Sarah Glicker

Seal Team 9


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als er in unsere Straße einbiegt.

      Überall stehen Polizeiautos, Krankenwagen und weiter hinten kann ich sogar drei Feuerwehrwagen erkennen, deren Sirenen alle wild durcheinander blinken.

      Da ich so sehr auf die Szene konzentriert bin, die sich vor mir abspielt, sehe ich nur aus dem Augenwinkel, dass er sich ein Stück nach vorne lehnt.

      „Ich habe keine Ahnung“, erwidert er schließlich und fährt langsam weiter.

      Dabei erkenne ich, dass ein paar der Nachbarn draußen stehen und sich alles ganz genau ansehen. Als sie einen Blick auf den Wagen von Brady werfen, scheinen sie zu tuscheln, doch ich kann nicht sagen, ob es wirklich so ist, oder ich es mir nur einbilde.

      In der nächsten Sekunde weiß ich jedoch, dass ich es mir nicht nur eingebildet habe.

      „Scheiße“, entfährt es mir.

      Als ich einen Blick zu Brady werfe erkenne ich, dass auch ihm das nicht entgangen ist, was aber auch schwer ist. Einen Moment sieht er auf die Stelle, ehe er ein wenig Gas gibt, sodass der Wagen weiter rollt.

      Langsam fährt er näher, bis wir von einem Polizisten gestoppt werden. Brady lässt das Fenster auf der Fahrerseite nach unten gleiten und sieht zu dem Beamten auf.

      „Sie können hier nicht weiterfahren“, verkündet dieser und wirft dabei auch einen kurzen Blick in meine Richtung. „Das Stück ist gesperrt.“

      „Wir wohnen dort“, erwidert Brady und zeigt in die Richtung unserer Häuser.

      Allerdings kann man nur meines erkennen, da vor seinem ein großes Einsatzfahrzeug der Feuerwehr steht. Schläuche liegen auf dem Boden und die Männer rennen wild durcheinander. Zumindest macht es auf mich den Anschein.

      Einen Moment sieht der Polizist so aus, als würde er überlegen, was er machen soll. Ich kenne ihn nicht sonderlich gut, doch sogar ich erkenne den Kampf in seinen Augen. Dann deutet er jedoch auf eine freie Stelle, die sich an der rechten Seite befindet.

      „Parken Sie dort. Ich glaube, wir müssen uns dringend unterhalten.“

      Mit diesen Worten macht er einen Schritt zur Seite und hebt das Absperrband ein Stück nach oben, sodass Brady den Wagen drunter durchfahren kann.

      Ich kann nicht verhindern, dass sich bei seinen Worten ein ungutes Gefühl in mir breit macht. Es nistet sich in mir ein und hält sich dort beharrlich. Und in dem Moment, in dem wir an dem Wagen vorbeifahren, weiß ich auch warum.

      Scharf ziehe ich die Luft ein, als ich das Haus von Brady erblicke. Oder besser gesagt das, was davon übrig geblieben ist. Allzu viel ist es nämlich nicht.

      Auf den ersten Blick erkenne ich, dass es komplett ausgebrannt ist. Fenster sind zersprungen, das Dach ist halb in sich zusammengefallen und überall an der Fassade sind die Spuren der Flammen zu erkennen, die dort gewütet haben.

      „Scheiße“, murmelt er leise neben mir.

      In der nächsten Sekunde hält er seinen Wagen am Straßenrand an und steigt aus, ohne noch ein Wort von sich zu geben. Unsicher warte ich einen Moment, ehe ich ihm folge. So ganz weiß ich nicht, wie ich mich verhalten soll. Daher halte ich mich ein wenig im Hintergrund, wobei ich aber an seiner Seite bleibe.

      Ich habe nicht damit gerechnet, dass dieser Abend so enden wird. Und ich kann mir vorstellen, dass es ihm auch so geht.

      Automatisch wandert mein Blick zu meinem Haus, allerdings scheint es sich in dem Zustand zu befinden, in dem ich es auch verlassen habe. Allerdings befinden sich beide Einfahrten dazwischen, sodass die Wahrscheinlichkeit doch sehr gering war, dass es auf mein Haus übergeht.

      „Es tut mir leid, aber Sie können froh sein, dass Sie nicht zu Hause waren“, erklärt der Polizist, nachdem wir neben ihm stehen geblieben sind.

      „Was ist denn überhaupt passiert?“, erkundigt sich Brady.

      Einen Moment sieht der Polizist ihn nachdenklich an. Ich spüre, dass er keine Ahnung hat, was er sagen soll, oder wie er es sagen soll. In gewisser Weise kann ich das nachvollziehen. Wäre ich an seiner Stelle, würde es mir ebenfalls so gehen.

      „Das können wir leider noch nicht sagen“, beginnt er schließlich zögerlich. „Doch alles deutet auf eine kleine Explosion hin. Vielleicht eine defekte Gasleitung.“

       Kleine Explosion? Wie kann eine Explosion klein sein?, frage ich mich im nächsten Moment, doch ich behalte die Worte für mich.

       Ich hatte bis jetzt keine Ahnung, dass es kleine Explosionen gibt. Und wenn ich mir das Haus ansehe, sieht es auch nicht nach einer kleinen Explosion aus. Daher bin ich mir sicher, dass er es nur schön reden wollte.

       Ich warte darauf, dass Brady etwas dazu sagt. Doch ich spüre die Anspannung, die von ihm ausgeht, daher bin ich mir sicher, dass es gerade wahrscheinlich besser ist, dass er das nicht macht.

       Langsam setzt Brady sich nach einigen Sekunden in Bewegung und geht auf sein Haus zu. Als ich ihm folgen will, bedeutet er mir, dass ich hier bleiben soll. Allerdings muss ich sagen, dass ich das nur ungern mache.

       Noch immer habe ich ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend und je weiter er sich von mir entfernt, umso größer wird es. Auch wenn es vielleicht total bescheuert klingt, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ich von Polizisten umgeben bin, aber in seiner Nähe fühle ich mich sicher.

       Ich beobachte Brady dabei, wie er auf das Haus zugeht und sich dann in unsere Richtung dreht.

       „Eine defekte Gasleitung?“

       Ich höre die Skepsis in seiner Stimme und weiß, dass er nicht daran glaubt. Allerdings ziehe ich es vor, den Mund zu halten und nichts zu sagen. Dennoch werfe ich ihm einen fragenden Blick zu.

       „Haben Sie vielleicht etwas gemerkt, bevor Sie das Haus verlassen haben?“

       Brady schüttelt den Kopf, bevor er sich wieder auf die Ruine konzentriert.

       Einige Sekunden bleibt der Polizist noch neben mir stehen. Dabei beobachte ich ihn, wie er sich ein paar Notizen macht. Doch dann verabschiedet er sich von mir und verschwindet, ohne noch etwas darüber verlauten zu lassen.

       Langsam gehe ich näher und bleibe neben Brady stehen. Aus einem Reflex greife ich nach seiner Hand und verschränke meine Finger mit seinen.

       „Das tut mir leid“, flüstere ich.

       „Das braucht es nicht. Schließlich ist es nicht deine Schuld.“

       Mit diesen Worten nimmt er mich in die Arme und zieht mich an sich. Einen Moment stehen wir dort gemeinsam und sehen dem Treiben zu, ehe ich mich zu ihm drehe.

       Dabei spüre ich die Wärme, die von ihm ausgeht und habe seinen Geruch in meiner Nase. In diesem Moment weiß ich, dass ich mich ihm nicht einfach entziehen kann. Das konnte ich von Anfang an nicht und nach diesem Abend kann ich es nun erst Recht nicht mehr. Doch das will ich auch überhaupt nicht.

       „Du kannst bei mir bleiben“, schlage ich ihm vor.

       Einen Moment betrachtet er mich, als würde er sicher gehen wollen, dass es auch wirklich kein Problem für mich ist. Doch mittlerweile lässt er nicht mehr das Arsch raushängen, daher stört es mich auch nicht.

       In der nächsten Sekunde nickt er, nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und küsst mich sanft. Mir ist bewusst, was gerade um uns herum geschieht. Doch das ändert nichts daran, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch wach werden.

       Es dauert beinahe noch zwei Stunden, bis alle Einsatzkräfte verschwunden sind und die Aufregung sich ein wenig gelegt hat. Um ihnen nicht im Weg zu stehen, setze ich mich auf die Stufen, die zu meiner Haustür führen und beobachte sie.

       Gleichzeitig frage ich mich mehrmals, was passiert ist, dass Brady nun kein Haus mehr hat.

       Nachdem alle verschwunden sind, bleibe ich sitzen und warte auf Brady. Er steht noch einige Minuten vor seinem Haus und sieht es an. Ich kann mir nicht vorstellen, was gerade in ihm vor sich geht. Ich wäre zumindest