K. Krista

DNA


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ihrer Nähe fühlt er sich wohl, wenn er, wie jetzt ihre Hand in der seinen hält, hat er das Bedürfnis sie zu streicheln. Ihre Hände sind so weich und warm, er genießt jede Minute, die er mit ihr verbringen kann. Bis ihm bewusst wird, dass dieser Genuss ein Gefühl der Schwäche ist. Wütend stößt er ihre Hand von sich, redet sich ein, dass der Tag endlich gekommen ist, an dem er sich an ihr vergehen kann. Monatelang hat er sich vorgestellt, wie es wohl ist, wenn er die gefesselte und ohnmächtige Nicole missbraucht.

      Fast gewaltsam muss er sich aus dem Stuhl hochstemmen – jetzt oder nie.

      Da schlägt Nicole die Augen auf.

      Erschrocken tritt Nikolai einen Schritt vom Bett zurück, um dann ganz langsam wieder heran zu treten.

      Nicole lächelt. Ihre grünen Augen leuchten, noch niemals hat Nikolai ein solch intensives Grün gesehen. Fasziniert kann er den Blick nicht von ihr abwenden. Zu seiner eigenen Überraschung erwidert er das Lächeln. Er sieht wie Nicole versucht etwas zu sagen, doch es kommt kein Ton über ihre Lippen. Zu lange lag sie im Koma, ihre Kehle ist ausgetrocknet, das Sprechen scheint unmöglich.

      Nikolai greift nach einem Glas Wasser, welches auf dem Nachtisch neben dem Bett steht und führt es sanft an ihre Lippen. Ganz leicht nur benässt er ihren Mund. Eine zärtliche Geste, die Nikolai so sehr überrascht, dass er von diesem, ihm unbekannten Gefühl überwältigt, das Glas schnell wieder zurückstellt und fast fluchtartig den Raum verlässt.

      Verwirrt und schockiert von seiner eigenen Reaktion, läuft er in sein Büro, wo er zum Telefon greift und den Arzt, der für die Genesung von Nicole verantwortlich ist, davon in Kenntnis setzt, dass Nicole aus dem Koma erwacht ist.

      ***

      >>Wieso hast du mich nicht sofort geweckt, als Nicole aufgewacht ist?<<

      Ärgerlich steht Olga vor Nikolai Gagarin und schnauzt ihn an.

      >>Sorry meine Kleine<<, entgegnet der Arzt freundlich, ohne auf ihren patzigen Ton einzugehen. >>Ich wollte dich nicht wecken, jetzt, da Nicole endlich aus dem Koma erwacht ist, sah ich wirklich keine Eile. Sie braucht die nächsten Tage noch viel Ruhe, wir sollten sie so viel wie möglich schlafen lassen, umso schneller wird sie wieder gesund und das ist es doch, was wir alle wollen. Setzt dich zu mir, ich wollte sowieso mit dir sprechen. Es ist davon auszugehen<<, beginnt er nachdenklich, >>dass Nicole aufgrund ihrer Kopfverletzung ihr Gedächtnis verloren hat, ihre Reaktion auf mich, als sie aufgewacht ist, hat mir sehr deutlich gezeigt, dass sie nicht weiß wer ich bin. Das Selbe wird für dich gelten. Davon ausgehend, dass wir vor ihrer Verletzung keine Freunde waren und ich in den letzten Wochen feststellen konnte, dass es dich freuen würde, könnte sie bei uns bleiben, müssen wir sie belügen. Das verstehst du doch sicher?<<

      Ohne eine Antwort des Mädchens abzuwarten, fährt Nikolai fort.

      >>Nicole ist ein Mutant, ebenso wie du Olga, was liegt also näher, als zu behaupten, ihr wärt Schwestern? Du wirst sie im Auge behalten müssen. Wir gehen zwar davon aus, dass ihre Erinnerung gänzlich gelöscht wurde, doch ganz sicher kann man sich nie sein. Nicole darf sich auf keinen Fall daran erinnern, wer sie ist und woher sie kommt. Wenn du verhindern möchtest, dass ich sie wieder wegschicke<<, oder schlimmeres, fügt er ihn Gedanken hinzu, >>dann musst du meine Augen und Ohren sein. Sobald du auch nur den kleinsten Verdacht hast, sie könnte sich erinnern, musst du mir sofort Bescheid geben. Kann ich mich auf dich verlassen?<<

      >>Aber sicher<<, erwidert Olga aufgeregt.

      >>Ich habe endlich jemanden gefunden, der so ist wie ich. Du kannst auf mich zählen, ich werden alles dafür tun, dass sie sich an nichts mehr erinnert. Die Idee mit den Geschwistern ist gut. Ich ersetze in meinen Erinnerung Viktor gegen Nicole, dann werde ich mich auch nicht verplappern<<, fügt das Mädchen lächelnd hinzu.

      Nikolai hat ihre größte Angst intuitiv erfasst.

      Olga möchte Nicole nicht mehr verlieren. Seit sie ihren Bruder verloren hat, bessergesagt, er sie verlassen hat, fühlt sich das Mädchen sehr einsam und allein. Viktor wollte nicht mehr bei Nikolai bleiben, wollte ihr weis machen, dass Nikolai sie Beide nur ausnutzt, ja dass der Arzt es sogar auf sie abgesehen hätte.

      Was für ein Quatsch. Nikolai ist der Sohn ihres Vaters Dr. Maikow, gut er war nicht ihr richtiger Vater, sie ist in einem Heim aufgewachsen, zusammen mit Viktor, der auch nicht ihr richtiger Bruder ist, doch sie sind mit den Jahren Bruder und Schwester geworden und nach Dr. Maikows Tod hat Nikolai sie aufgenommen. Viktor spinnt, wenn er denkt, Nikolai hätte ein anderes, als ein väterliches Interesse an ihr. Nikolai hat ihnen erzählt, dass Nicole böse ist, dass sie Dr. Maikow umgebracht hat, was wohl auch stimmt, doch jetzt, wo sie nicht mehr weiß wer sie ist, ist sie wahrscheinlich auch nicht mehr böse.

      Schon als ich ihr das erste Mal begegnete, wusste ich, wir sind gleich. Ein Blick in ihre Augen hatte genügt und auch wenn ich es anfangs nicht wahr haben wollte, so war doch sofort klar, dass uns etwas ganz einzigartiges verbindet. Seit Nicole hier ist, war ich fast jeden Tag an ihrem Bett und habe gebetet, dass sie wieder aufwacht, habe ihre Hand gehalten, mit ihr gesprochen und nicht nur einmal gespürt, dass sie meine Hand gedrückt hat. Ich wusste, irgendwann wird sie wieder aufwachen.

      Ich bin nicht mehr allein und nichts und niemand wird mir Nicole wieder weg nehmen.

      ZWEI

      Gedankenverloren sitzt Dr. Nikolai Gagarin an seinem Schreibtisch und lässt eher unbewusst einen Stapel Unterlagen durch seine Finger gleiten, als ihn plötzlich eines der Blätter aus seiner Starre reißt. Der letzte Testbericht über den Freiluftversuch seines Virus. Wütend wirft er das Blatt zurück.

      Alexander Gudoy lebt.

      Verdammt, bei allem was in der letzten Zeit schief gegangen ist, war dies doch der herbste Rückschlag. Seine Idee, der Welt eine Pandemie zu bescheren, kann er in die Tonne treten. Dabei hatte alles so erfolgversprechend begonnen.

      Er hat es fertig gebracht, den Virologen Alexander Gudoy so zu manipulieren, dass dieser ein Gegenmittel gegen einen vollkommen neuen Virusstamm, bestehend aus einer Kreuzung von Ebola, Typhus und Lepraviren, kreierte. Die gestarteten Versuche waren außerordentlich erfolgreich und haben seine Erwartungen sogar noch übertroffen. Anhand der Forschungen von Gudoy, beauftragte Dr. Gagarin einen weiteren Virologen, aus den drei unterschiedlichen Virusstämmen, einen neuartigen, tödlichen Virus zu erschaffen. Zu Beginn erschien alles so einfach.

      Dr. Nikolai Gagarin stellte mit Hilfe von Svetlana, der Schwester von Alexander Gudoy, Nicole eine Falle. Als er den Virologen nicht mehr benötigte, manipulierte er diesen dahingehend, dass Nicole Arnold seine Schwester entführt hätte. Wohlwissend, dass Alexander sich sofort auf die Suche nach Svetlana machen würde. Geplant war nun, den Arzt durch einige seiner Leute ermorden zu lassen. Im Grunde eine sehr einfach Angelegenheit, doch er hatte die Rechnung ohne Nicole gemacht.

      Der Virologe überlebte und als, was leider nicht zu vermeiden war, einiges über seine Tests mit dem Virus in der Presse durchsickerte, machte sich der Arzt sofort daran, an seinem Gegenmittel zu arbeiten. Alle Mühe war umsonst.

      Nikolai schäumt noch heute vor Wut, wenn er darüber nachdenkt, wie schief alles gelaufen ist. Sein einziger Lichtblick – Nicole.

      Sein Ziehvater Dr. Maikow, würde sich vor Lachen im Grabe herumdrehen, wüsste er um das Versagen seinen Ziehsohnes. Für ihn gab es, nachdem er von der Genmutation bei Nicole erfahren hatte, nur ein einziges Ziel – weitere Mutanten zu erschaffen.

      Nikolai konnte sich nie für diesen Gedanken erwärmen, er setzte all seine Kraft in die Behandlung der „modifizierten“