Benny Bohlen

Die Mädchen meiner Schule


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in diesem Moment war ich froh, wieder diesen Job als Vertrauenslehrer übernommen zu haben. Wer bekommt sonst eine so geile Geschichte präsentiert?

      „War das alles, was Sie dazu sagen, Herr Bohlen?“

      „Äh. Nein. Meine Gedanken überschlagen sich gerade. Aber ich hätte eine Bitte.“

      „Ja?“

      „Wir reden über sehr privat, teilweise intime Dinge. Wäre es da nicht angemessen, wenn wir von der förmlichen Anrede zur persönlichen wechseln und uns einfach duzen?“

      „Ja. Sehr gerne sogar. Ich bin die Julie.“

      „Und ich der Benny. Und ich glaube nicht, dass du etwas Verwerfliches getan hast. Du hast dir einen Vorteil genommen, weil du die Chance dazu hattest. Das machen die Menschen täglich. Vielleicht nicht gegen Sex, aber gegen Geld, Wissen oder Produkte. Du hast ein Geschäft abgeschlossen. Du warst volljährig und im Besitz deiner geistigen Fähigkeiten. Daher finde ich es etwas ungewöhnlich, aber nicht verwerflich oder falsch.“

      „Danke, Benny. Aber es war nur der Anfang.“

      „Es ging entsprechend weiter, oder?“

      „Ja. Ich habe gelernt und begriffen, dass ich für meinen Körper fast alles erhalten konnte, was ich brauchte. Und das habe ich während dem Studium hemmungslos eingesetzt.“

      „Dann sollten wir einen weiteren Termin vereinbaren. Ich kann deine Situation nur richtig bewerten, wenn ich alles weiß.“

      „Ich würde mich freuen, wenn du dir weiter die Zeit für mich nimmst.“

      „Sehr gerne, Julie.“

      Und George wurde erneut hart in meiner Hose. Die Vorfreude auf weitere so geile Geschichten gefielen ihm.

      „Aber diese Woche geht es nicht mehr. Der Halloween Maskenball steht an, und ich habe noch viel zu organisieren.“

      „Ja, ich auch“, antwortete Julie.

      „Dann nächste Woche am Mittwoch um die gleiche Zeit?“

      „Ist abgemacht“, antwortete sie und lächelte mich an.

      Mein Herz blieb für einen kurzen Moment stehen.

      3

      Am Freitag stand ich am Eingang zur Turnhalle und betrachtete die ungewöhnlich gekleidete Gästeschar. Okay. Ich selbst sah auch bescheuert aus. Das Dracula Kostüm hätte auch die Kleidung eines Edelmannes oder Butlers aus dem sechzehnten Jahrhundert sein können.

      Ich trug eine schwarze Hose, die sich eng um meine Beine legte, jedoch in der Gesäßpartie weit geschnitten war. Die schwarze Weste mit den silbernen Knöpfen und dem weißen Rüschenhemd harmonierten prima. Aber mit diesem Rüschenkragen kam ich mir wie auf dem Christopher Street Day vor; leicht feminin. Die Haare hatte ich mit viel Gel nach hinten und an den Kopf zementiert. Das Gesicht war weiß geschminkt, die Lippen rot, die Augenbrauen tief schwarz. Außerdem trug ich ein Gebiss, das mir spitze Eckzähne bescherte.

      Aber die anderen Gäste waren nicht besser gekleidet. Da waren schwarze unheimliche Clowns, Skelett Kostüme, Fledermaus Ladys, Piraten Geister, Gespenster in jeder Art und Weise. Und natürlich das beliebteste Kostüm, seit es die Serie Walking Dead gab: Zombies. Und diese in einer erstaunlichen Vielfalt. Teilweise wirkte die Turnhalle wie ein Zombie Überfall und ich kam mir vor wie Rick Grimes, der gleich eine Pistole zücken und den Untoten in den Kopf schießen würde.

      Aber den Gästen in den Kopf zu schießen, gehörte natürlich nicht in meinen Aufgabenbereich als Lehrer. Ich hatte so eine Art Oberaufsicht, was immer der Direktor damit auch gemeint haben mochte. Daher lag meine Hauptaufgabe im Beobachten der Schüler und deren Eltern und Verwandten. Ich achtete darauf, dass die Fluchtwege frei waren, keine Drogen konsumiert wurden, und niemand besoffen in eine Ecke kotzte. Aber bisher verhielten sich alle friedlich. Vielleicht lag das an der großen Anzahl von Eltern, die erschienen waren.

      Allerdings verursachte das Motto dieser Feier auch ein Problem, an das niemand gedacht hatte. Unter den Masken oder stark geschminkten Gesichter konnte keine Person einwandfrei identifiziert werden. Ich konnte ja keine Rüge an Frankenstein erteilen, weil dieser in ein Handwaschbecken gepinkelt hatte. Eigentlich erkannte ich keinen meiner Schüler wieder. Und die Eltern kannte ich sowieso nicht, daher erst recht nicht hinter den Masken. Also war meine Aufsichtspflicht für den Arsch. Ich konnte nur hoffen, dass alles im Rahmen blieb.

      Um mich abzulenken, flüchtete ich schließlich ans kalte Büfett, nahm mir einen Teller und belud ihn mit den aufgebauten Köstlichkeiten. Ich war so in meiner Tätigkeit vertieft, dass ich gegen jemanden stieß.

      „Oh, Verzeihung“, entschuldigte ich mich. „Tut mir wirklich leid.“

      „Macht nichts, ich lebe noch!“

      Eine schlanke Frau in einem unheimlichen Geisterkostüm stand neben mir. Sie trug ein enganliegendes graues Kleid, das auf alt und vermodert gestaltet wurde. Eine Perücke mit langen grauen Haaren und ein komplett weiß geschminktes Gesicht gaben ihr einen unnahbaren Eindruck. Die Augen waren als schwarze Höhlen gemalt. Die grell rot geschminkten Lippen gaben der Geisterfrau ein nuttenhaftes Aussehen. Da in der Turnhalle ein gedämpftes Licht glomm, hätte ich die Frau nicht erkannt, selbst wenn sie meine Schwester gewesen wäre. Zwar kam mir die Stimme bekannt vor, aber ob es eine Schülerin von mir war, oder es sich um die Mutter einer Schülerin handelte, die ich von einer Sprechstunde kannte, war unmöglich zu sagen. Außerdem wurde die Turnhalle von lauter Musik durchdrungen, sodass jede Stimme fast gleich klang.

      „Sie verfügen über einen guten Appetit“, sagte die Geisterfrau grinsend.

      „Ich trainiere alles wieder ab“, antwortete ich und deutete eine leichte Verbeugung an. „Mein Name ist Dracula, Graf Dracula, Mylady!“

      „Sehr erfreut, verehrter Graf. Ich bin aber keine Lady, sondern Anne Bonny, eine Piratin aus der Karibik. Allerdings bin ich bereits im Jahr 1720 gestorben. Das erklärt hoffentlich meine vermoderte Kleidung und meine ungesunde Hautfarbe.“

      „Ich finde, Madame sehen sehr reizvoll aus. Vielleicht würde etwas Sonne nicht schaden, aber ihre Attraktivität konnte ihnen selbst der Tod nicht nehmen.“

      „Sehr reizend, lieber Graf. Ein Charmeur der alten Schule.“

      „Ich benötige solche Taktiken, um an das Blut meiner Opfer zu kommen.“

      Sie lachte herzhaft. „Sie sind sehr unterhaltsam. Wären Sie so freundlich, und würden mir auch einen Teller bereiten. Mein Kostüm schränkt mich etwas in meiner Bewegungsfreiheit ein.“

      „Mit dem größten Vergnügen, verehrte Piratin!“

      Immer wieder schielte ich nach der Unbekannten, die ruhig neben mir stand, während ich ihren Teller mit Leckereien überhäufte. Sie machte keinen Annäherungsversuch. Ihre Augen blitzten, beobachteten mich – freundschaftlich, sachlich.

      Schweigend begannen wir anschließend zu essen, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, dass wir nebeneinander bei einem Kostümfest standen und das kalte Büfett plünderten.

      Aus den Augenwinkeln musterte ich ihre Figur. Viel konnte ich nicht sehen, da sie in einem knielangen Kleid steckte. Aber was sich andeutete, schien vielversprechend zu sein.

      „Gefällt es Ihnen?“, erkundigte sich die Frau.

      „Das Kleid?“

      „Ja.“

      „Es hätte eine Wäsche nötig.“

      „Ich bin seit dreihundert Jahren tot! Was haben Sie erwartet?“

      „Stimmt auch wieder. Dafür sieht es noch prima aus.“

      Was war es nur, das mich an dieser Frau fesselte, obwohl ich von ihr so gut wie nichts sah? War es ihr selbstbewusstes Auftreten, das zu ihrer Rolle als Piratin passte? War es der Klang ihrer Stimme? Der Blick aus