strahlen.
„Der Lichtermeer hat dich von dem Fluch befreit, weil du so mutig warst und mir die Wahrheit anvertraut hast!“, stellt er begeistert fest. „Du bist wieder der Alte!“
„Oh, mein Gott“, jauchzt Kess während sich sein Kopf in alle Richtungen dreht, um den Anblick dieses wunderschönen Waldes aufzusaugen. Doch schließlich sackt er wieder in sich zusammen.
„Ich kann nie wieder so sein wie früher“, stellt er mit klarer Stimme fest. „WIR können nie wieder so sein wie sonst … verstehst du das? Du kennst jetzt meine tiefsten Gefühle und ich weiß, dass du sie nicht erwiderst … na ja, eigentlich wusste ich das ja schon immer. Doch ...“ Er legt den Kopf schrägt und rupft an dem Moos neben sich herum.
„Küssen ist kein Problem“, stellt Kato mit belegter Stimme fest.
„Was?“ Kess glaubt, sich verhört zu haben.
„Ja, mein Gott!“ Peinlich berührt hebt Kato kurz beide Arme. „Du weißt, dass ich nicht schwul bin und dass ich total auf geile Weiber steh', aber …“
Kess sieht seinem Gegenüber an, wie sehr er nach Worten ringt. So offen haben sie noch nie über sich oder ihre Gefühle gesprochen. Nun beginnt auch Kato an dem Grün um sich herum zu rupfen.
„Okay, Mann! Ich sag' dir wie ich die Sache sehe. Wir beide haben völlig unterschiedliche Vorlieben, was unser Sexleben betrifft. Weiber machen mich an, Kerle machen dich an. Dazu bin ich ein loser Hund und du bist zurückhaltend. Doch glaub' mir, Bruder, wenn es darum gehen sollte zu wählen, kommst du immer an erster Stelle, ist das klar?“
Beeindruckt nickt Kess mit großen Augen.
„Und dann … also … verdammt, Kess!“ Er runzelt vorwurfsvoll die Stirn. „Wie kannst du nur glauben, du würdest mich anekeln?! Na gut, es macht mich nicht an, einen Kerl zu küssen, aber du … bist doch was anderes. Du bist mein zweites Ich!“
Er kehrt die restlichen Mooskrümel von seiner Lederhose.
„Gib' mir Zeit, Kess, okay? Ich muss mich an alles gewöhnen …“
Kess seufzt erleichtert und sie mustern sich grinsend.
„Übrigens fand' ich deinen Arsch schon immer sexy“, ärgert Kato seinen Bruder und zuckt albern mit den Augenbrauen.
„... und ich deine Augen“, flirtet Kess zurück.
Tatsächlich ... wer hätte das gedacht ... Kato wird rot.
Kapitel 2
Als die anderen endlich gemeinsam am Feuer sitzen, um Kato und Kess Gelegenheit zu geben, sich miteinander auszutauschen, will Yassin Fynn gar nicht mehr loslassen. Eine geraume Zeit lang sitzen sie im Schneidersitz nebeneinander, während Yassin seine muskelbepackten Arme um den schmaleren Freund schlingt. Immer wieder wiegt er ihn leicht und drückt ihn an sein Herz. Schließlich löst sich Fynn von seinem bärenstarken Freund und rutscht ein Stück beiseite.
„Gib mir Luft zum atmen, Yassin“, hustet er lachend. „Mir scheint, du bist hier noch stärker als zu Hause.“
Er betrachtet den strahlenden Yassin und in der Tat sieht dieser überhaupt nicht mehr aus wie ein Dreißigjähriger. Man würde ihn höchstens auf Mitte Zwanzig schätzen.
„Sieh' mich nicht so erstaunt an“, frotzelt Yassin. „Auch du hast dich verändert. Wir werden jünger!“ Er hebt begeistert beide Arme. „Ist das nicht toll?! Meine Muskeln bauen sich auf, ohne dass ich großartig trainieren müsste.“
„Du trainierst doch“, ärgert Packh ihn. „Jeden Tag!“
„Da möchte ich drauf wetten“, gackert Malik zustimmend.
Yassins Wangen röten sich leicht. „Blödmann!“, murmelt er verlegen.
Packh zieht ihn mit seinem Raubtierblick aus.
„Ist er nicht unglaublich?“, knurrt er begeistert.
„Das musst du mich nicht fragen“, lacht Fynn. „Yassin war schon immer der Größte für mich!“
Und so lachen und ärgern sie sich weiter, unterbrochen von gelegentlich ausgetauschten Küssen und Schmusereien.
Kess' gebrülltes „Ich seh' dich“ registriert Fynn voller Genugtuung. Hat er sich doch endlich getraut, stellt er wohlwollend fest und führt sich gleichzeitig vor Augen, dass er ganz nebenbei Maliks Fluch durch seinen eigenen Willen ausgehebelt hat. So ganz kann er seine neue Seite selbst noch nicht begreifen. Die Lichtermeer-Gene in ihm scheinen ein Eigenleben zu entwickeln. Auch sein eigenes Verhalten verunsichert ihn. So wusste er zum Beispiel einfach, dass Kess mehr für seinen Bruder empfindet, obwohl er den Hetero-Macho nach außen kehrt … ähnlich wie sein Bruder. Dieses Wissen nimmt Fynn intuitiv an und kann damit umgehen, doch dass er – ähnlich wie Malik – von seiner neuen Seite regelrecht benutzt wird, gefällt ihm nicht.
Ich mag es nicht ferngesteuert zu werden, denkt er kleinlaut. Fast gleichzeitig überkommt ihn ein beruhigendes Gefühl und er weiß, dass ihm lediglich zu Beginn seiner Änderung „unter die Arme gegriffen“ wird. Er seufzt zufrieden, denn er kann Maliks Unmut bezüglich seines dominanten Mantikors gut verstehen. Wie eine Puppe benutzt zu werden ist ein unangenehmes Gefühl.
Er spürt Maliks Finger, die sanft seinen Nacken kraulen.
„Weißt du eigentlich, wie geil du aussiehst, wenn deine Augen so glitzern?“, flüstert er ihm zu. „Ach was, dein ganzer Körper hat geglänzt. Du sahst aus wie ein außerirdisches Wesen … unbegreiflich schön. Ich liebe dich so sehr!“ Maliks Stimme versagt, als er seinem Liebhaber ins Ohr flüstert.
Ein warmer Schauer läuft Fynn über den ganzen Körper. Maliks Liebesbekenntnis ist immer noch etwas Seltenes und Kostbares für ihn. Er dreht sich zur Seite.
„Und ich liebe dich, Malik Mantikor!“ Wenn er ihn so nennt, fühlen sich beide Seiten dieses exotischen Mannes wahrgenommen. Lange versinken ihre Blicke ineinander.
„Ähm … darf ich mal stören?“
Die beiden Verliebten lächeln sich nochmals kurz an.
„Ungern“, mault Malik, doch Packh hat noch nie so ein Strahlen auf seinem Gesicht gesehen.
„Wie soll es weiter gehen?“, kommt Packh sofort zur Sache.
„Alle Mantikore müssen sich mit mir vereinen!“, erwidert Fynn ohne Umschweife.
„Hah!“ Packh lacht frustriert auf und wirft einen weiteren Holzscheit ins Feuer. „Wie willst du die beiden da drüben denn davon überzeugen?! Ich wette mit dir, dass Karess ihnen den Himmel auf Erden versprochen hat, damit sie dich und Malik ausliefern. Nur weil du sie jetzt in der Hand hast, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich dir anschließen. Sie sind anders … eigenwilliger. Zumindest Kato … und Kess … naja, der hat schon immer getan was sein Bruder wollte.“
Fynn zuckt gleichmütig mit den Achseln.
„Wir werden sehen. Ich kann sie nicht zwingen … also, ich könnte es vielleicht, doch ich verzichte darauf.“
Yassin reißt überrascht die Augen auf.
„Du könntest die zwingen? Alle beide? Wow!“ Er fährt sich mit den Fingern durch die dicken Haare. „Alter, weißt du eigentlich was du da gerade gesagt hast?“
„Ich denke schon, dass er das weiß“, antwortet Malik nachdenklich. „Du darfst nicht vergessen, dass er bereits die Macht zweier Mantikore in sich vereint. Und seine Gene … nun ja, keiner von uns weiß, wie mächtig er genau ist … oder noch wird.“
Fynn starrt in die aufflackernden Flammen.
„Ich bin KEIN Mantikor“, betont er ernst. „Ich werde weder die Menschen noch die Mantikore unterdrücken. Ihr müsst das verstehen!“ Sein Blick hebt sich und taxiert jeden einzelnen seiner Freunde. „So bin ich nie gewesen