Barhocker, sie hat sich bereits wieder einen neuen Lover geangelt, Rea hat wirklich ein enormes Nachholbedürfnis, wenn das nur gut geht. Auf dem Dancefloor sorgen heute Abend die Iren für Stimmung. Eine irische Fußballmannschaft hat den Flor in Beschlag genommen. Jede Frau die sich in ihre Nähe wagt, wird in die Mitte gezerrt und hin und her geschubst. Den mutigen Damen macht es nichts aus, die Meisten lassen sich freiwillig einfangen.

      Ein halbe Stunde vor Beginn des Abendprogramms trifft sich die Showtruppe in der Garderobe. Scot, der Choreograf, verteilt die Kleidung, die Kostüme sind generell knapper bemessen, ein Bryan Adams würde nie so auf die Bühne steigen. Reto ist das egal, solange er noch seine Hose tragen darf. Auch die weiblichen Interpretinnen werden in sexy Outfits gesteckt. Zu meiner Überraschung sind auch die Kölner Discogirls dabei und tragen nicht mehr, als heute Nachmittag am Pool. So langsam begreife ich das Prinzip der Kreuzfahrt, alles für die VIPs, lautet das Motto.

      Inzwischen ist die Show angelaufen. In der kleinen Garderobe bekommt man die Stimmung draussen im Saal gut mit. Die anfänglich steife Atmosphäre wird langsam locker. Reto muss früh raus. Er erntet einen anerkennenden Applaus, doch der ganz grosse Auftritt war es nicht. Auch in der Garderobe steigt die Stimmung, die halbnackten Mädchen kommen einem dauernd in die Quere, es lässt sicht nicht vermeiden, dass man sich körperlich näher kommt. Zur Belustigung der Damen, hat Alfonso damit ein Problem, in seiner Hose, die ebenfalls sehr eng bemessen ist, gibt es eindeutig ein Platzproblem. Die Girls tragen das Iihrige dazu bei, dass er sich nicht beruhigen kann.

      Genau jetzt, wo die Ausbuchtung am grössten ist, schickt ihn Scot auf die Bühne. Dort wird er mit grosser Begeisterung empfangen. Dass er bei seinem Wahnsinn nie den vorgegebenen Takt trifft, stört niemand. Die älteren Damen sind ihm echt auf die Pelle gerückt, die Hose ist bereits zerrissen und hätte er nicht den letzten Stofffetzen noch mit der Hand gehalten, er wäre ganz nackt in die Garderobe zurückgekehrt.

      Die nun folgenden Akteure werden auch mit immer spärlicher Bekleidung auf die Bühne geschickt und kommen mit stark ramponierten Stofffetzen zurück. Die Mitwirkenden sind gut ausgewählt, keiner hat ein Problem damit, nur ein Kölnerin protestierte energisch, als ihr eine alte Dame an die Wäsche wollte, auf Damen steht sie gar nicht, wo es doch so viel interessante Männer im Saal hat.

      Nach einer Stunde ist die Show eigentlich beendet, die VIPs lassen es sich nicht nehmen, alle Akteure zu einem Drink an die Bar einzuladen. Mit Champagner wird auf die gute Show angestossen. Jetzt beginnt eine Band zu spielen. Softklassik ist angesagt. Als die Musik einen Walzer gespielt, fordert Clementine Reto zum tanzenTanzen auf.

      Sie trägt ein sehr feines Abendkleid. Vom Gürtel aus gehen zwei schmale Träger bis zu ihren Hals. Die beiden Träger, höchsten drei Zentimeter breit, haben eigentlich die Aufgabe ihren Busen vor neugierigen Blicken zu schützen, eine Aufgabe, der sie in keiner Weise gewachsen sind. Reto bleibt nichts anderes übrig, als seine Hände um ihre nackte Taille zu legen. Ihre Haut ist zart und sie gehorcht jedem seiner Befehle. Nach der fulminanten Schlussdrehung verbeugt sie sich tief, jetzt kann auch Reto einen Blick riskieren und sie geniesst es bewundert zu werden. Schliesslich hat die Musik ein Einsehen und macht eine Pause. Er begleite Clementine noch an ihren Platz und gehe zurück an die Bar.

      «Das war nicht schlecht», meint der Barmann, «aber das war’s für dich, wir benötigen dich hier nicht mehr, du kannst zurück aufs untere Deck, deine Show ist zu Ende.»

      Ein fragender Blick zu seiner Tanzpartnerin sagt Reto, dass jetzt die älteren Herren an der Reihe sind, er musste sie nur etwas in Stimmung bringen, jetzt ernten die gleichaltrigen. Ihm soll’s recht sein, das ist sowieso nicht sein Umgang.

      Gemeinsam mit den Discoqueens und Alfonso verlassen sie die Bar. Jenny und Yvonne hängen sich bei Reto ein, eng umschlungen suchen sie eine Kabine, so knapp bekleidet können sie nicht auf der Party am mittleren Pool erscheinen, schnell ist man sich einig, Jenny spendiert noch einen Drink in ihrer Kabine. Ariane und Ronda kümmern sich um Alfonso, er hat etwas viel Champagner getrunken und ausserdem muss seine lädierte Hose vor neugierigen Blicken geschützt werden.

      Südwärts

      Am nächsten Morgen verpasste Reto beinahe das Frühstück. Es wurde gestern noch sehr späht. Die Mädchen waren so aufgedreht, dass an Schlafen nicht zu denken war. Nach dem ersten Schluck Kaffee, nimmt er langsam seine Umwelt war. Es fällt ihm auf, dass der Seegang, im Vergleich zum Vorabend, deutlich stärker spürbar ist. Seine Ahnung scheint sich zu bestätigen, sie haben in der Nacht die Strasse von Gibraltar passiert und kreuzen nun im Atlantik. Die wenigsten Gäste machen sich Gedanken über den Kurs, doch Reto möchte gerne wissen, wohin die Reise geht. Nach seinen Schätzungen sind sie auf Südwestkurs.

      Heute teile er den Tisch mit einer spanischen Flamencotruppe. Er verstehte Spanisch, doch lange nicht so gut wie englisch, deutsch oder französischFranzösisch. So bekommt er von seinen Tischnachbarn nicht viel mit, er fühlt sich auch noch zu müde, um der Unterhaltung zu folgen.

      Auf dem Computer ist das neue Tagesprogramm aufgelistet. Heute gibt es einiges zu tun. Ab elf Uhr muss eine neue Show eingeübt werden. Noch vorher gibt es drei Kurzeinsätze für die Gästen, zwei Mal bringt er sie in die Massage und einmal Fitness. Auch bei denen vom Oberdeck ging es letzte Nacht recht turbulent zu. Wenigstens schliesst Reto das aus zwei aufgeschnappten Bemerkungen. Clementine konnte anscheinend ihre exhibitionistische Neigung voll ausleben. Dabei blieb sie nicht die einzige Dame, welche sich zur Show stellte.

      Um elf Uhr treffen sich sechzehn junger Leute in einem kleinen Saal. Diesmal sind nicht nur Animateure in der Gruppe, zu Retos Freude, sind auch die Discoqueens aus Bayern und Köln mit von der Party. Etwas verlegen begrüsst er Jenny, wie sind ihre Gefühle nach der gestrigen Nacht? Seine Befürchtungen sind umsonst, sie meldet keinerlei Besitzansprüche an. Auch sonst hat sie die Nacht gut verkraftet. Sie macht sich keine Gedanken darüber, ob sie sich an der Party, zu sehr hat gehen lassen. Man ist nur einmal jJung und soll das Leben geniessen, ist ihr Motto für diese Kreuzfahrt. Auch ihre drei Freundinnen sind mit der gleichen Gelassenheit dabei.

      Jetzt übernimmt Scot, welcher schon die Playbackshow organisiert hat, das Kommando. Mit einem Rock n