Benny Bohlen

Die Mädchen meiner Schule


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Flucht ergreifend, stürzte ich zur Tür. Mit bebenden Fingern zog ich den Riegel zurück und riss die Tür auf. Das Schild »KOMME GLEICH« – symbolträchtig für das orgiastische Ächzen in meinem Rücken – fiel zu Boden.

      Ich verließ den Laden, das Kostüm in der Tasche unter den Arm geklemmt. Drei Personen standen vor dem Laden, eine junge Frau, ein ungefähr achtzehnjähriger Bursche und ein kräftiger, derb wirkender Mann um die vierzig Jahre.

      „Ist wieder geöffnet?“, fragte die junge Frau.

      „Gehen Sie nur hinein, Sie werden sofort bedient“, antwortete ich freundlich.

      Aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie die drei Personen sofort zur Theke schritten und das fickende Paar beobachteten. Vielleicht würde sich aus meiner Freundlichkeit noch eine Gruppensex Orgie entwickeln.

      Aber mir war es egal. Ich hatte ein Kostüm für dieses blöde Halloween Maskenfest im Gymnasium. Und nur das war von Bedeutung.

      2

      Und dann geschah doch das Unerwartete!

      Wenn man nicht mehr daran denkt, schlägt der Zufall, gesteuert vom Faktor Glück erbarmungslos zu. Nein, ich hatte nicht im Lotto gewonnen. Aber es war ein Ereignis eingetreten, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte.

      Ich bekam fünf Tage vor dem Halloween Maskenball eine Terminanfrage für ein Gespräch als Vertrauenslehrer. Jemand wollte wirklich meine Meinung zu einem Problem wissen. Wow. Ich kam mir in diesem Moment wichtig vor. Hoffentlich handelte es sich um ein Problem von Bedeutung, am besten wäre es natürlich, wenn es auch um das Thema Sexualität ging. Es konnte mir natürlich auch passieren, dass sich mein Gesprächspartner über das raue Toilettenpapier oder über fehlende Parkplätze beschweren würde.

      Ich war neugierig und vereinbarte für Mittwochnachtmittag einen Termin. Pünktlich um drei Uhr nachmittags erschien die neue Referendarin. Hm. Ich kannte sie nur vom Sehen. Aber ich wusste, sie kam aus Österreich, hatte das Studium erfolgreich abgeschlossen und begann ihre Zeit als Lehrerin in Deutschland. Ihr Name lautete: Julie Waldenfels.

      Mit einem kurzen Blick musterte ich die junge Frau. Sie war geradezu atemberaubend hübsch, mit einer sehr präsenten Ausstrahlung. Das lange blonde Haar fiel in sanften Wellen über die Schultern herab. Ihre klaren, grauen Augen blickten kühl aus einem Gesicht, das auf Anhieb anziehend wirkte. Bei näherer Betrachtung der feingeschnittenen Gesichtszüge und der weichen, makellosen Haut musste man zugeben, dass sie jeden Schönheitswettbewerb gewinnen würde, und selbst auf den Laufstegen der Internationalen Modenschauen aufgefallen wäre.

      Ihre Kleidung, eine körperbetont geschnittene Bluse und ein enganliegender Rock, waren geschmackvoll. Der Körper des Mädchens war eine Vereinigung jugendlicher Geschmeidigkeit mit beginnender verführerischer Reife. Über einem flachen Bauch und einer schmalen Taille drängten sich ihre vollen Brüste gegen den Stoff der Bluse. Der Rock schmiegte sich, knapp knielang, lockend an schmale Hüften und runde Schenkel, ihre Waden waren wohlgeformt.

      „Danke, dass es so kurzfristig mit einem Termin geklappt hat, Herr Bohlen.“

      „Äh“, stammelte ich, da ich noch mitten in meiner Betrachtung vertieft war. Mist. Julie war eine wunderschöne Frau, die meinen Pulsschlag beschleunigte und mir eine leichte Schweißschicht auf die Haut zauberte. Warum war mir diese Schönheit bisher nie aufgefallen? Brauchte ich langsam eine Brille? Hoffentlich ging es bei diesem Termin um Sexualität und nicht über fehlendes Toilettenpapier. Bitte, lieber Gott, erfülle mir diesen Wunsch. Mit dieser Frau wollte ich eindeutig über Sex sprechen. Hoffentlich hatte sie ganz viel zu erzählen.

      „Herr Bohlen?“

      „Ja?“

      „Ich habe mich bedankt.“

      „Ich mich auch, bei Ihren Eltern.“

      „Bei meinen Eltern?“

      „Ja.“

      „Warum das denn?“

      „Weil sie der Welt eine solche Schönheit geschenkt haben.“

      Julie Waldenfels errötete sanft. „Danke, Herr Bohlen.“

      „Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Aber es dürfte nicht das erste Kompliment gewesen sein, dass Sie erhielten, oder?“

      „Sie haben recht. Ich hörte schon viele davon.“

      „Sie kommen aus Österreich?“

      „Ja. Ich bin in Graz geboren, aufgewachsen und habe dort auch studiert.“

      „Warum kamen Sie nach Bayern?“

      „Ich musste Graz verlassen. Um meinen Kopf wieder freizubekommen. Es waren dort zu viele Dinge geschehen.“

      „Sie werden aber nicht mit einem internationalen Haftbefehl gesucht? Zu viele Herzen in Graz gebrochen?“

      „Ich vermute, in beiden Fällen Ihre Frage verneinen zu können. Aber sicher bin ich mir nicht.“

      „Das klingt spannend“, sagte ich und meinte es in diesem Augenblick auch ehrlich. Diese junge Österreicherin faszinierte mich von der ersten Sekunde an. Sie hatte eine ungewöhnliche Ausstrahlung, die meine Seele streichelte.

      „Mein Leben verlief wirklich ungewöhnlich“, antwortete die Blondine.

      „Hat diese Ungewöhnlichkeit bezüglich Ihrer Vergangenheit in Graz etwas mit dem Wunsch einer Unterhaltung zu tun?“

      „Darf ich vorher etwas fragen?“

      „Natürlich, Frau Waldenfels.“

      „Sie besitzen eine Ausbildung zum Vertrauenslehrer?“

      „Ja. Ich habe sogar ein Diplom erhalten.“

      „Sie unterliegen der Schweigepflicht, wie es bei Ärzten üblich ist?“

      „Ich musste sogar einen Eid dafür ablegen. Ich sichere Ihnen meine absolute Verschwiegenheit zu und werde das Vertrauen, dass Sie in mich legen, nicht enttäuschen.“

      „Danke. Das war mir sehr wichtig.“

      „Das klingt recht geheimnisvoll.“

      „Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich verdient habe, als Lehrerin zu arbeiten“, sagte die junge Frau in einem nachdenklichen Ton.

      „Sie haben doch das Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen.“

      „Ja.“

      „Wo liegt dann das Problem?“

      „Darüber möchte ich mit Ihnen sprechen. Aber ich vermute, die vereinbarte Stunde wird nicht ausreichen.“

      „Dann legen wir weitere Termine fest. Solange, bis Sie sich alles von der Seele geredet haben. Dafür bin ich da.“

      „Das klingt gut.“

      „Ich würde einfach sagen, Sie beginnen am Anfang Ihrer Geschichte.“

      „Das war vor dem Beginn meines Studiums.“

      „Dann beginnen Sie zu diesem Zeitpunkt.“

      Und Julie Waldenfels begann zu erzählen:

      Graz, die Landeshauptstadt der Steiermark, ist mit knapp über sechshunderttausend Einwohnern die drittgrößte Stadt Österreichs.

      Der reichste Bürger war Dr. Bernhard Wolfsberg. Er war Vorstandsvorsitzender der Magna Steyr AG. Der Mann lebte in einer prächtigen weißen Villa, die auf einem Hügel am Rand der Stadt lag.

      Und genau diesen Mann wollte ich um Unterstützung bitten.

      Aber ich hatte schon immer die Überzeugung, dass man jeden Versuch unternehmen musste, um ein großes Ziel zu erreichen. Also klingelte ich eines Nachmittages an der Tür der prächtigen weißen Villa.

      Und das Glück war mir damals hold. Ich wurde