als Familienvater und, allgemein gesagt, als Menschen zu beschämen.«
»Führen Sie nur keinen Skandal herbei, Lebedjew, um Gottes willen keinen Skandal!« sagte der Fürst halblaut in starker Unruhe.
»O nein, mein Zweck ist ja nur, ihn zu beschämen und zu sehen, was er für ein Gesicht macht; denn aus dem Gesicht kann man auf vieles schließen, hochgeehrter Fürst, und besonders bei einem solchen Menschen! Ach, Fürst! Obgleich mein eigener Schade groß ist, kann ich doch auch jetzt nicht umhin, an ihn und an die Besserung seiner Moral zu denken. Ich habe eine außerordentliche Bitte an Sie, hochgeehrter Fürst; ich bekenne sogar, daß ich eigentlich nur deswegen hergekommen bin: Sie sind schon mit seiner Familie bekannt und haben dort sogar schon gewohnt; wenn also Sie, hochgeehrter Fürst, sich entschließen wollten, mir hierbei zu helfen, eigentlich nur um des Generals und seines Glückes willen ...«
Lebedjew faltete sogar die Hände wie beim Gebet.
»Was meinen Sie denn? Wie soll ich denn helfen? Seien Sie überzeugt, daß ich lebhaft wünsche, Sie ganz zu verstehen, Lebedjew!«
»Einzig und allein in dieser Überzeugung bin ich ja auch zu Ihnen gekommen! Man könnte durch Nina Alexandrowna auf ihn einwirken, indem man Seine Exzellenz im Schoß seiner eigenen Familie beständig beobachtet und ihm sozusagen auf den Fersen bleibt. Ich selbst bin unglücklicherweise dort nicht bekannt ... Und außerdem könnte da auch Nikolai Ardalionowitsch vielleicht mithelfen, der Sie sozusagen mit allen Fibern seiner jungen Seele vergöttert ...«
»N-nein ... Nina Alexandrowna dürfen wir in diese Sache nicht hineinziehen, um Gottes willen nicht! Und Kolja ebensowenig ... Ich verstehe Sie übrigens vielleicht noch nicht ganz, Lebedjew.«
»Aber es ist ja dabei eigentlich gar nichts zu verstehen!« rief Lebedjew und sprang sogar ein wenig auf seinem Stuhl in die Höhe. »Gefühlvolle und zarte Behandlung, das ist die einzige Arznei für unsern Kranken. Sie erlauben mir wohl, Fürst, ihn für einen Kranken anzusehen?« »Das zeugt sogar von Ihrem Zartgefühl und von Ihrem Verstand.«
»Ich möchte es Ihnen durch ein Beispiel klarmachen, das ich der Deutlichkeit wegen aus der Praxis entnehme. Sehen Sie, was das für ein Mensch ist: da hat er nun jetzt eine Schwäche für diese Hauptmannsfrau, bei der er sich ohne Geld nicht blicken lassen darf, und bei der ich ihn heute zu seinem eigenen Besten abzufassen beabsichtige; aber nehmen wir an, er habe nicht nur dieses Verhältnis mit der Hauptmannsfrau, sondern er begehe ein wirkliches Verbrechen, irgendeine unehrenhafte Handlung (wiewohl er einer solchen durchaus nicht fähig ist), so behaupte ich, man könnte auch dann einzig und allein durch edelmütige, zarte Behandlung, um mich so auszudrücken, bei ihm alles erreichen; denn er ist ein gefühlvoller Mensch! Glauben Sie mir, er würde es nicht fünf Tage lang aushalten, sondern in Tränen ausbrechen und alles bekennen, und besonders wenn die Familie und Sie sozusagen sein ganzes Mienenspiel, seine sämtlichen Äußerungen beobachten und in geschickter, edelmütiger Weise auf ihn einwirken ... Oh, hochgeehrter Fürst!« rief Lebedjew und sprang in einer Art von Begeisterung vom Stuhl auf; »ich behaupte ja gar nicht, daß er es bestimmt gewesen sei ... Ich bin sogar bereit, mein ganzes Blut für ihn zu vergießen, auf der Stelle, wiewohl Sie zugeben müssen, daß Unenthaltsamkeit und Trunksucht und eine Hauptmannsfrau, alles zusammengenommen, einen Menschen zu allem Möglichen bringen können.«
»Solche Absichten bin ich natürlich jederzeit bereit zu fördern«, erwiderte der Fürst, indem er aufstand. »Aber ich bekenne Ihnen, Lebedjew, daß ich mich in furchtbarer Unruhe befinde. Sagen Sie, Sie glauben doch immer noch ... kurz, Sie sagen ja selbst, daß Sie Herrn Ferdyschtschenko im Verdacht haben.«
»Aber wen denn auch sonst? Wen denn sonst, offenherzigster Fürst?« antwortete Lebedjew, indem er wieder gerührt die Hände faltete und milde lächelte.
Der Fürst machte ein finsteres Gesicht.
»Sehen Sie, Lukjan Timofejewitsch, ein Irrtum könnte hier die schrecklichsten Folgen haben. Dieser Ferdyschtschenko ... ich möchte nichts Schlechtes von ihm sagen ... aber dieser Ferdyschtschenko ... ich meine, wer weiß, vielleicht ist er es doch gewesen ...! Ich will sagen, vielleicht ist er wirklich einer solchen Tat eher fähig als ... als der andere.«
Lebedjew kniff die Augen zusammen und spitzte die Ohren.
»Sehen Sie«, fuhr der Fürst fort, der immer mehr in Verwirrung geriet und dessen Gesicht immer finsterer wurde, während er im Zimmer auf und ab ging und es dabei vermied, Lebedjew anzusehen, »man hat mir zu verstehen gegeben ... es hat mir jemand von Herrn Ferdyschtschenko gesagt, er sei, von allem anderen abgesehen, ein Mensch, in dessen Gegenwart man sich in acht nehmen müsse und nichts Überflüssiges reden dürfe; verstehen Sie? Ich sage das mit Bezug auf meine Bemerkung, daß er vielleicht wirklich einer solchen Tat eher fähig sei als der andere ... damit wir uns nicht irren ... das ist doch die Hauptsache; Sie verstehen wohl?«
»Aber wer hat Ihnen das über Herrn Ferdyschtschenko mitgeteilt?« fragte Lebedjew eifrig.
»Ich habe es zufällig gehört; es hat es mir jemand zugeflüstert; übrigens glaube ich es selbst nicht ... es ist mir sehr ärgerlich, daß ich genötigt war, es zu erwähnen; aber ich versichere Ihnen, ich glaube es selbst nicht ... es ist ein törichtes Gerede ... Pfui, wie dumm von mir, es nachzusprechen!«
»Sehen Sie, Fürst«, sagte Lebedjew und zitterte dabei am ganzen Leib, »das ist wichtig, das ist jetzt sehr wichtig, ich meine die Art, wie diese Beurteilung zu Ihrer Kenntnis gelangt ist; das ist wichtig, wenn auch nicht in bezug auf Herrn Ferdyschtschenko.« (Während Lebedjew das sagte, lief er hinter dem Fürsten her auf und ab und bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten.) »Da möchte auch ich Ihnen jetzt etwas mitteilen, Fürst: als ich vorhin mit dem General zu diesem Wilkin ging, da fing er, nachdem er mir schon die Geschichte von der Feuersbrunst erzählt hatte, auf einmal in höchster sittlicher Entrüstung an, mir ganz ebensolche Andeutungen über Herrn Ferdyschtschenko zu machen, aber in einer so ungereimten, einfältigen Manier, daß ich unwillkürlich ein paar Fragen darüber an ihn richtete und infolgedessen zu der bestimmten Überzeugung kam, daß diese ganze Beurteilung lediglich aus dem Gehirn Seiner Exzellenz stammte. Eigentlich war sie sozusagen ein Ausfluß seiner Herzensgüte. Denn er lügt einzig und allein, weil er seiner Rührung nicht Herr zu werden vermag. Nun belieben Sie zu erwägen: wenn er das erlogen hat (und davon bin ich überzeugt), wie ist es dann zugegangen, daß auch Sie davon gehört haben? Wohlgemerkt, Fürst, es war das nur eine momentane Eingebung; wer in aller Welt hat es Ihnen also mitgeteilt? Das ist wichtig, das ... das ist sehr wichtig und ... sozusagen ...«
»Ich habe es soeben von Kolja gehört, und ihm hatte es kurz vorher sein Vater gesagt, den er um sechs Uhr oder bald darauf auf dem Flur traf, als er zu irgendeinem Zweck aus dem Krankenzimmer herausgegangen war.« Und der Fürst erzählte alles eingehend.
»Nun, sehen Sie, das ist, was man eine Spur nennt!« sagte Lebedjew, sich die Hände reibend und leise lachend. »Ganz so hatte ich es mir auch gedacht! Das bedeutet, daß Seine Exzellenz seinen unschuldigen Schlaf gegen sechs Uhr unterbrochen hat, um zu seinem geliebten Sohn hinzugehen, ihn aufzuwecken und ihm mitzuteilen, wie außerordentlich gefährlich Herrn Ferdyschtschenkos Nachbarschaft sei! Was muß, danach zu urteilen, Herr Ferdyschtschenko für ein gefährlicher Mensch sein, und wie groß die väterliche Besorgnis Seiner Exzellenz, hehehe ...!«
»Hören Sie, Lebedjew«, sagte der Fürst, der äußerst verlegen geworden war, »hören Sie, gehen Sie sachte zu Werk! Führen Sie keinen Skandal herbei! Ich bitte Sie, Lebedjew, ich beschwöre Sie ...! Wenn Sie das tun, dann verspreche ich, Ihnen behilflich zu sein; aber niemand darf davon wissen, niemand darf davon wissen!«
»Seien Sie überzeugt, großmütigster, offenherzigster und edelster Fürst«, rief Lebedjew geradezu begeistert, »seien Sie überzeugt, daß all dies in meinem edelgesinnten Herzen tot und begraben sein wird! Lassen Sie uns mit leisen Schritten gemeinsam vorgehen! Mit leisen Schritten und gemeinsam! Ich meinerseits bin sogar bereit, mein ganzes Blut ... Durchlauchtigster Fürst, ich bin an Seele und Geist ein gemeiner Mensch; aber fragen Sie einen jeden, selbst einen Schurken, nicht nur einen gemeinen Menschen, mit wem er lieber zu tun haben mag, ob mit einem ebensolchen Schurken, wie er, oder mit einem so überaus edeldenkenden