ich beruhigend.
Um meine eigene Aussage zu überprüfen, hob ich eine Hand an meine dunkel geschwungenen Augenbrauen und blickte in die Ferne. Tatsächlich, die ersten roten Dächer glitzerten im Sonnenlicht. Mehr und mehr Dächer folgten. Der Scharlachrote Tempel umfasste eine ganze Stadt mit Außenmauer, mehrstöckigen, miteinander verbundenen Gebäuden, schlanken Türmen mit phallusförmiger Spitze, ausgedehnten Parkanlagen, Stallungen, Badehäusern, Tavernen und Geschäften für alles nur Erdenkliche. Oder Unvorstellbare.
Hier kreuzten sich mehrere wichtige Handelsstraßen. Reisende aus allen Ländern machten hier Halt. Einige, um sich für die Weiterreise zu stärken. Andere, um Entspannung oder Befriedigung zu erfahren. Durch wen oder was auch immer.
Nicht weit von meinem eigenen Trakt entfernt befand sich der Marstall, den Reittieren des Königinnenhauses vorbehalten. Das war mein Ziel.
Problemlos ließ mich die Garde passieren. Meine Rückkehr wurde gemeldet. Das nahm mir zwar die Überraschung, meine Freude über die für mich als Prinzessin wohlig hergerichteten Unterkünfte wog jedoch schwerer.
Erleichtert atmete Jiulie aus, als sie von Gargarhaykal abstieg. Ich entließ mein Reittier in die Hände des grobschlächtigen Stallknechts. Dieser musste einst recht hübsch gewesen sein, doch nach mehreren Bissen der außerweltlichen Wesen war das Gesicht von Narben entstellt.
An der Hand führte ich meinen Fang in sein neues Heim. Vom Balkon aus sah eine Frau in der von Silberfäden durchzogenen Robe einer Magierin zu uns herab. Ich hob freudig winkend eine Hand und ein zauberte ein Lächeln auf das Gesicht der schwarzhaarigen Schönheit. Nicht nur sie kann zaubern, lachte ich in mich hinein.
»Wer ist das?«, fragte meine Begleiterin.
»Das ist Yana, Magierin des Königinnenhauses. Und meine Geliebte.«
»Aber, ich dachte, ich … wir haben doch …«, ein verwirrtes Glitzern stahl sich in ihre Augen. Ich legte meine Finger auf ihre schmalen Lippen.
»Was wir teilten war wundervoll, Jiulie. Und ich freue mich schon auf unser nächstes, ungestörtes Beisammensein. Doch ich bin ein Sukkubus, geschaffen um für Viele erotische Freuden zu bereiten. Yana weiß das.« Nach meinen beruhigenden Worten fügte ich heiter hinzu: »Und ich teile dich gerne mit ihr.«
»Oh«, sie kicherte verstehend und drehte den Spieß um, »vielleicht teile ich sie aber nicht mit dir!«
Lachend passierten wir Marmorstatuen sich liebender Schönheiten, durchschritten eine goldverzierte Flügeltüre und traten in das von bunten Butzengläsern farbenfroh ausgeleuchtete Foyer. Geschwungene Treppen führten hinauf in die Privatgemächer.
Die Sirene verdrehte den Kopf nach diversen Wandteppichen oder Mosaiken, die Szenen des Bades oder eines Liebesaktes zeigten. Einige rührten sie zu glockenhellem Kichern, andere bescherten ihr große Augen.
In mir staute sich die Aufregung des Wiedersehens mit meiner Liebsten, daher zog ich den Blondschopf ungeduldig hinter mir her.
Endlich erreichte ich die Wohnstube, wo mich Yana mit einer innigen Umarmung in Empfang nahm. Schmachtend tauschte ich mit ihr einen langen Zungenkuss, bevor ich meiner Begleiterin durch eine melodische Folge von Pfeiftönen wieder gewahr wurde.
Jiulie war eine freudige Überraschung. Sie bereicherte unser Zusammentreffen mit Witz und dem harmonischen Klang ihrer Stimme. Irgendwie flirtete mir mein Mitbringsel dann doch zu sehr mit Yana. Ich nutzte das Gebot der Gastfreundschaft und brachte sie in einem luftigen Gemach innerhalb meines Traktes unter, direkt neben dem Schwimmbad.
Dort sang die Sirene gerne bis tief in die Nacht. Anmutig lauschten wir den harmonischen Klängen und ich berichtete Yana von meiner Reise an die Ostküste. Wir blieben erst einmal lange im Bett, eng aneinander gekuschelt. Dabei konnten unsere Hände nicht von dem Körper der anderen lassen. Schmatzend hallten unsere Küsse durch das Gemach.
»Ich habe dich vermisst, Liebling«, beichtete ich mit Tränen in den Augen, »deine Nähe, deine Liebe.« Zitternd küsste ich die Magierin und schmeckte das Salz meiner Traurigkeit.
»Gelangweilt hast du dich sicherlich nicht«, merkte sie schnippisch an. »Und neue Eroberungen hast du auch mitgebracht.«
»Welch Nächte ich auch ein Bett mit anderen teilte, nur du bist mir von Bedeutung. Jetzt sei nicht eifersüchtig«, neckisch schlug ich auf ihren Schenkel, »und wenn du mir nicht glaubst, dann überprüfe doch den Inhalt dieser Phiole!« Ich reckte mich zu meinem Bündel neben dem Bett und zog das schmale Gefäß heraus. Bedeutungsvoll zeigte ich es ihr. »Hier sind genug Tränen der Sehnsucht für ein Dutzend Chaostränke drin! Und es ist die Sehnsucht nach dir, meiner süßesten Begierde.« Mein Blick wurde eindringlicher und meine Stimme wurde rauchig. »Ich will dich nicht länger missen. Zu lange habe ich mich nach dir verzehrt. Diese Nacht gehört nur uns. Uns allein!«
Zärtlich schob ich eine Strähne aus ihrem Antlitz und stupste ihre breite Nasenspitze. Stundenlang hätte ich Yana betrachten können. Hohe Wangenknochen und ein spitz zulaufendes Kinn zogen ihr Gesicht in die Länge. Ich schätzte ihr Wissen, das sich hinter der hohen Stirn verbarg. Volle, geschwungene Lippen lockten zum Kuss. Ihre samtweiche, goldbraun getönte Haut erweckte in mir die Sehnsucht nach Berührung. In ihren dunkelbraunen Augen glomm noch ein letzter Funke Groll, dann berührten sich unsere Nasenspitzen. Ihr Ärger verflog und machte dem Gefühl vertrauter Zärtlichkeit Platz. Unsere Lippen berührten sich nicht, und dennoch spürten wir uns, hauchten einander an und vereinten die Spitzen unserer Zungen, bevor wir im Kuss vereint der Leidenschaft nachgaben.
Am nächsten Morgen kam Luzius vorbei.
»Hallo Luzius«, zwischen den seidigen Laken liegend grüßte ich meinen Bruder. Yana schlief an mich gekuschelt und ich spielte in ihrem dichten Haar. Irgendwo zwischen unseren Füßen lag ihr schwarzer Kater und ich war sicher, das Gewicht auf meiner rechten Brust stammte von Imphraziel. Der kleine Dämon blieb unsichtbar und war ausnahmsweise still. Wegen seiner ständigen Schmähungen und Beschwerden bereute ich seine Beschwörung. Doch ich brauchte ihn für die Herstellung des Chaostrankes, ein wichtiges und mächtiges Magiegebräu.
»Ich habe die Sterne befragen lassen und die Karten gelegt«, sagte der blond gelockte Adonis mit belegter Stimme. Er trug wie immer ausgewählte Kleidung, edel und doch praktisch, dem höfischen Müßiggang angemessen. »Sie berichten von keiner guten Kunde.« Eine längere Pause entstand. »Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass es besser für deine weiteren Aufgaben ist, wenn Permeyah befreit wird.«
»Das ist auch meine Meinung«, gähnte ich, »aber Mutter und Nephtis haben mir jegliche Aktionen untersagt. Es sei zu gefährlich, wenn ich mit dem Pascha in Verhandlungen treten würde.«
Die Nachtelbin gehörte zu einer Gruppe Abenteurern, die von Banndespoten gefangen und versklavt wurden. Auch der Gefährte der schlangenleibigen Nagkhalyi gehörte dazu.
»Ich bin da anderer Meinung«, entgegnete Luzius und ein kleines Grübchen stahl sich für den Moment eines Lidschlags auf seine Wange. »Außerdem muss unsere Mutter ja nichts davon erfahren.«
Der Scharlachroten Königin entging so gut wie nichts. Ich hatte Bedenken. Unsere Mutter konnte sehr wütend werden. Schmerzhaft wütend.
»Mutter geht davon aus, dass Permeyah an jemanden verkauft wird und sich von dort selbst befreien kann.«
»So viel Zeit haben wir nicht. Wir sollten der Käufer sein.«
»Aber dafür brauchen wir eine entsprechende Summe, immerhin hat sie sich nicht gerade beliebt beim Pascha gemacht, und ich verfüge kaum über die geeigneten Ressourcen, ohne Mutter darum zu bitten.«
»Oh, ich denke ich besitze mehr als genug Gold.« Süffisant zwinkerte er mir zu. »Ich werde die notwendige Summe vorstrecken. Du solltest aber nicht allein reisen. Nimm einen Söldner mit aus den Tavernen. Jemanden, der ehrlich genug ist, uns nicht zu betrügen, wenn du so viel Geld mit dir herum schleppst.«
Sehr zögerlich verließ ich das warme Bett, warf noch einen Blick auf meine samtige Geliebte und zog mir die Reisekleidung an. Ich wählte eine der von Durchreisenden